Finanzministerium legt Entwurf zum Glückspielgesetz 2008 vor

Ein Artikel von Herrn Rechtsanwalt Dr. Clemens Thiele, LL.M. Tax (GGU), Eurolawyer, Österreich

Der Ministerialentwurf 3/ME XXIV. GP zur Glückspielgesetz-Novelle 2008 wurde am 4.11.2008 vom Bundesministerium für Finanzen zur Begutachtung übermittelt. Überraschend an dem Entwurf ist nicht nur die kurze einmonatige Stellungnahmefrist, die offiziell am 04.12.2008 endete, sondern auch der weitreichende Inhalt.

Kurzüberblick

Neben der Tatsache, dass der Österreichische Bundesgesetzgeber von seinem Abgabenerfindungsrecht Gebrauch macht und eine „Bundesautomatensteuer“ mit einem jährlichen Aufkommen in Höhe von ca. € 150 Mio. einführen möchte, verschiebt er die bisher bei den neun Bundesländern angesiedelte Gesetzgebungskompetenz zur Regelung des „kleinen Glücksspiels“ gleich auf den Bundesgesetzgeber. Darüber hinaus wird nunmehr ausdrücklich definiert, was zu den Glückspielen gehört, unter anderem auch „Poker und seine Spielvarianten“.

Der folgende Beitrag gibt zunächst einen Überblick über die derzeitige Rechtslage in Österreich und stellt sie anschließend dem Entwurf des Gesetzgebers gegenüber.

1. Rechtliche Rahmenbedingungen in Österreich

1.1 Glücksspielgesetz und Strafrecht

Verfassungsrechtliche Grundlage für die Regelungskompetenz des einfachen Bundesgesetzgebers im Bereich des Glücksspiels ist der Kompetenztatbestand „Monopolwesen“. Aufgrund der Kompetenz-Kompetenz des einfachen Bundesgesetzgebers hat dieser das Glücksspielgesetz erlassen. Dieses weist dem Bund abgesehen von wenigen Ausnahmen die Durchführung aller Arten von Glücksspielen zu. Der Umfang des Glücksspielmonopols des Bundes wird durch die Begriffsbestimmungen der §§ 1 und 2 sowie die Ausnahmen des § 4 GSpG (dazu näher gleich unten) begrenzt.

An den Aktivitäten in Wien und auch in anderen Bundesländern, hier vor allem in Tirol, wird deutlich, dass sich die bereits in den vorangegangenen Jahren erkennbare Tendenz derartiger Anbieter fortsetzt, unter Vermeidung der Auflagen und Regelungen des Glücksspielgesetzes am österreichischen Glücksspielmarkt zu partizipieren. Ebenso laufen nach wie vor Verfahren, die die Legalität von so genannten Kartencasinos feststellen sollen, wie sie in den letzten Jahren in verschiedenen Orten entstanden und zum Teil – manche davon sind mittlerweile im Konkurs bzw. im Ausgleich – nach wie vor in Betrieb sind. Nach § 168 StGB sind Spiele, bei denen „Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen“ verboten. Strafbar macht sich sowohl der Veranstalter, es sei denn, dass „bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge“ gespielt wird, als auch der Spieler, der sich gewerbsmäßig an solchen Spielen beteiligt. In der Frage, ob Poker ein Glücksspiel ist – ob also Zufall oder Geschicklichkeit überwiegt –, ist letztinstanzlich noch keine abschließende Klärung erfolgt.

