Das Verwaltungsgericht Braunschweig folgt dem Ministerium insoweit, als es die Versiegelungen als Sicherstellung im Sinne des § 26 Nds. SOG und damit als polizeiliche Standartmaßnahme qualifiziert. Dass die sichergestellten Sachen als solche ungefährlich sind, ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Braunschweig irrelevant, da sich die für eine Sicherstellung erforderliche ordnungsrechtliche Gefälligkeit auch daraus ergeben könne, dass eine Sache in einer bestimmten Weise verwendet werde oder diese Verwendung zu erwarten sei. Durch das Anbringen von Siegeln könnten zudem auch Räume sichergestellt werden, um ihre Benutzung oder die Benutzung in ihnen befindlicher Sachen zu verhindern.
Die erfolgte Sicherstellung stelle sich jedoch als rechtswidrig dar, da es an einer „gegenwärtigen Gefahr“ fehle. Dies gelte selbst dann, wenn man zugrunde legt, dass die Vermittlung von Sportwetten einen Verstoß gegen ein Schutzgut der öffentlichen Sicherheit darstelle, weil die Vorschriften des NGlüSpG und des GlüStV über das staatliche Sportwettenmonopol nicht gegen Gemeinschaftsrecht verstoßen und somit anwendbar seien. Entscheidend sei, dass die Sportwettenvermittlerin ihre Bereitschaft erklärt habe, den Wettbetrieb einzustellen.
Entgegen der Auffassung des Ministeriums sei nicht hinreichend belegt, dass die Sportwettenvermittlerin mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit selbst dann erneut Sportwetten anbieten werde, wenn sie mit ihrem gerichtlichen Eilantrag gegen die (nachgeschobene) Untersagungsverfügung unterliegen sollte. Eine solche Annahme rechtfertige sich auch nicht vor dem Hintergrund der allgemeinen Erfahrungen des Ministeriums mit Untersagungsverfügungen seit dem Jahr 2003, da in einer nicht unerheblichen Anzahl den Untersagungsverfügungen entsprochen werde. Ebenso sei unerheblich, dass eine zweite Betriebsstätte auch dann noch betrieben wurde, nachdem die Sicherstellung hinsichtlich der ersten Betriebsstätte erfolgt war. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts macht es aus Sicht des Betreibers nämlich einen Unterschied, ob sich das Verbot, Wettannahmestellen zu betreiben, „nur“ aufgrund der gesetzlichen Regelung ergibt oder zusätzlich durch eine auf ihn persönlich bezogene behördliche Untersagungsverfügung, mit der das gesetzliche Verbot für ihn verbindlich konkretisiert wurde. Das Verwaltungsgericht verweist hierbei ausdrücklich darauf, dass es sowohl nach seiner bisherigen Rechtsprechung als auch der Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts als offen anzusehen sei, ob das gesetzliche Verbot wegen Verstoß gegen gemeinschaftsrechtliche Vorgaben rechtswidrig und damit unanwendbar ist.
Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Braunschweig ist umso erfreulicher, als sie nicht nur abermals die berechtigten gemeinschaftsrechtlichen Zweifel am staatlichen Sportwettenmonopol betont, sondern auch der in Niedersachsen seit Neuestem üblichen Praxis, Wettannahmestellen ohne vorherigen Erlass einer Untersagungsverfügung einfach zu versiegeln, einen Riegel vorschiebt. Ob sich damit die vollmundige Ankündigung des Niedersächsischen Innenministers, die als „neuen Weg“ gepriesenen Sicherstellungen nach und nach auf das ganze Land auszuweiten, tatsächlich umsetzen lassen wird, scheint mehr als zweifelhaft.