VG Düsseldorf: Auswahlentscheidung bei Abstandskollision mehrerer Spielhallen rechtswidrig

Rechtsanwalt Peter Aidenberger
Fachanwalt für Verwaltungsrecht
Rechtsanwaltskanzlei Bongers
Landgrafenstraße 49
D - 50931 Köln
In von der Kanzlei Bongers geführten Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf hat das Gericht mit Urteilen vom 12.03.2019 nicht nur den ablehnenden Bescheid der Beklagten bezüglich des Erlaubnisantrages der Mandantin zum Fortbetrieb ihrer Spielhalle aufgehoben, sondern ebenfalls die beiden erteilten Erlaubnisbescheide für die in Abstandskollision stehenden Spielhallen Dritter (3 K 18384/17, 1 K 18472/17 u. 3 K 18544/17).

Zwar war das Verwaltungsgericht Düsseldorf der Auffassung, dass gegen die landesrechtliche Erlaubnispflicht zum Betrieb einer Spielhalle keine verfassungs- oder unionsrechtlichen Bedenken bestehen, ebenso wenig wie gegen die Rechtmäßigkeit des Abstandsgebotes selbst, jedoch sei die von der beklagten Behörde vorgenommene Auswahlentscheidung zwischen den in Konkurrenz stehenden Spielhallenstandorten in rechtswidriger Weise erfolgt. Die beklagte Behörde wurde verpflichtet, über die entsprechenden Erlaubnisanträge der jeweiligen Betreiber/innen neu zu entscheiden.

Zur Auswahlentscheidung führte das Gericht in den Urteilsgründen aus:

„Der Bescheid ist hingegen rechtswidrig, weil sich die Auswahlentscheidung als ermessensfehlerhaft darstellt. …

Bei dieser Auswahlentscheidung gebietet es die Berücksichtigung der grundrechtlich geschützten Position der Spielhallenbetreiber, dass sich die Behörde zunächst eines Verteilmechanismus bedient, der die bestmögliche Ausschöpfung der bei der Beachtung der Mindestabstände verbleibenden Standortkapazität in dem relevanten Gebiet ermöglicht. Nur soweit danach noch verschiedene Auswahlmöglichkeiten verbleiben, hat die Behörde zwischen diesen Spielhallen eine komplexe Abwägungsentscheidung zu treffen.

Eine solche Auswahlentscheidung muß anhand sachlich gerechtfertigter Gründe getroffen werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ergibt sich aus dem Gesamtzusammenhang der Regelungen, dass bei der Auswahlentscheidung die mit der Neuregelung verfolgten und in § 1 GlüStV, § 1 AG GlüStV NRW niedergelegten Ziele zu beachten sind sowie den individuellen Rechtspositionen der Spielhallenbetreiber zureichend Rechnung zu tragen ist. Aus diesem Grund ist nicht zu beanstanden, wenn die Behörde in einer Auswahlentscheidung darauf abstellt, welcher Spielhallenbetreiber die vorgenannten Ziele prognostisch am ehesten erreichen wird. Es bedarf insoweit, wie in Auswahlverfahren üblich, einer weiteren Ausschärfung der Leistungskriterien durch die Behörde.

Ebenso kann auf das schutzwürdige Vertrauen der Spielhallenbetreiber in Anknüpfung an den Zeitpunkt der Erteilung der Erlaubnis nach § 33 i GewO abgestellt werden. Die herangezogenen Kriterien bedürfen sodann einer aus der Auswahlentscheidung ersichtlichen Gewichtung. Aufgrund der geforderten Abwägung ist das Heranziehen und Berücksichtigung eines einzigen Kriteriums unzureichend. …

Die anhand der vorstehend dargelegten Parameter zu treffende Auswahlentscheidung ist eine (nur) nach Maßgabe des § 114 VwGO der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegende Ermessensentscheidung der Behörde. Den dargestellten Anforderungen wird die von der Beklagten getroffene Auswahlentscheidung nicht gerecht. …

Die von der Beklagten der Abwägungsentscheidung zugrunde gelegten Kriterien erweisen sich im Wesentlichen als sachgerecht, da sie sich an den Zielen des Glücksspielvertrages orientieren. Allerdings ist die bei der Beachtung dieser Kriterien begründete Entscheidung nicht nachvollziehbar, da es zum einen an einer konkreten vergleichenden Betrachtung der konkurrierenden Spielhallen sowie einer Gewichtung der von ihr gewählten Kriterien fehlt und sie zum anderen der Entscheidung einen falschen Sachverhalt zugrunde gelegt hat.“

Es bleibt abzuwarten, welches Ergebnis eine neue Auswahl durch die Behörde basierend auf einem Abwägungsschema und zulässigen Sachkriterien haben wird.

In der Begründung des Gerichts zur Auswahlentscheidung ist nicht nachvollziehbar, warum das Verwaltungsgericht Düsseldorf der Auffassung ist, dass sich die Sachkriterien aus dem Gesetz selbst ergeben, somit dem Gesetzesvorbehalt Genüge getan wird. Soweit das Verwaltungsgericht Düsseldorf die Auffassung vertritt, dass sich bereits aus den Zielen des Glücksspielstaatsvertrages eine Rückgriffsmöglichkeit auf gesetzlich normierte Sachkriterien ergeben würde, so ist dies für die Einhaltung des Gesetzesvorbehaltes kaum ausreichend. Im Übrigen hat bei vergleichbarer gesetzlicher Ausgangslage im Ausführungsgesetz in Niedersachsen das OVG Lüneburg keine ausreichende gesetzliche Grundlage für eine Auswahlentscheidung gesehen, so dass der Landesgesetzgeber in Niedersachsen gehalten war, eine entsprechende Gesetzesänderung auf den Weg zu bringen.

Die Berufung wurde durch das VG Düsseldorf zugelassen.