VG Chemnitz lässt Bedenken der EU-Kommission sowie einzelner Vorlagegerichte unbeachtet

Rechtsanwalt Ralf Bender
Fachanwalt für Steuer- und Strafrecht
Bender & Menken Rechtsanwälte
Mülheimer Str. 206
D - 47057 Duisburg
Das Verwaltungsgericht Chemnitz hat in einem Beschluss vom 09.01.2008 (AZ.: 3 K 995/07) judiziert, dass die Regelungen des zum 01.01.2008 in Kraft getretenen Glückspielstaatsvertrages mit nationalem Verfassungsrecht und EU-Recht vereinbar seien.

In den Entscheidungsgründen hebt das Gericht darauf ab, dass ein Verstoß gegen die Art . 43 und 49 EGV während der Übergangszeit bis zum 31.12.2007 zwar vorgelegen habe, von der Geltung des Anwendungsvorrangs des europäischen Rechtes jedoch in engen Grenzen abgesehen werden könne, sofern ein überragend wichtiges Gemeinwohlinteresse betroffen sei. Das Gericht setzt sich jedoch, wie schon andere diese Rechtsauffassung vertretende Gerichte, nicht damit auseinander, dass dem Europarecht eine solche Suspendierung des Anwendungsvorrangs fremd ist.

Zur Rechtslage ab dem 01.01.2008 äußert sich das VG Chemnitz nur in der Weise, als es die für sich genommen sicherlich verfolgenswerten Ziele des Glückspielstaatsvertrages , wie beispielsweise Suchtbekämpfung und Spielerschutz darstellt und ausführt, dass diese Ziele ausreichend seien, die Dienst- und Niederlassungsfreiheit zu beschränken.

Völlig unberücksichtigt lässt das VG Chemnitz hingegen die durchgreifenden Bedenken, wie sie schon das VG Stuttgart in seinem Vorlagebeschluss vom 24.07.2007 und wiederholt die EU-Kommission geäußert hat. Es geht mit keinem Wort auf das rechtliche Erfordernis der systematischen und kohärenten Begrenzung der Spielsucht sowie auf die tatsächliche Ausgestaltung des Glückspiels, insbesondere die gerügte uneinheitliche Regelung in Bezug auf Glückspiele mit höherem Suchtpotential wie Automaten- oder Casinospielen, ein.

Damit lässt die Entscheidung die derzeit wesentlichsten Aspekte zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Untersagung des Angebots privater Sportwetten unberücksichtigt und ist daher abzulehnen.