Kopplungsverbot adieu? – Auswirkungen des EuGH-Urteils zur Europarechtswidrigkeit des deutschen Kopplungsverbots bei Gewinnspielen

Von RAin Yasmin Farhumand, Hambach & Hambach Rechtsanwälte

„Gewinnen Sie exklusiv eine Karibikreise! Nur heute beim Kauf eines 10er-Packs Schokoriegel“ oder „Schließen Sie noch heute einen DSL-Vertrag ab und gewinnen Sie Konzerttickets für Ihren Lieblingsstar“ – Werbeaussagen, die bislang ein Spiel mit dem Feuer für Unternehmen waren. Die Verbindung eines Gewinnspiels mit dem Kauf eines bestimmten Produktes ist zwar nicht neu, doch mussten die Unternehmen in der Vergangenheit stets einen sog. „alternativen Teilnahmeweg“ an dem Gewinnspiel anbieten (z.B. durch das Versenden einer Postkarte). Andernfalls war die Werbung wegen Verstoßes gegen das Kopplungsverbot unzulässig.

Nun hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in seinem Urteil vom 14. Januar 2010 (Az.: C-304/08) entschieden, dass das in § 4 Nr. 6 UWG generell geregelte Verbot, wonach ein Gewinnspiel nicht an den Absatz einer Ware oder Dienstleistung gekoppelt werden darf, europarechtswidrig ist.

Ausgangspunkt für die Vorlagefrage an den EuGH war ein Verfahren zwischen der Wettbewerbszentrale und einer Supermarktkette, die in ihrer Werbung die Kunden zum Kauf ihrer Produkte durch eine Bonuspunkteaktion animieren wollte. Beim Sammeln von 20 Punkten durften die Kunden kostenlos an der Ziehung der Lottozahlen teilnehmen. Beworben wurde diese Aktion unter dem Slogan „Ihre Millionenchance“. Die Wettbewerbszentrale sah darin einen Verstoß gegen das in § 4 Nr. 6 UWG statuierte Kopplungsverbot und gewann in erster und zweiter Instanz. Der Bundesgerichtshof hatte Zweifel an der Europarechtskonformität der Vorschrift und legte die Sache schließlich dem EuGH vor.

Der EuGH entschied, dass das Kopplungsverbot nicht mit der europäischen Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (UGP-Richtlinie) vereinbar sei. Diese regle bereits abschließend alle per-se Verbote über unlautere Geschäftspraktiken. Durch das generelle Kopplungsverbot, das keinerlei Einzelfallprüfung vorsehe, werde die abschließende Liste verbotener Geschäftspraktiken (sog. „Schwarze Liste“) unzulässigerweise erweitert. Wegen des Prinzips der Vollharmonisierung der UGP-Richtlinie dürften die Mitgliedsstaaten keine strengeren Regeln aufstellen als die in der Richtlinie festgelegten Maßnahmen, auch nicht, wenn diese dem Verbraucherschutz dienten.

Doch Vorsicht ist geboten! Durch die Entscheidung des EuGH wird nun nicht jede Werbeaktion mit einem Gewinnspiel legal. Vielmehr ist für jeden Einzelfall zu prüfen, ob durch die Werbemaßnahme die Kaufentscheidung des Verbrauchers durch das In-Aussicht-Stellen eines konkreten Gewinns unsachlich beeinträchtigt wird oder ob diese noch rational erfolgt. Dies wird in Zukunft wohl auch von dem Wert des Gewinns und dem Kaufpreis des Produktes bzw. der Dienstleistung abhängen. Eine genaue Abgrenzung, wann ein gekoppeltes Gewinnspiel unzulässig ist, wird wohl erst durch die deutschen Gerichte erfolgen.

Quelle: TIME LAW NEWS 1/2010 (www.timelaw.de) Hambach & Hambach Rechtsanwälte