Anstiftung zur Nötigung durch das Glücksspielkollegium?

Ein Beitrag von Rechtsanwalt Dr. Fabian Maschke

Der Entwurf der gutachterlichen Stellungnahme einer ersichtlich hochspezialisierten Anwaltskanzlei kommt nicht nur zu dem Ergebnis, dass die Bundesländer für alle Schäden haften, die bei lizenzierten Sportwettveranstaltern dadurch entstehen, dass einer Aufforderung des Regierungspräsidiums Darmstadt zur Einhaltung eines Einzahlungslimits von monatlich 1000 € bis ab dem 1. Juli 2022 nachgekommen wird. Vielmehr behauptet der Entwurf, dass sich die Mitglieder im Glücksspielkollegium, die für diese Aufforderung gestimmt haben, einer versuchten Nötigung strafbar gemacht haben, für den Fall der Umsetzung der Aufforderung sogar einer vollendeten Nötigung. Die Strafbarkeit gelte jedenfalls dann, wenn der Beschluss des Glücksspielkollegiums bindend für das Regierungspräsidium Darmstadt und dessen ausführenden Mitarbeiter ist.

Der Vorwurf der Strafbarkeit von 15 der 16 Glücksspielreferenten beruht auf einem an anscheinend alle lizenzierten Sportwettveranstalter gerichtetem Schreiben des Regierungspräsidiums Darmstadt von Anfang Juni. Die Veranstalter wurden mit Frist zum 1. Juli 2022 aufgefordert, ein Einzahlungslimit bei jedem Kunden von monatlich 1000 € zu beachten und dem Regierungspräsidium den entsprechenden Nachweis vorzulegen. Für den Fall der Nichteinhaltung des Limits wird ein Verfahren zum Widerruf der Lizenz angedroht. Auch habe die Nichteinhaltung des Limits Folgen für die Bewertung der Zuverlässigkeit in dem laufenden Erlaubnisverfahren (für virtuelle Automatenspiele).

Die Aufforderung zur Einhaltung des Einzahlungslimits von 1000 € pro Kunde ist brisant, weil in den Sportwettkonzessionen die Nebenbestimmung, dass der Höchsteinsatz je Spieler im Internet 1000 € pro Monat nicht übersteigen darf, keinem Sofortvollzug unterworfen wurde. Die Klagen gegen diese Nebenbestimmung haben deshalb aufschiebende Wirkung (§ 80 Abs. 1 VwGO). Mit der Anweisung an das Regierungspräsidium Darmstadt, von den Wettanbietern dennoch zu verlangen, dass das Limit ab dem 1. Juli 2022 beachtet wird, andernfalls würde ein Verfahren zum Widerruf der Konzession eingeleitet und die Zuverlässigkeit im Erlaubnisverfahren für online-Glücksspiele aberkannt, wird also die eindeutige gesetzliche Regelung in § 80 Abs. 1 VwGO unterlaufen. Anscheinend war dies den 15 Glücksspielreferenten, die im Kollegium für diese Anweisung gestimmt haben, auch durchaus bewusst.

Download: Entwurf der gutachterlichen Stellungnahme (PDF)

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