VG Neustadt entscheidet weiterhin zugunsten privater Sportwettanbieter

Rechtsanwalt Dr. Ronald Reichert
Fachanwalt für Verwaltungsrecht
Sozietät Redeker Sellner Dahs
Willy-Brandt-Allee 11
D - 53113 Bonn
von den Rechtsanwälten Dr. Ronald Reichert und Wolfram Kessler

Das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße hat mit Beschluss vom 26.11.2009 (5 L 1219/09.NW) erneut in einem von der Sozietät Redeker Sellner Dahs & Widmaier geführten Eilverfahren zugunsten eines privaten Sportwettanbieters (Happybet) entschieden. Die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen eine Untersagungsverfügung wird – unter Auflagen – angeordnet. Dies ist deshalb bemerkenswert, da jüngst das OVG Rheinland-Pfalz seine Rechtsprechung geändert hat und nun dazu übergegangen ist, privaten Sportwettanbietern keinen Eilrechtsschutz mehr zu gewähren (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 23.10.2009, 6 B 10998/09.OVG).

In seinem neuen Beschluss weist das VG Neustadt ausdrücklich daraufhin, dass es anders als das OVG auch weiterhin an seiner bisherigen Auffassung festhalte und formuliert erneut Zweifel, ob das nationale Monopol im Sportwettbereich einer verfassungs- und europarechtlichen Überprüfung standhalten wird. Nach Auffassung der Kammer ist die vom Bundesverfassungsgericht im Sportwetturteil vom 28.03.2006 geforderte „vollständige Konsistenz“ bei der Ausgestaltung des Sportwettmonopols noch nicht hergestellt. Insbesondere der Vertrieb über die Lotto-Annahmestellen, deren Anzahl bislang nicht merklich reduziert worden sei, sowie fehlende Regelungen hinsichtlich der Vertriebsmodalitäten ließen den erforderlichen Systemwandel, der zur Rechtfertigung des Monopols erforderlich wäre, nicht erkennen. Ausreichende Maßnahmen zum Spielerschutz seien nicht getroffen worden. Für die Frage nach der Gemeinschaftsrechtskonformität des Monopols müsse außerdem zunächst geklärt werden, ob eine Prüfung am Maßstab der Gesamtkohärenz zu erfolgen hat. Die in Eilrechtsschutzverfahren anzustellende Interessenabwägung falle daher letztlich zugunsten der privaten Sportwettanbieter aus, zumal – so die Kammer – keine Anzeichen dafür vorlägen, dass im Zuge von deren Aktivitäten nunmehr eine vermehrte allgemeine Spielsuchtproblematik registriert werden könne. Die Frage der Rechtmäßigkeit der Gebührenhöhe von 1.000 € für die Untersagungsverfügung brauchte das Verwaltungsgericht vor diesem Hintergrund nicht zu entscheiden. Dieser Punkt wird vom OVG in den dort anhängigen Beschwerdeverfahren zu klären sein.

Abschließend sei noch das Folgende bemerkt: Das Gericht weist zu Beginn der Beschlussbegründung auf die sich „weiterhin im Wandel befindliche Sach- und Rechtslage (insbesondere im Hinblick auf die europäische Rechtsentwicklung)“ hin. Damit dürfte es zum einen auf die aktuelle politische Diskussion auf Länderebene anspielen, die sich jüngst in Reaktion auf die Ankündigung Schleswig-Holsteins, den Glücksspielstaatsvertrag kündigen zu wollen, entsponnen hat. Zum anderen steht am 08. und 09.12.2009 die mündliche Verhandlung beim EuGH über die deutschen Vorabentscheidungsverfahren an, was eine baldige Klärung der Rechtslage auf europäischer Ebene erwarten und letztlich auch erhoffen lässt.