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) führt in einem Erkenntnis (20.8.1998, 97/16/0387) aus: „Hinsichtlich der Frage, ob es sich beim Spiel Poker überhaupt um ein Glücksspiel handelt, besteht aufgrund der Ergebnisse des von der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens noch immer keine verlässliche Entscheidungsgrundlage.“ Der VwGH weiters: „Die für eine definitive Beurteilung erforderliche qualitative und quantitative Analyse wurde bislang noch nicht zu Ende geführt. Dies bedeutet aber, dass die Angelegenheit sachverhaltsmäßig noch nicht bis zur Spruchreife gediehen ist.“

Unter Berufung auf eine angebliche Lücke im Glücksspielgesetz werden somit Poker, aber auch andere Black-Jack ähnliche Spiele sowie in Einzelfällen sogar Roulette (z. B. „optisches Kugelkarussell“) betrieben. In der Öffentlichkeit entsteht dadurch, dass sich diese ungeklärte Situation schon über mehrere Jahre hindurchzieht, der Eindruck, dass diese Betriebe unzweifelhaft legal sind. Dieser Anschein hält jedoch einer genauen juristischen Analyse manchmal nicht stand.

Der Unabhängige Veraltungssenat (UVS) Wien hat demgegenüber in einem Berufungsbescheid (UVS-06/6/5595/1999/21) festgestellt, dass die in einem Kartencasino in Wien angebotenen Kartenspiele Seven Card Stud-Poker, Texas Hold EM und 5 Card Draw eindeutig als Glücksspiele zu qualifizieren sind. Gleiches gelte für das angebotene „Optische Kugelkarussell“.

Der UVS Wien schloss sich weiters der Meinung der beigezogenen Sachverständigen an, dass die Frage der „Interaktion“ zwischen den Spielern, also etwa das „Bluffen“ auf keinen Fall in eine strategische Analyse derart einbezogen worden könne, dass man die Auswirkungen auf den Spielerfolg messen könne.

1.2 Landesgesetzliche Regelungen

Aus dem Regelungsbereich des Bundes ausgenommen sind jene Spiele, die unter die erwähnte Ausnahme des § 4 GSpG fallen. Dabei handelt es sich um Spiele, die nicht in Form einer Ausspielung durchgeführt werden, bei denen kein Bankhalter mitwirkt oder der Einsatz EUR 0,50 nicht übersteigt. Weiters sind Ausspielungen mittels eines Glücksspielautomaten aus dem Anwendungsbereich des GSpG ausgenommen, bei denen die vermögenswerte Leistung des Spielteilnehmers EUR 0,50 und der Gewinn den Betrag von EUR 20,00 nicht überschreiten.

Die Regelung dieses „Kleinen Glücksspieles“ fällt in den Kompetenzbereich der Länder. Geregelt wird dieser Bereich in den diversen Landesgesetzen, teils in Veranstaltungsgesetzen (Wien, Burgenland, Steiermark, Kärnten, Salzburg und Tirol), teils in eigenen Spielapparategesetzen (Niederösterreich, Vorarlberg und Oberösterreich). Mit Ausnahme der Länder Wien, Steiermark und Kärnten sind Geldspielapparte mit vermögenswerter Gegenleistung verboten.

Daneben fällt auch die gesamte Palette der Sportwetten, d.h. Wetten aus Anlass sportlicher Veranstaltungen, nicht in den Bundesmonopolbereich. Dies im Wesentlichen deshalb, da der zivilrechtliche Begriff der Wette iSd § 1270 ABGB von jenem des Glücksspiels abweicht (ausführlich zur Begründung Schwartz/Wohlfahrt, Glücksverträge im Internet, MR 2001, 323 mwN).

2. Entwurf zur Glücksspielgesetz-Novelle 2008

Nach der Präambel des Gesetzgebers soll die Novelle Wettbewerbsnachteile des konzessionierten Glücksspiels beseitigen. Beim Automatenglücksspiel sollen noch stärker Jugendschutz und Spielerschutz im Vordergrund stehen. Automatensalons sollen unter strengen Spielerschutzbestimmungen und Aufsichtsregeln mit einer eigenen Bundesautomatensteuer belegt werden. Durch „klare“ Zuständigkeiten und gesetzliche Informationsverpflichtungen soll Verfahrenseffizienz erreicht werden.

