VG Gelsenkirchen ändert Rechtsauffassung: Sachbescheidungsinteresse für Bauantrag bei Abstandskollision zu anderer Wettvermittlungsstelle gegeben

Rechtsanwalt Peter Aidenberger
Fachanwalt für Verwaltungsrecht
Rechtsanwaltskanzlei Bongers
Landgrafenstraße 49
D - 50931 Köln
In einem von der Kanzlei Bongers geführten Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen konnte auf entsprechenden Hinweis des Vorsitzenden der 9. Kammer ein für den Kläger günstiger Vergleich mit der beklagten Stadt getroffen werden. Die Beklagte verpflichtete sich, dem Kläger den begehrten Bauvorbescheid für die Nutzungsänderung in ein Wettbüro zu erteilen. Zuvor hatte die Beklagte den Nutzungsänderungsantrag abgelehnt mit dem Argument, dass in der unmittelbaren Nachbarschaft und in einem Abstand von weniger als 200 Metern Luftlinie bereits eine Wettvermittlungsstelle eines Dritten vorhanden sei. Die Beklagte stützte sich dabei auf § 22 Abs. 1 GlüSpVO NRW, der bestimmt, dass eine glücksspielrechtliche Erlaubnis zum Betrieb einer Wettvermittlungsstelle nicht erteilt werden kann, wenn in einem Mindestabstand von 200 Metern bereits eine andere Wettvermittlungsstelle vorhanden sei. Der Kläger als Bauantragsteller habe in Fällen dieser Art kein Sachbescheidungsinteresse an der Erteilung einer Baugenehmigung, da er von dieser aufgrund der glücksspielrechtlichen Regelung gar keinen Gebrauch machen könne.

Soweit neben dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen u.a. auch das Verwaltungsgericht Düsseldorf in der Vergangenheit diese Rechtsauffassung der Baubehörden bestätigt hatten, hat nun das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen unter Bezugnahme auf eine aktuelle Entscheidung des OVG NRW seine Rechtsauffassung geändert. In einem von dem Kollegen Herrn Rechtsanwalt Bidjanbeg geführten Berufungszulassungsverfahren gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichtes Düsseldorf hatte jüngst das OVG NRW die Berufung mit Beschluss vom 16.11.2018 (10 A 2701/17) wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des VG Düsseldorf zugelassen: Ein Sachbescheidungsinteresse für die beantragte Baugenehmigung zur Nutzungsänderung der dort in Rede stehenden Wettannahmestelle könne nicht unter Bezug auf die Abstandsregelung zwischen Wettvermittlungsstellen verneint werden. Das OVG begründet dies mit Blick darauf, das auf absehbare Zeit ein unionsrechtskonformes Erlaubnisverfahren für private Sportwettenvermittler in NRW nicht zur Verfügung stehe und verwies dabei auf entsprechende Urteile des OVG aus der Vergangenheit (z.B. OVG NRW, Urteil vom 23.01.2017 – 4 A 3244/06 ). Zum jetzigen Zeitpunkt könne nicht sicher festgestellt werden, dass die begehrte Baugenehmigung für den jeweiligen Bauantragsteller offensichtlich keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile bringen würde. Sie sei entgegen der Ansicht der Baubehörde nicht nutzlos. Zum jetzigen Zeitpunkt ist völlig offen, wer in einem späteren Erlaubnisverfahren auf Erteilung einer Vermittlererlaubnis diese tatsächlich erhält.

Im Übrigen hatten andere Gerichte bereits in den vergangenen Jahren geurteilt, dass glückspielrechtliche Fragen wie das Abstandsgebot in Bauverfahren grundsätzlich aussen vor bleiben müssen. So hatte das VG Neustadt mit Urteil vom 09.05.2016 (4 K 478/15.NW) bereits entschieden, dass es sich bei den Mindestabstandsregelungen im Glücksspielbereich nicht um bodenbezogene Anforderungen handele. Eine Prüfung in Baugenehmigungsverfahren würde daher generell nicht stattfinden.

Es ist zu hoffen, dass Bauantragsverfahren nicht mehr auf Grundlage einer solchen Argumentation verzögert werden.