Landgericht Bremen: EU-Erlaubnisse sind in Deutschland unwirksam! Der Glücksspielstaatsvertrag ist verfassungs- und europarechtskonform!

Rechtsanwalt Dr. Manfred Hecker
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht
CBH - Rechtsanwälte
Bismarckstr. 11-13
D - 50672 Köln
In seinem Urteil vom 31.07.2008 (12 O 333/07) hat das Landgericht Bremen die Konformität des Glücksspielstaatsvertrages mit dem Verfassungs- und Gemeinschaftsrecht festgestellt und einem Anbieter mit maltesischer Erlaubnis den Vertrieb seiner Sportwetten in Deutschland verboten. Das Landgericht Bremen behandelt in übersichtlicher Darstellung nahezu sämtliche Argumente die von den EU-Erlaubnisinhabern für einen vermeintlich zulässigen Vertrieb von Sportwetten in Deutschland regelmäßig ins Feld geführt werden und stellt unter sämtlichen Aspekten einen Verstoß gegen § 284 StGB fest:

So sind Sportwetten aufgrund ihres Übergewichts zufallsabhängiger Elemente Glücksspiele im Sinne des § 284 StGB (1 a), Handlungsort ist überall dort, wo der Täter „irgendeinen Teil des strafbaren Tatbestands verwirklicht hat“. Da sich die „Gesamttätigkeit des Veranstalters derart verteilen (kann), dass an verschiedenen Orten Anstalten getroffen werden, um dort den Abschluss je eines Teiles der Verträge zu bewirken“, führt der Vertrieb eines Glücksspiels über Internet dazu, dass jeder Ort in Deutschland Handlungsort sein kann, weil die Nutzer „im gesamten Bundesgebiet die Möglichkeit (haben), die angebotenen Sportwetten zu platzieren.“ (1 b).

Auch werden solche Sportwetten nach Ansicht des Landgericht Bremen ohne die nach § 284 StGB erforderliche behördliche Erlaubnis veranstaltet, weil es das Recht der einzelnen Mitgliedsstaaten ist, „das Glücksspiel von der Erteilung einer inländischen Erlaubnis abhängig zu machen und Erlaubnisse, die in anderen Mitgliedsstaaten erteilt wurden, nicht anzuerkennen“. Eine Erlaubnis aus Malta reicht daher nicht, denn „es ist das Recht der einzelnen Mitgliedstaaten, das Glücksspiel von der Erteilung einer inländischen Erlaubnis abhängig zu machen und Erlaubnisse, die in anderen Mitgliedstaaten erteilt wurden, nicht anzuerkennen.“ (1 c)

Das Unternehmen selbst und dessen Geschäftsführer, aber auch der Inhaber der zum Vertrieb der Glücksspiele genutzten Domain handeln als Mittäter im Sinne des § 25 Abs. 2 StGB. Der Domaininhaber schafft durch die Überlassung der entsprechenden Domain „eine wesentliche Voraussetzung des Spielbetriebes“ und haftet somit auch selbst nach § 284 StGB. (1 d)

Das Verbot des § 284 StGB für Sportwetten ist ab der Entscheidung des Bundesverfassungsgericht vom 28.03.2006 als verfassungsgemäß anzusehen. Jedenfalls für das Land Bremen stellt das Landgericht Bremen eine ordnungsgemäße Umsetzung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts aus der Entscheidung vom 28.03.2006 fest und folgt insoweit den Feststellungen des OVG Bremen aus dem Beschluss vom 07.09.2006 (ZfWG 2006, 323 ff). (1 e aa)

Für die Zeit nach dem 01.01.2008 sieht das Landgericht Bremen im Staatsvertrag zum Glücksspielwesen und dem Bremischen Glücksspielgesetz (www.gluestv.de) eine neue verfassungs- und europarechtskonforme Rechtslage. „Da sich die gesetzlichen Beschränkungen von Werbung und Vertriebswegen auch mindernd auf die staatlichen Gewinne auswirken, bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass das staatliche Glücksspielmonopol vorrangig fiskalische Interessen fördert.“ (1 e bb)

Auch ein Verstoß gegen Art. 49 EG liegt nicht vor. Die mit den deutschen Vorschriften einhergehende Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit ist „aus zwingenden Gründen des Allgemeinwohls gerechtfertigt“. Die vom EuGH formulierten Vorgaben des Gemeinschaftsrechts entsprechen jenen des Grundgesetzes, sodass „die vom Bundesverfassungsgericht gestellten Anforderungen (damit auch) gewährleisten, dass die Einschränkungen der Dienstleistungsfreiheit (Art. 49 EG) erforderlich und verhältnismäßig ist.“

Insbesondere die unterschiedliche Behandlung verschiedener Glücksspielarten sieht das Landgericht Bremen nicht als gemeinschaftsrechtsschädlich an. Es sei nämlich auch aus europarechtlicher Sicht nicht notwendig, „dass in allen Bereichen des Glücksspiels einheitliche Beschränkungen vorgenommen werden“. Es stehe den Mitgliedsstaaten nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs frei, das angestrebte Schutzniveau eigenständig und genau zu bestimmen. Aus diesem Grunde „können sie auch für unterschiedliche Bereiche des Glücksspiels unterschiedliche Wertungen hinsichtlich der damit jeweils verbundenen Gefahren für die Allgemeinheit vornehmen. Dies ist schon deswegen keine unzulässige Differenzierung, weil es kein einheitliches Gefahrenpotential beim Glücksspiel gibt.“ (1 f)

§ 284 StGB ist eine Marktverhaltensregelung iSd § 4 Nr. 11 UWG, sodass objektiv rechtswidriges Verhalten, ungeachtet des Verschuldens, Unterlassungsansprüche von Wettbewerbern begründet. Auch ein eventueller Verbotsirrtum ist daher unbeachtlich. (1 g)

Auch sei der Unterlassungsanspruch nicht auf das Territorium des Bundeslandes Bremen begrenzt, sondern könne bundesweit durch die Bremer Toto- und Lotto GmbH geltend gemacht werden. Eine Ausnahme von dieser Rechtsprechung habe der Bundesgerichtshof in der ODDSET-Entscheidung (BGH GRUR 2008, 438, 442) nur für den Fall angenommen, dass „eine bundesweit einheitliche Beurteilung des betreffenden Wettbewerbsgeschehens als wettbewerbswidrig ausscheidet“. Nach der bundesweiten Umsetzung des Glücksspielstaatsvertrages bestehe aber eine einheitliche Rechtslage, „nach der das Sportwettenangebot der Beklagten bundesweit einheitlich als wettbewerbswidrig zu beurteilen“ sei. (1 h)