Kammergericht bestätigt Rechtswidrigkeit der Werbung für das staatliche Glücksspielangebot mit „LOTTO-Trainer“

Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG

Arendts Rechtsanwälte
Perlacher Str. 68
D - 82031 Grünwald (bei München)
von Rechtsanwalt Martin Arendts, www.wettrecht.de

Das Kammergericht Berlin hat kürzlich eine Aufstellerwerbung für das staatliche Glücksspielangebot mit einem lachenden „LOTTO-Trainer“ für wettbewerbsrechtlich unlauter erklärt (Urteil vom 12. August 2009, Az. 24 U 40/09) und insoweit ein Urteil des Landgerichts Berlin bestätigt (Urteil vom 3. März 2009, Az. 102 O 273/08). Die Werbetafel für das staatliche Glücksspielangebot mit dem „LOTTO-Trainer“ und dem ihm zugeschriebenen Text: „Der LOTTO-Trainer meint: Viel Glück!“ sei unsachlich und verstoße gegen § 5 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV). Durch dies Vorschrift solle vor allem eine unmittelbare und “gezielte”, also in erster Linie auf die Spielteilnahme ausgerichtete Appellfunktion, ausgeschlossen werden. Hier sei zu berücksichtigen, dass sich die Werbetafel mit dem lachenden LOTTO-Trainer und der Aufschrift “Viel Glück” nicht vornehmlich an Personen richte, die das Ladenlokal betreten und ihre Spielabsicht durch Ausfüllen eine Lottoscheins kund getan haben, sondern an Passanten, die erst noch auf die Idee der Spielteilnahme gebracht werden sollen.

Für zulässig hielt das Kammergericht dagegen das von dem Kläger angegriffene Fassadenleuchtmittel mit der Wort-/Bildmarke „Lotto“ mit Glückskleeblatt. Es sei ausreichend, wenn sich die erforderlichen Warn- und Schutzhinweise jedenfalls im Ladeninneren der Lottoannahmestelle fänden. Der Vertrieb von Glücksspielprodukten mit Alltagsprodukten, insbesondere Süßigkeiten, als „Gut des täglichen Lebens“ sei zwar vom Bundesverfassungsgericht in seinem Sportwetten-Urteil kritisiert worden. Der Gesetzgeber habe aber keine gesetzliche Regelung getroffen, so dass insoweit kein Rechtsbruch im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG vorliege. Eine unmittelbare Anwendung der Vorgaben des Bundesverfassungsgericht komme nicht in Betracht.

Die Klägerin, ein niederländisches Privatunternehmen, ist nach Überzeugung des Kammergerichts klagebefugt. Ansonsten sei ein gerichtliche Überprüfung problematischer Werbemethoden für das staatliche Glücksspielangebot nicht möglich: „Würde man sämtlichen Marktteilnehmern, die sich gerichtlich gegen das staatliche Wett- und Glücksspielmonopol zur Wehr setzen oder zur Wehr gesetzt haben oder ein wirtschaftliches Interesse an dessen Beseitigung haben, eine eigene Klagebefugnis in Bezug auf einzelne Wettbewerbsverstöße der staatlichen Wett- und Glückspielveranstalter absprechen, gäbe es kaum noch Möglichkeiten, die Vertriebs- und Werbemethoden dieser Unternehmen einer gerichtlichen Überprüfung zuzuführen.“ (Rn. 25)

Aus diesem Grund komme es auch nicht darauf an, dass die Kläger die Marktabschottung durch das staatliche Glücksspielmonopol angreife und nach Ansicht der Behörde nicht in Berlin tätig werden dürfe: „Selbst wenn die Klägerin sich bei ihrer Geschäftstätigkeit auf dem Deutschen bzw. Berliner Glücksspielmarkt nicht im Rahmen dieser Vorschriften hält, kann ihr deshalb nicht versagt werden, die Gerichte wegen entsprechend wettbewerbswidriger Verstöße der staatlichen Lotteriegesellschaft oder deren Annahmestellen in Anspruch zu nehmen.“ (Rn. 25) Dies würde die Rechtsschutzmöglichkeiten unzulässig ausschließen: „Eine Rechtsprechungspraxis, die dem staatlichen Glücksspielmonopol in einer Weise zur Durchsetzung verhilft, dass aufgrund der restriktiven Gesetzeslage vom deutschen Glücksspielmarkt ausgeschlossene private Marktteilnehmer zusätzlich die Möglichkeit genommen wird, die als bedenklich erkannten Praktiken staatlich gelenkter Anbieter einer gerichtlichen Überprüfung auf ihre Gesetzmäßigkeit zuzuführen, und damit eine gerichtliche Überprüfung praktisch nahezu ausschließt, ist deshalb mit dem Verhältnismäßigkeitsgebot nicht vereinbar.“ (Rn. 26)

Anmerkung: Nachdem die wenig effektiven und nicht wirklich unabhängigen deutschen Glücksspielaufsichtsbehörden gegen unlautere Werbung für das staatliche Angebot nicht tätig geworden sind, ist es in der Tat Sache der privaten Wettbewerber, die gesetzlichen Ziele gegen die staatlichen Anbieter gerichtlich durchzusetzen. Die nachhaltige rechtswidrige Werbung der staatlichen Lotteriegesellschaften und deren Annahmestellen zeigt, wie wenig die staatlichen Anbieter und Vermittler von den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs halten. So wird aktuell bei Bundesliga-Fußballspielen zu besten Fernsehzeiten unübersehbar Bandenwerbung für das staatliche Angebot „LOTTO“ gesendet, während man Fernsehwerbung für Glücksspiel grundsätzlich untersagt hat und die Sponsorwerbung für private Buchmacher verbietet. Von einer kohärenten und konsistenten Umsetzung ist die derzeitige Praxis weit entfernt. Bereits aus diesem Grund wird das staatliche Monopol auf längere Sicht nicht zu halten sein.