Erlaubnisverfahren für virtuelle Automatenspiele zum Scheitern verurteilt?

Rechtsanwalt Bernd Hansen

Anwaltskanzlei Hansen
Lüllauer Str. 1
D - 21266 Jesteburg
Wer die Hoffnung hatte, die Bundesländer hätten aus den Fehlern des vergangenen Jahrzehnts bei der Lizenzvergabe nach dem Glückspielstaatsvertrag gelernt, wird durch das für alle Bundesländer mit der Erlaubnisvergabe für virtuelle Automatenspiele betraute Bundesland Sachsen-Anhalt bitter enttäuscht. Sachsen-Anhalt hält nicht nur daran fest, dass das verfassungswidrige Glücksspielkollegium ohne Transparenz maßgeblich über die Erlaubnisanträge entscheidet, obwohl sämtliche Verwaltungsgerichte – zuletzt das VG Darmstadt in der Sache 3 L 446/20 – die Beteiligung des Glücksspielkollegiums als Verletzung des Transparenzgebotes gewertet haben.

Vielmehr hat Sachsen-Anhalt eingeräumt, dass das Verfahren intransparent durchgeführt wird, indem die Regelungen des Staatsvertrages gegenüber begünstigten Bewerbern nicht angewendet werden. Konkret geht es um die Regelung in § 4a Abs. 1 Zif. 1 Buchst. d). Danach darf eine Erlaubnis für virtuelle Automatenspiele nicht an Anbieter erteilt werden, die selbst oder über verbundene Unternehmen „unerlaubt“ – also ohne deutsche Erlaubnis – virtuelle Automatenspiele in Deutschland anbieten. Von dieser Ausschlussnorm sind die meisten Anbieter betroffen. Gesichert ist nämlich, dass fast alle der in der Drucksache 8/835 des Landtags von Sachsen-Anhalt in Anl. 1 zu Frage 13 genannten 58 Erlaubnisbewerber schon seit Monaten oder gar Jahren virtuelle Automatenspiele in Deutschland anbieten. Alle diese Bewerber sind jedoch gesetzlich von der Erlaubniserteilung ausgeschlossen.

§ 4a GlüStV hat folgenden eindeutigen Wortlaut:

„Eine Erlaubnis für die Veranstaltung von virtuellen Automatenspielen darf nur erteilt werden, wenn weder der Antragsteller selbst noch ein mit ihm verbundenes Unternehmen unerlaubte Glücksspiele veranstaltet.“

Diese Regelung ist eindeutig. Es dürften nur diejenigen Unternehmen eine Erlaubnis für virtuelle Automatenspiele bekommen, die bisher kein Angebot an virtuellen Automatenspielen in Deutschland gehabt haben. Diese Erlaubnisvoraussetzung liegt nur bei einer Handvoll derjenigen Anbieter vor, die in der Drucksache 8/835 anonym aufgeführt sind.

Sachsen-Anhalt ist mithin in einem unauflösbaren Dilemma. Setzt das Landesverwaltungsamt die Erlaubnisvergabe fort, agiert es rechtswidrig, missachtet die staatsvertraglichen Beschränkungen und betreibt unter Verletzung des Transparenzgebotes eine zum Schadensersatz führende Günstlingswirtschaft. Das Landesverwaltungsamt ist nicht in der Lage, rechtmäßige Erlaubnisse auszuhändigen, außer an diejenigen wenigen Bewerber, die in der Vergangenheit kein virtuelles Automatenspiele in Deutschland betrieben haben. Beginnt das Landesverwaltungsamt hingegen die Erlaubnisvergabe von vorn oder überlässt dies der in Gründung befindlichen Gemeinsamen Glücksspielbehörde, müsste zunächst die Regelung in § 4a Abs. 1 Zif. 1 lit. d) geändert werden, damit die Bundesländer ihre selbst gewählte Kanalisierungsaufgabe erfüllen und an schon in Deutschland tätige Anbieter von virtuellen Automatenspielen Erlaubnisse erteilen können.

Über dieses Dilemma helfen der Umlaufbeschluss und die Gemeinsamen Leitlinien der Bundesländer vom Herbst 2020 nicht hinweg. Diese Verlautbarungen dürfen nicht im Verlaub im Erlaubnisverfahren angewendet werden. Wie Sachsen-Anhalt in einem von mir geführten Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Magdeburg klargestellt hat, wurden diese beiden Verlautbarungen von Sachsen-Anhalt nicht veröffentlicht und dürfen schon deshalb nicht in das Erlaubnisverfahren einbezogen werden. Das Transparenzgebot lässt nur zu, dass Bedingungen und Modalitäten in einem Erlaubnisverfahren angewendet werden, die im Voraus festgelegt und so bekannt gemacht worden sind, dass der Interessent an einer Erlaubnis seine Rechte und Pflichten präzise erkennen kann.

Außerdem hat Sachsen-Anhalt gegenüber dem VG Magdeburg klargestellt, dass diese Verlautbarungen lediglich unverbindliche Kooperationsabsprachen sind, die das Glücksspielrecht nicht ändern und als solche auch nicht justiziabel sind. Dies habe der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages (WD 3-3000-210/20) schon im November 2020 bestätigt. Vielmehr müsse weiterhin, so Sachsen-Anhalt gegenüber dem Verwaltungsgericht, „der geltende GlüStV 2021 vollzogen werden“.

Für die allermeisten Bewerber wird es somit keine positiven Nachrichten aus Sachsen-Anhalt geben. Das Landesverwaltungsamt muss gemäß § 4a Abs. 1 Zif. lit. d) GlüStV2021 alle Anträge von Anbietern, die in der Vergangenheit ohne deutsche Erlaubnis virtuelle Automatenspiele in Deutschland angeboten haben, ohne jeden Spielraum abweisen. Wird eine Erlaubnis dennoch erteilt, ist diese rechtswidrig und muss widerrufen werden. Missachtet das Landesverwaltungsamt diese staatsvertragliche Beschränkung dennoch, steht für alle „unerlaubten“ Anbieter fest, dass das Verfahren rechtswidrig und intransparent ist mit der Folge, dass die staatsvertraglichen Beschränkungen nicht angewendet werden dürfen und Sachsen-Anhalt für die entstehenden Schäden ersatzpflichtig ist.