Landgericht Saarbrücken: Vermittlung von Sportwetten auch nach Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages nicht strafbar

Rechtsanwalt Guido Bongers

Rechtsanwaltskanzlei Bongers
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Das LG Saarbrücken hat durch Beschluss vom 14. Januar 2010 (5 KLs 2 Js 1096/07 (22/08) die Eröffnung eines strafrechtlichen Hauptverfahrens gegen einen Vermittler von Sportwetten aus Rechtsgründen abgelehnt.

Das Gericht verweist in seiner Begründung darauf, dass die Vermittlung von Sportwetten auch für den Zeitraum ab dem 1. Januar 2008 bis zum 30. April 2008 keinen Straftatbestand erfülle und folglich nicht strafbar sei. Dabei lässt das Gericht zunächst offen, ob der Betreiber einer Wettvermittlungsstelle für Sportwetten, welcher Sportwetten an ein Unternehmen in einem anderen europäischen Mitgliedsstaat vermittelt hatte, eine Erlaubnis im Sinne des § 284 StGB benötigt oder nicht. Jedenfalls würde selbst bei vollständiger Verwirklichung des objektiven und subjektiven Tatbestandes die strafrechtliche Sanktionierung der abgeurteilten Tat sowohl für Handlungen vor dem 1. Januar 2008, als auch für den die Anklage betreffenden Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis zum 30. April 2008 nicht strafbar sein.

Zunächst verweist das Gericht darauf, dass für den Zeitraum vor dem 1. Januar 2008 – also bis zum 31. Dezember 2007 – es schlichtweg an einer verfassungsrechtlichen Grundlage für das staatliche Wettmonopol und damit für eine strafrechtliche Sanktion gefehlt habe. Solange nämlich das bestehende Wettmonopol in seiner konkreten rechtlichen sowie in der Praxis realisierten Ausgestaltung nicht primär der Vermeidung und Abwehr von Spielsucht und problematischem Spielverhalten diene, stelle ein strafbewehrter Ausschluss gewerblicher Wettangebote einen unverhältnismäßigen und unzumutbaren Eingriff in die Berufsfreiheit dar.

Dabei hebt das Gericht nochmals hervor, dass der bis zum 31. Dezember 2007 geltende Lotteriestaatsvertrag verfassungswidrig war, wobei das Urteil des Bundesverfassungsgerichts nicht auf die Rechtslage im Bundesland Bayern beschränkt gewesen sei, sondern auf alle anderen Bundesländer auch übertragen werden könne.

Letztlich fehle für die Anwendbarkeit der Strafnorm des § 284 StGB eine tragfähige gesetzliche Grundlage bis zum 31. Dezember 2007, wobei das Gericht zutreffend hervorhebt, dass sich auch nichts dadurch daran ändere, dass das Bundesverfassungsgericht eine Übergangsregelung getroffen habe. Eine strafrechtliche Verurteilung könne nämlich nicht auf die durch das Bundesverfassungsgericht ausgesprochene befristete und ausdrücklich auf das Ordnungsrecht beschränkte Fortgeltungsanordnung gestützt werden.

Sodann hebt das Gericht hervor, dass auch für den Zeitraum ab dem 1. Januar 2008 bis April 2008 (Abmeldung des Gewerbes durch den Angeschuldigten) und darüber hinaus auch für das weitere Jahr 2008 eine Bestrafung des Angeschuldigten für das Betreiben eines Wettbüros aus Rechtsgründen nicht in Betracht komme.

Hier verweist das Gericht im Wesentlichen darauf, dass § 25 Abs. 1 GlüStV erneut eine Übergangsfrist für die administrative Umsetzung des Glücksspielstaatsvertrages vorsehe, so dass sich auch der Regelungsgehalt des Glücksspielstaatsvertrages erst nach Ablauf dieser nochmaligen Übergangsfrist zum 31. Dezember 2008 voll entfalten könne. Nach der vorbeschriebenen Übergangsregelung durften nämlich bis dato „erlaubte“ Glücksspielanbieter ihre Tätigkeit bis zum 31. Dezember 2008 fortsetzen. Hierzu führt das Landgericht aus, dass diese Regelung erneut den Verdacht der Verfolgung fiskalischer Interessen nähren könne, wobei aber noch maßgeblicher sei, dass eben während dieser Übergangszeit im Jahre 2008 erneut Veranstalter tätig werden durften, deren Erlaubnis sich ausschließlich nach den Anforderungen des eben nicht konsequent an den oben genannten Gemeinwohlzielen ausgerichteten und daher grundrechtswidrigen Lotteriestaatsvertrag richteten. Letztlich stehe ohne Zweifel fest, dass für den in Rede stehenden Tatzeitraum im Jahre 2008 Inhaber von sogenannten Alterlaubnissen den gemeinwohlorientierten Maßgaben einer Erlaubniserteilung nach dem GlüStV nicht unterworfen waren. Bis zum 31. Dezember 2008 konnte es daher an wirksamen Einsatzlimits, an Bestimmungen zum Jugendschutz und zur Gestaltung von Werbung der einzelnen Annahmestellen sowie an den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts entsprechenden Detailregelungen zur technischen Ausgestaltung der einzelnen Wettangebote weiterhin fehlen.

Insgesamt folgt das LG Saarbrücken damit der Rechtsprechung anderer Strafgerichte, die auch nach Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages, insbesondere für das in den Verfahren bisher streitgegenständliche Jahr 2008 von einem straflosen Verhalten ausgehen.