Sächsisches OVG Bautzen: Niederlage für „bwin.com“

Rechtsanwalt Dr. Manfred Hecker
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht
CBH - Rechtsanwälte
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Der Sportwettenanbieter „bwin.com“ (bwin Interaktive Entertainment AG, Wien) darf das gleichnamige Sportwettenangebot in Sachsen nicht länger anbieten und bewerben.

Mit Beschluss vom 12.12.2007 (Az.: 3 BS 311/06) hat das Sächsische Oberverwaltungsgericht in Bautzen den in einem Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO ergangenen Beschluss des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 16.11.2006 (Az.: 3 K 1059/06) vollständig abgeändert und den Antrag des Sportwettenanbieters „bwin.com“ auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs gegen eine Schließungsverfügung des Sächsischen Innenministeriums abgelehnt. Die Vorinstanz hatte dem Antrag in erster Instanz noch in vollem Umfang stattgegeben. Mit der Schließungsverfügung hatte das Innenministerium des Freistaats Sachsen „bwin.com“ die Vermittlung und Veranstaltung von Sportwetten sowie die Werbung hierfür untersagt.
Seinen Beschluss begründete das Sächsische Oberverwaltungsgericht folgendermaßen:

Das über die Internetpräsenz „bwin.com“ vertriebene gleichnamige Sportwettenangebot auf dem Gebiet des Freistaats Sachsen stellt die Veranstaltung eines illegalen Glücksspiel i. S. d. § 284 Abs. 1 StGB dar. Dieses Sportwettenangebot sei illegal, da weder die bwin Interaktiv Entertainment AG noch deren in Gibraltar ansässige 100 %ige Tochtergesellschaft bwin International Ltd. über die erforderliche behördliche Erlaubnis des Freistaates zur Veranstaltung von Sportwetten in Sachsen verfüge. Als eine solche Erlaubnis könne insbesondere nicht die der bwin International Ltd. in Gibraltar von den dortigen Behörden ausgestellte Lizenz zur Vermittlung und Veranstaltung von Sportwetten angesehen werden. Dies stehe nach der Rechtsprechung des EuGH in der Rechtssache Placanica fest. Mit dieser Entscheidung hält der Europäische Gerichtshof nämlich an seiner bereits zuvor entwickelten Rechtsprechung fest, wonach Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit auf dem Gebiet des Glücksspielsektors aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind. Es steht daher den Mitgliedsstaaten frei, die Ziele ihrer Politik auf dem Gebiet der Glücksspiele festzulegen und ggf. das angestrebte Schutzniveau genau zu bestimmen.

Nach Auffassung des OVG Bautzen stehen der durch „bwin.com“ angegriffene Untersagungsverfügung des Freistaats Sachsen auch weder verfassungs- noch europarechtliche Bedenken entgegen. Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Urteil vom 28.03.2006, Az. 1 BvR 1054/01, ZfWG 2006, 16 ff.) führt das OVG Sachsen aus, dass der Freistaat Sachsen das vom Bundesverfassungsgericht geforderte notwendige Mindestmaß an Konsistenz zwischen der Begrenzung der Wettleidenschaft und der Bekämpfung der Wettsucht einerseits sowie der tatsächlichen Ausübung des staatlichen Monopols andererseits schrittweise hergestellt habe. Der Staat habe die Übergangszeit nicht zu einer expansiven Vermarktung von Wetten genutzt, sondern untersagt, dass das Angebot staatlicher Wettveranstaltungen erweitert wird und dass die Werbung über sachliche Informationen zu Art und Weise der Wettmöglichkeit hinaus gezielt zum Wetten auffordert. Darüber hinaus habe die staatliche Lotterieverwaltung umgehend aktiv über die Gefahren des Wettens aufgeklärt.

Vor diesem Hintergrund könne sich die bwin Interaktiv Entertainment AG nicht mit Erfolg auf Verfassungs- oder Europarechtsverstöße stützen.
Im Ergebnis verpflichtet das OVG Sachsen „bwin.com“ dazu, dafür Sorge zutragen, dass Personen, die sich im Freistaat Sachsen aufhalten, nicht an dem Wettangebot auf bwin.com teilnehmen können. Dies sei „bwin.com“ in rechtlicher Hinsicht ohne Weiteres möglich, so dass es auf die tatsächliche Umsetzbarkeit der Unterlassungsverfügung nicht ankomme. „bwin.com“ habe es nämlich in der Hand, den Abschluss von Wettverträgen mit Personen, die sich auf dem Gebiet des Freistaats Sachsen befinden, dadurch zu unterbinden, dass „bwin.com“ auf den Abschluss dieser Verträge gerichtete Willenserklärungen ausdrücklich ablehnt und darauf im Eingangsportal der Internetseite deutlich hinweist. Dies könne beispielsweise umgesetzt werden, indem jeder Wettinteressent für die Anmeldung versichern müsse, dass er sich in diesem Moment nicht in Sachsen aufhält und dass ein Hinweis erfolge, dass, wenn dies nicht der Fall sein sollte, kein rechtswirksamer Vertrag zu Stande kommen könne.

Dieses de-facto-Verbot des Anbietens von Sportwetten unter bwin.com im Freistaat Sachsen wird flankiert von einem entsprechenden Werbeverbot. Danach bleibt es bwin.com untersagt, sein Angebot auf dem Hoheitsgebiet Sachsens zu bewerben.