Oberverwaltungsgerichte bestätigen behördliche Verbotsverfügungen auf Grundlage des Glücksspielstaatsvertrages (GlüStV)

Rechtsanwalt Dr. Manfred Hecker
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht
CBH - Rechtsanwälte
Bismarckstr. 11-13
D - 50672 Köln
hier: OVG Niedersachsen, Beschluss v. 08.07.2008 – 11 MC 71/08

Nachdem auf ISA-Guide bereits am 10.07.2008 über die Pressemitteilung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts zu seinem Beschluss vom 08.08.2008 (11 MC 71/08) berichtet wurde, liegen nunmehr die ausführlichen Entscheidungsgründe vor. Hierin führt der für Glücksspielangelegenheiten zuständige 11. Senat aus, dass auch nach der Änderung der Rechtslage seit dem 01.01.2008 die Abwägung zwischen den staatlichen Monopol- und den privaten Wirtschaftsinteressen zu Lasten der privaten Glücksspielanbieter ausgehe.

Trotz gewisser Zweifel daran, ob das Staatsmonopol für Sportwetten und für Lotterien in eine kohärente Glücksspielpolitik eingebettet sei, ist das Verbot nach Auffassung des Gerichts weiterhin aufrecht zu erhalten. Die Richter betonen, dass die weitere Tätigkeit privater Sportwettenanbieter ein Marktgeschehen eröffne, dessen Dynamik es wesentlich erschwere, das Wettmonopol später mittels Verwaltungszwanges durchzusetzen, weil mit einer erheblichen Ausweitung des illegalen Wettangebots zu rechnen sei.

Zunächst stellen die Richter klar, dass es sich bei dem zugrunde liegenden Verwaltungsakt um einen solchen mit Dauerwirkung handelt, dessen Rechtsgrundlage nunmehr seit Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages die Vorschriften der § 9 Abs. 1 Nr. 3 GlüStV i.V.m. § 22 Abs. 4 Satz 2 NGlüSpG sind. Im Zuge der Gesetzesänderung sei es nicht erforderlich gewesen, einen neuen oder teilweise geänderten Bescheid zu erlassen. Sodann geht der Senat auf seine bereits bekannte Rechtsprechung aus den vergangenen Jahren ein, nach welcher die in Gibraltar und Malta erteilten Erlaubnisse keine Wirkung im Bundesgebiet entfalten, weil es keinen Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung von Konzessionen innerhalb der EU gebe. Für eine gegenseitige Anerkennung fehlten nach wie vor Harmonisierungsrechtsakte. Auch die Rechtsprechung des EuGH in Sachen Placanica setze gerade die Möglichkeit voraus, dass ein Mitgliedstaat die in einem anderen Mitgliedstaat erteilte Sportwettenerlaubnis nicht anerkennen müsse.

Die am 01.01.2008 in Kraft getretenen gesetzlichen Regelungen seien in zureichendem Maße an dem vorgegebenen Ziel ausgerichtet, die Wettleidenschaft ernsthaft zu bekämpfen. Demnach seien in Niedersachsen gesetzliche und tatsächliche Regelungen getroffen worden, welche die Annahme rechtfertigten, dass das Land (nunmehr) dem Spielerschutz ein wesentliches Gewicht beimesse. Auch das tatsächliche Verhalten der Behörden gebe dem Senat, bezogen auf den überprüften Lotterie- und Sportwettensektor, keinen Anlass, an der Ernsthaftigkeit der verfolgten Bestrebungen zur Bekämpfung der Spielsucht zu zweifeln.

Abschließend führt der Senat aus, dass dem Schutz der Bevölkerung ein besonders hoher Stellenwert zukomme. Diesem stünden keine gleichwertigen Interessen privater Sportwettanbieter oder –vermittler gegenüber. Insbesondere müssten sich letztere zurechnen lassen, dass sie ihr Gewerbe während einer unklaren rechtlichen Situation begründet haben. Auch wenn sie angesichts dieser rechtlich unklaren Situation strafrechtlich nicht zur Verantwortung gezogen werden könnten, führe dies nicht dazu, ihr Verhalten als legal anzusehen. Zu berücksichtigen sei nämlich, dass dann, wenn in einem Hauptsacheverfahren das Staatsmonopol als unzulässig angesehen werden sollte, eine zu erwartende gesetzlich normierte und kontrollierte Zulassung gewerblicher Veranstalter/Vermittler nur für bedeutend weniger als die derzeit auf dem Markt befindlichen illegalen privaten Wettanbieter eine Genehmigungsmöglichkeit eröffnen dürfte. Zur effektiven Durchsetzung einer derzeitigen gesetzlichen Regelung sei es daher erforderlich, die große Anzahl der illegalen Wettunternehmer zurückzuführen.

Mit dieser Entscheidung führt der 11. Senat seine bekannte Rechtsprechung nunmehr fort und reiht sich damit in die lange Liste derjenigen Oberverwaltungsgerichte ein, die den Glücksspielstaatsvertrag als verfassungs- und europarechtskonform befinden (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 30.07.2008 – 4 B 2056/08; VGH Bayern, Beschluss vom 02.06.2008 – 10 CS 08.1102; OVG Hamburg, Beschluss vom 25.03.2008 – 4 Bs 5/08; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 17.03.2008 – 6 S 3069/07; OVG NRW, Beschluss vom 22.02.2008 – 13 B 1215/07). Die Entscheidung des 7. Senats des OVG Niedersachsen (Beschluss vom 19.05.2008 – 7 ME 66/08) hierdurch das erwartete Korrektiv gefunden. Die für das Gaststättenrecht zuständigen Richter hoben seinerzeit eine Ordnungsverfügung auf, weil sie den dortigen Antragsteller durch ein Berufsverbot nicht zu sehr belasten sowie dem zur Klärung der Rechtsfragen vorrangig bereits befassten 11. Senat nicht vorgreifen wollten. Nunmehr hat eben dieser für das Glücksspielrecht zuständige 11. Senat entschieden, dass private Sportwetten in Niedersachsen weiterhin verboten sind.