Spielhallen: Niederlagen für die Landesdirektion Sachsen von A bis Z

Ein Beitrag von Rechtsanwalt Rolf Karpenstein

Betriebserlaubnis nach § 24 GlüStV nicht erforderlich!

Bei den sächsischen Amtsgerichten von A bis Z fängt sich das Glücksspielreferat der sächsischen Landesdirektion Niederlagen ein. In Bußgeldverfahren, die mit dem Kollegen Dr. Bartholmes geführt wurden, verdeutlichen die Amtsgerichte, dass die Willkür der Verwaltung und der Verwaltungsgerichte bei aufrechten Richtern keinen Platz hat.

Entgegen den These der sächsischen Verwaltungsgerichte und der Landesdirektion sehen die Amtsgerichte, dass der Spielhallenbetrieb – ungeachtet von Soll-Mindestabständen zu Schulen oder zu anderen Spielhallen – auf der Grundlage der bundesrechtlichen Betriebserlaubnis nach § 33i GewO legal ist. Dies wurde bekanntlich schon 2013 und 2015 von der fünften Kammer des VG Leipzig bestätigt – bevor die Richter ausgetauscht wurden. Und das Bundesverwaltungsgericht enthielt sich zu dieser Frage seines Votums.

Anders als das BVerwG bekennen die Amtsgerichte von A bis Z nunmehr Farbe. Nach intensiver Sichtung der Rechtslage bestätigen die Amtsrichter, dass die bundesrechtliche Betriebserlaubnis den Gewerbebetrieb auch im Rahmen von Mindestabständen legalisiert und dass Sanktionen wegen des Fehlens einer Erlaubnis nach § 24 GlüÄnStV nicht verhängt werden dürfen.

Auch die zuständigen Staatsanwälte sehen kein Betriebserlaubniserfordernis nach § 24 GlüStV. So führt die Staatsanwaltschaft vor dem Amtsgericht A aus (Zitat):

„Sofern die Gewerbeerlaubnis nach § 33i noch besteht und nicht widerrufen ist, schließt diese die Erlaubnis nach § 24 GlüStV ausweislich des § 18a des sächsischen Ausführungsgesetzes zum GlüStV ausdrücklich ein. … Inwieweit sich bei einem Widerruf der Gewerbeerlaubnis auch Haftungsfragen auftun, bleibt zunächst den ausführenden Behörden vorbehalten. Hinsichtlich des vorliegenden Falls ist das Fehlen der „zweiten“ Betriebserlaubnis nach § 24 GlüÄndStV nicht mit einem Bußgeld bedroht. Insoweit schließe ich mich den Ausführungen des Verteidigers an und stimme einer Einstellung des Verfahrens zu.“

Auch beim Amtsgericht Z propagierte die Staatsanwaltschaft die Einstellung der von der LDS angestrengten Bußgeld- und „Verfall“-Verfahren (der LDS war entgangen, dass es den „Verfall“ nicht mehr gibt). Die verzweifelten Hinweise der LDS auf ihre Verwaltungsgerichte prallten ab. Der jüngste Einstellungsbeschluss sei auszugsweise zitiert:

„Die Behörde wirft dem Betroffenen vor, die besagte Spielhalle ohne die erforderliche Erlaubnis nach § 24 Abs. 1 GlüStV i.V.m. § 18a SächsGlüStVAG zu betreiben, so der konkrete Wortlaut des Vorwurfs. Hinsichtlich einer persönlichen Vorwerfbarkeit … ist zunächst festzuhalten, dass der Betroffene seit 2007 über eine unbefristete gewerberechtliche Erlaubnis nach Bundesrecht gem. § 33i GewO verfügt. Im Zuge des später vereinbarten Glücksspielstaatsvertrages und den hierauf ergangenen landesrechtlichen Vorschriften ist für die Entscheidung nach Überzeugung des Gerichts nicht unerheblich, dass die Gewerbeerlaubnis nach § 33i GewO nicht widerrufen wurde. In § 18a des SächsGlüStVAG ist folgendes geregelt: „Die Erlaubnis nach § 33i GewO … schließt die Erlaubnis nach § 24 GlüStV ein.“

Der Betroffene verfügt über eine vor Inkrafttreten dieser Regelung erteilte Erlaubnis nach § 33i GewO. … Eine Regelung zur Frage des Bestandes bzw. zum Widerruf bereits erteilter Erlaubnisse wurde nicht getroffen. Zur Überzeugung des Gerichts ist mit § 29 Abs. 4 GlüStV etwas über die materielle Rechtslage nach Inkrafttreten des Staatsvertrages gesagt, aber keine Regelung hinsichtlich der bereits vorhandenen Erlaubnis nach § 33i GewO als bestandskräftige Verwaltungsakte getroffen.

