„Glücksspielaufsicht“ durch GIG ist unzulässig

Ein Artikel von Rechtsanwalt Dr. Markus Ruttig

Das OLG Hamm (Urteil v. 13. Juli 2010, Az. I-4 U 21/10) hat als zweites Oberlandesgericht in einem Hauptsacheverfahren entschieden, dass der GIG – Verband für Gewerbetreibende im Glücksspielwesen e.V. rechtsmissbräuchlich handelt, indem er einseitig gegen Nichtmitglieder vorgeht. Der 4. Zivilsenat des OLG Hamm sieht keine sachlichen Gründe dafür, dass der GIG lediglich die Unternehmen des Deutschen Lotto- und Totoblocks abmahne, hingegen niemals, auch nicht seit Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrags, die eigenen Mitglieder diszipliniere.

Bereits zuvor hatte das OLG Saarbrücken (Urteil v. 23.06.2010, Az. 1 U 365/09-91) festgestellt, dass das einseitige Vorgehen des GIG maßgeblich von der Absicht geprägt sei, den Verletzer im Wettbewerb zu behindern. Das OLG Naumburg (Urteil v. 18.06.2010, Az. 10 U 61/09) hatte als erstes Oberlandesgericht in einer Hauptsacheentscheidung betont, dass die planmäßige Verschonung eigener Mitglieder jedenfalls dann rechtsmissbräuchlich sei, wenn daraus erkennbar werde, dass das Vorgehen maßgeblich von der Absicht geprägt sei, das staatliche System der Glücksspielorganisation anzugreifen, obgleich dieses Lizenzsystem gerade den vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten verfassungsrechtlichen Anforderungen genüge.

Da auch das OLG Stuttgart von einem rechtsmissbräuchlichen Verhalten des GIG ausgeht, haben in dieser Frage mittlerweile vier Oberlandesgerichte übereinstimmende Entscheidungen getroffen. Soweit es sich um vom GIG angestrengte Hauptsacheverfahren handelt, besteht mit der nunmehr vorliegenden Entscheidung des OLG Hamm (Urteil v. 13. Juli 2010, Az. I-4 U 21/10) sogar Einigkeit in der Rechtsprechung darüber, dass der GIG durch das einseitige Vorgehen gegen § 8 Abs. 4 UWG verstößt.
Bemerkenswert ist, dass das OLG Hamm dem GIG sogar die Klagebefugnis nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG abspricht, weil der GIG über keine hinreichende finanzielle Ausstattung verfüge, um wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche in dem bisher gezeigten Umfang finanzieren zu können. Wörtlich heißt es in der Entscheidung des OLG Hamm:

„Hinzu kommt, dass der Kläger auch noch Rückstellungen für den Fall vorhalten muss, dass bereits entschiedene Verfahren (z. B. OLG Naumburg, Urteil v. 18.06.2010 – 10 U 61/09) in möglichen Revisionsverfahren zu seinen Ungunsten ausgehen. Wäre dies etwa mit der Begründung der Fall, dass der Bundesgerichtshof das Vorgehen des Klägers für rechtsmissbräuchlich hält, so wäre auch die möglicherweise bereits vorgenommene Vollstreckung aus denjenigen Verfahren, in denen der Kläger obsiegt hat, gefährdet bzw. sie könnte zu Schadensersatzansprüchen aus § 717 Abs. 2 Satz 1 ZPO gegen den Kläger führen, die gleichfalls beim derzeitigen Vermögen nicht mehr finanzierbar wären. Zwar hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass seine Mitglieder in der Lage wären, das Vermögen aufzustocken, allein diese Fähigkeit nutzt dem vollstreckungswilligen Gegner jedoch nichts, solange dessen Schuldner in der Rechtsform einer Körperschaft ohne persönliche Haftung der Mitglieder konstituiert ist.“

Im Übrigen hat keines der vorgenannten Oberlandesgerichte Zweifel daran, dass die staatliche Glücksspielaufsicht funktioniert. Eine solche Behauptung, wie der GIG sie einer Entscheidung des OLG Schleswig meint entnehmen zu können, findet auch keine Grundlage in der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte. Insbesondere übersieht diese Meinung, dass so gut wie alle Vertriebs- und Werbemaßnahmen der Landeslotteriegesellschaften von den zuständigen Aufsichtsbehörden vorab geprüft werden.

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