Urteil: Online Casino Tipico muss Spieler sämtliche Verluste zurückzahlen

Rechtsanwalt Georgios Aslanidis
Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht
Rechtsanwälte Aslanidis, Kress & Häcker-Hollmann
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In einem von der Kanzlei Aslanidis, Kress & Häcker-Hollmann erstrittenen Urteil vom 03.06.2022 (Az. 2 O 479/21, noch nicht rechtskräftig) hat das Landgericht Rottweil das Online Casino Tipico dazu verurteilt, dem geschädigten Casinokunden vollständigen Schadensersatz hinsichtlich seiner Spielverluste zu zahlen. Er erhält seine Spielverluste in Höhe von über 25.000,- Euro vollständig zurück. „Nicht die Spieler und Spielerinnen haben sich etwas vorzuwerfen, sondern das jeweilige Online Casino. Dies stellt das Landgericht Rottweil in seinem Urteil klar: Tipico hat einen klaren Gesetzesverstoß bzw. einen Verstoß gegen die guten Sitten begangen, weshalb es den geschädigten Spieler vollumfänglich entschädigen muss.“, sagt Christopher Kress, Rechtsanwalt und Partner der Esslinger Kanzlei AKH-H.

Urteil gegen Online Casino Tipico: Der Sachverhalt zum Fall

Der Kläger hatte in den Jahren 2018 und 2019 beim Online Casino Tipico gespielt und über 25.000,- Euro verloren. Die Betreiberin verfügte nur nach maltesischem Recht eine wirksame Erlaubnis; eine Glücksspiellizenz nach deutschem Recht hatte sie nicht. Unser Mandant ließ seine Erfolgschancen zunächst durch unsere Kanzlei prüfen und verlangte dann auf dem Klageweg seine verlorenen Einsätze zurück.

Vollständige Verurteilung des Online Casinos Tipico

Das Landgericht Rottweil hat in seinem Urteil festgestellt, dass das Online Casino Tipico aufgrund der Rechtslage verpflichtet ist, dem geschädigten Kunden die vollständigen Spielverluste zu ersetzen. Hintergrund ist der von obergerichtlicher Seite mittlerweile mehrfach festgestellte Suchtschutz, zu dem auch Aspekte des Jugendschutzes, nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sowie mehrerer Oberlandesgerichte, hinzukommen.

Illegalität des Glückspiels ist nicht illegal für den Spieler

Das Gericht hat in seinen Ausführungen unter anderem betont, dass nicht der Spieler, sondern das Casino illegal handelt. Das Online Glücksspiel war in den vergangenen Jahren mit Ausnahme des Bundeslandes Schleswig-Holstein in ganz Deutschland verboten. Hintergrund ist der Schutz der Spieler und Spielerinnen. Daher hätte das Casino – so wie alle anderen Online Casinos auch – in den Jahren vor Inkrafttreten des neuen Glücksspielstaatsvertrages am 01.07.2021 seine Glücksspiele, Slotmaschinen, etc. in Deutschland (mit Ausnahme in Schleswig-Holstein) nicht anbieten dürfen.

Hier helfen dem Online Casino auch nicht seine verbraucherfeindlichen überraschenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) weiter, in welchen das Casino versucht hatte, die Frage, ob man überhaupt spielen darf, auf den Kunden abzuwälzen. Diese sind für Verbraucher*innen weder verständlich, noch transparent und insgesamt so überraschend, dass das Gesetz derartige Klauseln für unwirksam erachtet. Somit scheiterte Tipico mit der Argumentation, dass der geschädigte Spieler aus den Medien, dem Internet, sozialen Netzwerken oder den Allgemeinen Geschäftsbedingungen hätte wissen müssen, dass das Angebot des Online Casinos an ihn verboten ist. Dies ist schon deshalb nicht der Fall, da das Internetverbot des Casinos bei ordnungsgemäßer Beachtung der gesetzlichen Vorschriften vom geschädigten Spieler ja somit gar nicht hätte genutzt werden können.

Weiter stellt das Landgericht Rottweil in seinen Entscheidungsgründen fest, dass Online Casinos aufgrund des Suchtschutzgedankens ihr Angebot nicht hätten anbieten dürfen und deshalb die zugrunde liegenden Spielverträge des Kunden wegen des Verstoßes gegen den Glücksspielstaatsvertrages als sogenanntes Schutzgesetz für den Kunden nichtig sind.

Die Rechtsfolge daraus ist klar: Das Online Casino muss unserem Mandaten den gesamten erlittenen Verlust ersetzen, dies ist klarer Wille des Gesetzgebers. Es handelt sich nach der eindeutigen Aussage des Landgerichts Rottweil um ein umfassendes „Totalverbot“, welches aus dem Suchtschutzgedanken folgt. Auch der europäische Rechtsgedanke gibt dem Schutz von Verbrauchern und Verbraucherinnen vor Sucht, Ausnutzung, Überrumpelung etc. seit jeher „Vorfahrt“ vor den Gewinninteressen der Anbieter, wie das Landgericht Rottweil weiter in seinen Entscheidungsgründen festgestellt hat.

Hierbei können sich alle betroffenen und derart geschädigten Spieler und Spielerinnen als Verbraucher an seinem deutschen Wohnsitzgericht gegen die oft in Malta oder im sonstigen EU-Ausland sitzenden Casino-Betreibergesellschaften erfolgreich gerichtlich wehren und müssen hierzu weder weite Reisen unternehmen noch größeren Aufwand betreiben. Wichtig ist die Unterstützung durch eine erfahrene spezialisierte Rechtsanwaltskanzlei.

Fazit zum Urteil gegen Online Casino Tipico

Es geht um den Schutz der Betroffenen. Dabei ist es nur wichtig, dass sie sich, als sie spielten, nicht in Schleswig-Holstein aufgehalten haben und von dem Verbot für das Casino, die Spiele in Deutschland (außer Schleswig-Holstein) anzubieten, keine Kenntnis hatten. Das Gericht stellt sogar fest, dass der Suchtschutzgedanke und die sonstigen den bisherigen Schutzregelungen zugunsten der geschädigten Spieler und Spielerinnen zugrunde liegenden Rechtsgedanken auch auf die jetzige Rechtslage nach dem heutigen Glücksspielstaatsvertrag übertragbar sind und somit fortgelten.

Es herrscht ein weit verbreiteter Irrglaube, der von den Casinos gerne aufrechterhalten wird. Nicht Spieler und Spielerinnen verstoßen gegen ein Verbot, sondern das Casino, da es sein Angebot (außer in Schleswig-Holstein) aufgrund staatlicher Verbotsgesetzte gar nicht hätte anbieten dürfen. Es machen sich hier auch kein Spieler und keine Spielerin strafbar, wenn er oder sie in Unkenntnis trotzdem gespielt hat, da der Hintergrund dieses staatlichen Verbotes der Schutz des Spiels vor Sucht ist.