VG Frankfurt am Main ändert Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs ab

Beschluss vom 28.02.2008 – 7 L 89/08.F (V)

Rechtsanwalt Marco RietdorfDas Verwaltungsgericht Frankfurt am Main hat mit Beschluss vom 28.02.2008 – 7 L 89/08F (V) – in einem von der Rechtsanwaltssozietät Redeker Sellner Dahs & Widmaier geführten Abänderungsverfahren einen Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs abgeändert und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs eines privaten Sportwettvermittlers, der Sportwetten an die in Österreich konzessionierte Firma Happybet Sportwetten GmbH vermittelt, wiederhergestellt bzw. angeordnet. Die 7. Kammer gibt damit nunmehr nicht nur Eilanträgen, sondern auch Abänderungsanträgen statt.

Die § 80 Abs. 7 VwGO statuierten Voraussetzungen werden von dem Verwaltungsgericht Frankfurt am Main unter Hinweis auf das mit Wirkung vom 01.01.2008 in Kraft getretene Hessische Glücksspielgesetz sowie den am 01.01.2008 in Kraft getretenen Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland bejaht. Das Verwaltungsgericht führt sodann aus, dass die Vereinbarkeit der angefochtenen Untersagungsverfügung mit vorrangigem Gemeinschaftsrecht zweifelhaft sei. Zur Begründung wird u.a. auf das von der Europäischen Kommission unter dem Datum des 31.01.2008 gegen Deutschland eingeleitete Vertragsverletzungsverfahren Nummer 2007/486 sowie den Vorlagebeschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 30.01.2008 – 12 A 102/06 verwiesen.

Das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main hält eine Abänderung der ergangenen Entscheidung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs ferner auch im Hinblick darauf für gerechtfertigt, dass der Hessische Verwaltungsgerichtshof mittlerweile in vergleichbaren Rechtsstreitigkeiten, die im Beschwerdeverfahren anhängig sind, anregt zu prüfen, ob den Interessen der dortigen Antragsteller nicht schneller Rechnung getragen werden könne, wenn ein Abänderungsantrag nach § 80 Abs. 7 VwGO beim Verwaltungsgericht gestellt werde. Die erkennende Kammer wertet dies als Indiz dafür, dass der Hessische Verwaltungsgerichtshof seine bisher praktizierte und von der Rechtsprechung der Kammer abweichende Rechtsprechung aufgeben könnte.

Das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main sieht sich durch diese Umstände in seiner bislang vertretenen Auffassung bestätigt und verweist abermals darauf, dass ein nationales Glücksspielmonopol nur dann gemeinschaftsrechtlich zu rechtfertigen sei, wenn für den gesamten Glücksspielsektor eine kohärente und strenge Begrenzungspolitik und eine systematische Bekämpfung der Wettsucht verfolgt werde. Unter Hinweis auf die Placanica-Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs stellt das Verwaltungsgericht zudem klar, dass der generelle Ausschluss der in einem anderen EU-Staat zugelassenen Sportwettveranstalter vom deutschen Wettmarkt und das daran geknüpfte Verbot, solche Wetten im Inland zu vermitteln, gegen zwingendes Gemeinschaftsrecht verstoße. Insoweit handele es sich um unverhältnismäßige und nicht notwendige Maßnahme zur Bekämpfung der Spielsucht. Anhaltspunkte dafür, dass private Vermittler von Sportwetten nicht die gleichen Maßnahmen zum Schutz vor Spielsucht wie die staatlichen Monopolanbieter in Hessen ergreifen könnten, existieren nach Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht. Die Anordnung des Sofortvollzuges erweise sich daher unverhältnismäßig im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs.

Abschließend weist das Verwaltungsgericht darauf hin, dass ein Eingriff in eine der grundrechtsgleichen Charakter genießenden Grundfreiheiten des Gemeinschaftsrechts nur aus schwerwiegenden Gründen des allgemeinen Interesses gerechtfertigt werden könne. Stichhaltige Gründe, die es zwingend gebieten würden, einen generellen Ausschluss des Vermittelns von EU-Sportwetten beizubehalten, seien – so das Verwaltungsgericht – von der Behörde nicht vorgetragen worden.

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