Bemerkenswert ist am vorliegenden Entwurf, dass nach den österreichischen Gesetzgebungsgepflogenheiten zwingend vorzunehmende Verwaltungslastenberechnung für Unternehmer die bisherigen Verwaltungslasten nach dem Glücksspielregime von der Bemessungszahl 6,0 auf die erwarteten Verwaltungslasten nach Umsetzung des Entwurfes von € 2.374,–, sohin auf das fast Vierhundertfache ansteigen sollen. Dies resultiert zum einen aus der verpflichtenden Anmeldung einer erlaubten Ausspielung mit Kartenspielen in Turnierform zum bloßen Zeitvertreib und dem Anschluss aller Glücksspielautomaten und Video-Lotterieterminals an ein Tatenrechenzentrum des Bundesministeriums für Finanzen.

Erweitert wird insbesondere die Definition des Glücksspiels, die, wie oben dargestellt, bislang in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes durchaus umstritten war. § 1 Abs. 2 soll nach dem Entwurf wie folgt lauten:

„Zu Glücksspielen gehören insbesondere Roulette, Beobachtungsroulette, Poker, Black Jack, Two Aces, Bingo, Keno, Baccarat und Baccarat chemin de fer und deren Spielvarianten. Der Bundesminister für Finanzen ist ermächtigt, aus Gründen der Rechtssicherheit durch Verordnung weitere Spiele als Glücksspiele im Sinne des Abs. 1 zu bezeichnen.“

Die Ausnahme für den „Wirtshauspoker“ beschränkt sich auf Ausspielungen mit Kartenspielen in Turnierform zum bloßen Zeitvertreib, die dann dem Glücksspielmonopol nicht unterliegen, wenn die Ausspielung im Rahmen einer aufrechten Gastgewerbeberechtigung stattfindet und nicht öfter als 4 mal im Jahr erfolgt. Eine Veranstaltung über elektronische Medien oder an mehr als 100 Spielteilnehmer ist ebenso ausgeschlossen, wie eine Einsatzhöhe über EUR 10,00. Dies sieht der novellierte § 4 Abs. 6 GSpG 2008 im Entwurf vor.

Für den Betrieb von Automatensalons legt § 5 GSpG 2008 die neuen rechtlichen Voraussetzungen fest. Dazu gehört unter anderem ein eingezahltes Stamm- oder Grundkapital von zumindest € 50 Mio. für denjenigen, der Automatensalons in Österreich betreiben möchte.

Schließlich enthält der Entwurf als weiteres „Highlight“ auch eine Regelung der sog. Video-Lotterieterminals (VLT) in § 12a GSpG 2008.

Die Bestimmungen zum Schutz des Glückspielsmonopols sind mit Verwaltungsstrafe bewehrt. Auch die Beschlagnahme und Einziehung wird in § 54 GSpG 2008 neu und umfassend geregelt. Abschließend ist auf die bereits eingangserwähnte Bundesautomatensteuer auf spielbankferne Ausspielungen hinzuweisen.

Da der vorliegende Entwurf auch eine Verschiebung der Gesetzgebungskompetenz für das kleine Glücksspiel von bisher den österreichischen Bundesländer auf künftig den österreichischen Bundesgesetzgeber vorsieht, bedarf es dazu nicht nur der Zustimmung der Länder und der Länderkammer im Parlament, sondern auch einer Verfassungsänderung, für die grundsätzlich eine 2/3 Mehrheit im Nationalrat (österreichisches Parlament) erforderlich ist. Mag man auch Verständnis für die in Zeiten wie diesen für die fiskale Not des Staatssäckels aufbringen, bis es zur Einhebung der Bundesautomatensteuer kommt, werden wohl noch Jahre vergehen.

Wir werden weiterhin über Neuerungen berichten.

Aus: TIME LAW NEWS 1/2009 (www.timelaw.de) der Kanzlei Hambach & Hambach Rechtsanwälte