Erneuter Erfolg der Kanzlei BENESCH & PARTNER vor dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg gegen die Stadt Freiburg: gesamte Auswahlentscheidungen der Stadt stehen nun womöglich vor dem Aus

Benesch & Partner Rechtsanwälte

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Mit Beschluss vom 01.03.2023 (Az. 6 S 1419/22) ändert der VGH Baden-Württemberg eine weitere erstinstanzliche Entscheidung des VG Freiburg (Beschluss v. 21.06.2022 – 4 K 1059/22) ab. Besonders brisant: der Stadt könnten Messfehler unterlaufen sein, die einen Dominoeffekt auf eine Vielzahl der getroffenen Auswahlentscheidungen im Stadtgebiet haben könnte.

Nachdem bereits ein vorheriger von der Kanzlei BENESCH & PARTNER gegen die Stadt Freiburg erstrittener Beschluss des VGH Baden-Württemberg vom 14.02.2023 (Az. 6 S 1431/22) Teile der Auswahlentscheidungen als rechtswidrig befand, führt eine weitere erfolgreiche Entscheidung gegen die Stadt Freiburg womöglich zu einer kompletten Aufhebung aller Auswahlentscheidungen.

Der 6. Senat in Mannheim verpflichtet die Stadt mit Beschluss vom 01.03.2023 (Az. 6 S 1419/22) zur Duldung einer (weiteren) Spielhalle aufgrund von Mängeln in der Auswahlentscheidung und ändert dabei erneut eine Entscheidung des VG Freiburg in Spielhallensachen (Beschluss vom 21.06.2022 - Az. 4 K 1059/22) ab.

Die Stadt Freiburg stand Ende 2021 vor einer Vielzahl zu treffender Auswahlentscheidungen zwischen bestehenden Spielhallenbetrieben in ihrem Stadtgebiet. Ab diesem Zeitpunkt sah sie das Abstandsgebot von 500 Metern Luftlinie zwischen Spielhallenbetrieben als anwendbar an. Viele der bereits seit Jahren oder Jahrzehnten bestehenden Spielhallenbetriebe befanden sich somit in einer Konkurrenzsituation, welche durch ein Auswahlverfahren der Stadt aufzulösen war. Grundsätzlich hätte das Auswahlverfahren vor Ablauf der Erlaubnisse am 31.12.2021 entschieden sein müssen. Aufgrund eklatanter Versäumnisse der Stadt erfolgten die Auswahlverfahren allerdings erst völlig verspätet im April 2022 und basierten dabei vorrangig auf dem sogenannten Prinzip der bestmöglichen Kapazitätsausschöpfung.

Unter Anwendung dieses Prinzips suchte die Stadt primär diejenigen Betriebe in einer Auswahlsituation aus, welche unter Berücksichtigung des 500 Meter Radius um jeden Spielhallenbetrieb eine höchstmögliche Anzahl an Spielhallen im Stadtgebiet ermöglichen sollten.

Der VGH legte die Rechtswidrigkeit des Vorgehens der Stadt in seinem Beschluss vom 01.03.2023 offen. Der Senat bezweifelt bereits die Fehlerfreiheit der Abstandsmessungen der Stadt. Er hält es im Einklang mit der von der Kanzlei BENESCH & PARTNER geführten Beschwerde für offen, ob die Stadt bereits in ihrer Messung fehlerhaft war. Nach Dafürhalten des VGH könnte die Stadt bei ihrer getroffenen Auswahl zwei eigentlich zueinander in Konkurrenz stehenden Betrieben gleichzeitig Erlaubnisse erteilt haben.

Wie auch in der vorherigen Entscheidung des VGH Baden-Württemberg vom 14.02.2023 (Az. 6 S 1431/22) kritisiert der 6. Senat somit das Auswahlverfahren der Stadt. Diese stellte eine verbotene Hierarchie von Auswahlkriterien auf, in dem sie Einrichtungen zum Aufenthalt von Kindern und Jugendlichen für ihre Auswahl weder ordnungsgemäß berücksichtigte noch vollständig ermittelte. Zudem berücksichtigte sie ohne Rückanknüpfung an das Gesetz die Altersklasse von Personen zwischen 21 bis 25 Jahren. Der obsiegenden Spielhallenbetrieb gab an, diese Personengruppe nicht einlassen zu wollen. Die Berücksichtigung dieser Zusage war rechtsfehlerhaft, so der 6. Senat. Es besteht für diese Personengruppe jedoch keine generell erhöhte Schutzbedürftigkeit hinsichtlich Glücksspielangeboten.

Innerhalb weniger Tage wurden durch eine Vielzahl gerichtlicher Entscheidungen das Auswahlverfahren der Stadt Freiburg als rechts- beziehungsweise verfassungswidrig bewertet. Die vor dem höchsten Verwaltungsgericht des Bundeslandes von der Kanzlei BENESCH & PARTNER erstrittenen Beschlüsse vom 14.02.2023 (Az. 6 S 1431/22) und vom 01.03.2023 (Az. 6 S 1419/22) attestieren der Stadt somit grundlegende Versäumnisse in ihrer Verfahrensführung („Anschein eines Geheimverfahrens“), inhaltlichen Auswahl und der vorrangigen Bestimmung des Teilnehmerkreises der durchzuführenden Auswahlentscheidungen.

Hinzu kamen die von der Kanzlei BENESCH & PARTNER erfolgreich erstrittenen Urteile des Verfassungsgerichtshofs für das Land Baden-Württemberg vom 02.03.2023 (Az. 1 VB 98/19, 1 VB 156/21), welche insbesondere die bisherige Auswahlpraxis (Härtefall vor Auswahl) der Behörden, wie auch die u.a. vom Verwaltungsgericht Freiburg und vom VGH angewendete „Zäsurrechtsprechung“ für verfassungswidrig erklärten. Auch diese Urteile haben nun massiven Einfluss auf die von der Stadt Freiburg zukünftig nachzuholenden Auswahlentscheidungen.