Verhandlung vor dem BGH: Streit zwischen Landeslotteriegesellschaften und privaten Wettanbietern geht in die Verlängerung

Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG

Arendts Rechtsanwälte
Perlacher Str. 68
D - 82031 Grünwald (bei München)
Der für Wettbewerbsrecht zuständige I. Senat des Bundesgerichtshofs (BGH) verhandelte gestern, am 17. März 2011, über die Frage der Wettbewerbswidrigkeit des privaten Angebots von Sportwetten und Casinospielen im Internet (wie in Sportwettenrecht aktuell Nr. 119 angekündigt). Eine Entscheidung des BGH erging noch nicht. Nachdem der Vorsitzende Richter zum Ende der Verhandlung noch Beratungsbedarf feststellte, wurde ein Verkündungstermin auf den 7. Juli 2011 festgelegt.

Da der BGH bereits in mehreren Urteilen das staatliche Monopol für Sportwetten und Glücksspiele für rechtswidrig erklärt hatte, konzentrierte sich die Verhandlung auf das Internetverbot, das in § 4 Abs. 4 des am 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Glücksspielstaatsvertrags festgelegt wird. Auch nach den EuGH-Urteilen vom 8. September 2010 zu den deutschen Sportwetten-Vorlageverfahren könne man nicht – so der Vorsitzende Richter eingangs – „pauschal“ davon ausgehen, dass hinsichtlich des Internetvertriebs und der Internetbewerbung alles entschieden sei. Hinsichtlich der erforderlichen Kohärenz könnten sich Probleme aus der Zulassung privater Anbieter bei Pferdewetten und deren Internetangebot ergeben. Auch seien bestimmte Spiele nach dem Rundfunkstaatsvertrag (§ 8a RStV) zulässig. Hingewiesen wurde im Übrigen auf das von Lotto Hessen eingeführte E-Post-Briefverfahren. Besonderheiten seien bei den DDR-Lizenzen zu beachten (unter den beklagten Firmen befinden sich Sportwetten Gera GmbH und bwin e.K., die sich auf Genehmigungen nach DDR-Gewerberecht berufen).

Die Anwälte der privaten Anbieter verwiesen auf den diskriminierenden Charakter des Internetverbots. Dieses betrifft vor allem das grenzüberschreitende Angebot und damit maßgeblich ausländische Anbieter. Auch müsse eine innere Kohärenzprüfung vorgenommen werden. Wenn das Internetverbot mit der Spielsuchtbekämpfung begründet werde, müsse man sich fragen, wie sich das auf den Verbraucher auswirke. Dieser spiele dann an Automaten oder bei anderen Anbietern. Internetanbieter könnten dagegen ihre Kunden umfassend überprüfen (Dauer, Anzahl der Wetten bzw. Spiele, Höhe der Einsätze und Verluste).

Die verhandelten Verfahren:



I ZR 189/08 – Wettbewerbsrecht
LG München I: Urteil 4 HK O 11552/06 vom 16. Dezember 2007
OLG München: Urteil 29 U 1669/08 vom 16. Oktober 2008


I ZR 89/09 – Wettbewerbsrecht
LG Wiesbaden: Urteil 11 O 56/06 vom 28. März 2007
OLG Frankfurt: Urteil 6 U 93/07 vom 4. Juni 2009


I ZR 92/09 – Wettbewerbsrecht
LG Wiesbaden: Urteil 13 O 119/06 vom 29. November. 2007
OLG Frankfurt am Main: Urteil 6 U 261/06 vom 4. Juni 2009


I ZR 30/10 – Wettbewerbsrecht
LG Bremen: Urteil 12 O 379/06 vom 20. Dezember 2007
OLG Bremen: Urteil 2 U 4/08 vom 29. Januar 2010


I ZR 43/10 – Wettbewerbsrecht
LG Bremen: Urteil 12 O 333/07 vom 31. Juli 2008
OLG Bremen: Urteil 2 U 96/08 vom 12. Februar 2010

I ZR 93/10 – Wettbewerbsrecht
LG Köln: Urteil 31 O 599/08 vom 9. Juli 2009
OLG Köln: Urteil 6 U 142/09 vom 12. Mai 2010