Denn über die Bindungswirkung dieser Verwaltungsakte inter partes hinaus entfaltet jeder wirksame Verwaltungsakt Tatbestandswirkung. Dies bedeutet, dass alle Behörden und Gerichte bei der rechtlichen Beurteilung eines Sachverhalts sowohl die Tatsache, dass der Verwaltungsakt existiert, als auch die in diesem Verwaltungsakt von der Erlassbehörde getroffene Regelung ohne Überprüfung ihrer Rechtmäßigkeit zugrunde legen müssen. Dies gilt selbstverständlich auch für das hier erkennende Gericht.

Diese Sichtweise der Tatbestandswirkung wird zur Überzeugung des Gerichts bestätigt durch die gesetzlichen Regelungen in anderen Bundesländern. So hat beispielsweise das Saarland im saarländischen Spielhallengesetzes in § 12 ausdrücklich geregelt, dass nach der Übergangsfrist des § 29 Abs. 4 GlüStV Erlaubnisse nach § 33i GewO erlöschen. … Im Freistaat Sachsen wurde weder eine solche gesetzliche Regelung erlassen, noch wurde im Einzelfall durch die zuständigen Behörden widerrufen.

Sofern die Verwaltungsbehörde nun gleichwohl ein zusätzliches Erlaubniserfordernis nach § 24 GlüStV neben der bereits erteilten und bestandskräftigen Erlaubnis nach § 33i GewO fordert und an diese Rechtsauffassung gleichzeitig den Vorwurf eines ordnungswidrigen Verhaltens gegenüber dem Betroffenen knüpft, wird damit das im Strafrecht, bzw. Ordnungswidrigkeitenrecht zwingend geltende Bestimmtheitsgebot in bedenklicher Weise tangiert, zumal § 20 Abs. 1 Nr. 1 des SächsGlüStVAG keinen Hinweis auf § 24 GlüStV enthält. Das bedeutet, dass das sächsische Ausführungsgesetz den § 24 GlüStV als erforderliches Tatbestandsmerkmal einer Ordnungswidrigkeit überhaupt nicht benennt.“

Im Weiteren unterscheidet das Gericht zutreffend zwischen einer Betriebserlaubnis, die gerade nicht die Glücksspielveranstaltung in der Spielhalle legalisiert, sondern nur den Spielhallenbetrieb als solches, und einer Erlaubnis zur Glücksspielveranstaltung, d.h. zur Aufstellung von Geldspielgeräten im Sinne von § 33c GewO (Zitat):

„Die Vorschrift des § 20 SächsGlüStVAG benennt lediglich § 4 GlüStV. Mit dem formalen Verweis auf diese Vorschrift im Bußgeldbescheid begibt sich die Verwaltungsbehörde zur Überzeugung des Gerichts allerdings in den gefährlichen Bereich der verbotenen Analogiebildung im Straf- bzw. Ordnungswidrigkeitenrecht. Als Ordnungswidrigkeit kann das vorliegende Verhalten daher rechtlich nur konstruiert werden, indem man in einem Verstoß gegen § 24 GlüStV immer auch einen Verstoß gegen § 4 GlüStV sieht. Diese Auffassung ist zur Überzeugung des Gerichts allerdings nicht tragfähig. Denn der schlichte Satz „der Betrieb einer Spielhalle entspricht sachlich der Veranstaltung eines Glücksspiels im Sinne des § 4 Abs. 1 S. 2 GlüStV“ ist zur Überzeugung des Gerichts nur behauptet, juristisch aber schwer begründbar.

Schon von der Gesetzessystematik her unterscheidet der GlüStV zwischen beiden Vorschriften, auch begrifflich. Davon abgesehen ist die Verfallsbeteiligte auch nicht Veranstalterin der in Rede stehenden Automatenspiele, sondern unbestritten die XY GmbH, welche unbestritten über eine Erlaubnis nach § 33c GewO verfügt. Würde man beide Tatbestände als mit in diesem Bereich immer dem gleichen Regelungsgehalt ansehen, so wäre zumindestens § 24 GlüStV überflüssig, was der Gesetzgeber offensichtlich anders gesehen hat, indem im Glücksspielstaatsvertrag klar zwischen dem Betrieb von Spielhallen und der Veranstaltung von Glücksspielen getrennt wird.“

Und nach weiteren Ausführungen schließt das Gericht mit dem treffenden Satz: „Unter diesen Umständen der sich kumulierenden Kritik an der Feststellung eines vorwerfbaren Verhaltens an sich war daher die Einstellung des Verfahrens zur Überzeugung des Gerichts geboten.“

Bleiben zwei Fragen: Wird die Staatsanwaltschaft nunmehr gegenüber der LDS aktiv? Und welche Motivation treibt Verwaltungsrichter an, die Erlaubnis-Regelungen des § 24 GlüStV und des sächsischen Ausführungsgesetzes als transparent zu bezeichnen?

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