LG Marburg hält die grenzüberschreitende Sportwettenvermittlung an einen in der EU staatlich konzessionierten Buchmacher in der Übergangszeit für straffrei

Auch das Landgericht Marburg hält die grenzüberschreitende Sportwettenvermittlung an einen in der EU staatlich konzessionierten Buchmacher in der Übergangszeit für straffrei. Das Landgericht Marburg hatte über eine von RA Pawlik eingelegte Beschwerde gegen eine Durchsuchungsanordnung des Amtsgerichts Marburg vom 20.12.2006 zu entscheiden. Das Landgericht hob den Durchsuchungsbeschluss auf und stellte die Rechtswidrigkeit der Hausdurchsuchung fest.

Das Landgericht Marburg führt zur Strafbarkeit wörtlich aus:

„Auch bezüglich der nach diesem höchstrichterlichen Urteil allenfalls noch in Betracht kommenden sog. Neufälle, also –soweit hier interessierend- die Vermittlung von Sportwetten an ausländische Wetthalter mit dortiger Konzession im EU-Bereich nach Verkündung bzw. Bekanntwerden der Entscheidung des BVerfG vom 28.03.2006, verneinen eine Mehrzahl von Gerichten bereits eine Strafbarkeit nach § 284 StGB unter objektiven Gesichtspunkten (vgl. etwa LG Berlin, Beschluss vom 21.08.2006, 526 Qs 218/06-grundsätzlich auch nach der Entscheidung des BVerfG vom 28.03.2006, LG Ravensburg, Beschluss vom 22.12.2006- 1 Qs 106/06- Tatzeitraum wohl August-September 2006, OLG Hamburg, Beschluss vom 05.07.2007 1 Ws 61/07 Tatzeitraum Mai-Oktober 2006, LG Aschaffenburg, Beschluss vom 22.05.2007 –Qs 62/07 –Tatzeitraum bis Januar 2007). Die dagegen für solche Neufälle von der Staatsanwaltschaft weitgehend unter Bezug genommenen verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen insbesondere des Hess. VGH (a.A. insoweit OVG des Saarlouis NVwZ 2007, 717; Bay BGH, Urteil vom 10.07.2006 – 22 BV 05.457 – zit. Nach juris ) sind hingegen nach der von dem Bundesgerichtshof (a.a.O.) vorgenommenen Differenzierung zwischen dem Ordnungsrecht und dem Strafrecht allenfalls von mittelbarer Bedeutung. In strafrechtlicher Hinsicht ist es, worauf in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung teilweise hingewiesen wird, wohl eher unerheblich, ob die Bundesländer und/oder die von ihnen in privatrechtlicher Form betriebenen Veranstalter faktisch – etwas durch die Beschränkung der Werbung für Sportwetten oder Hinweise auf Suchtgefahren – mit der Umsetzung der vom BVerfG vorgegebenen Maßnahmen begonnen haben oder sie erfüllen. Eine Bestrafung nach § 284 StGB wird erst dann möglich sein, wenn der Gesetzgeber –wie vom Bundesverfassungsgericht verlangt ein etwaiges staatliches Sportwettmonopol auf eine verfassungsgemäße gesetzliche Grundlage gestellt hat (OLG Hamburg, a.a.O. unter Bezugnahme auf Widmaier: Strafrechtliche Konsequenzen aus dem Urteil des BVerfG vom 28.03.2006, Rechtsgutachten vom 05.05.2007, S. 12; LG Frankfurt/M., NStZ-RR 2007, 201, 202). Daneben weisen die Strafgerichte immer wieder auf die in subjektiver Hinsicht nahe liegende Annahme eines unvermeidbaren Verbotsirrtums eines Beschuldigten nach § 17 StGB hin. Auch wenn der hier schon im verwaltungsrechtlichen Verfahren anwaltlich vertretene Beschuldigte vorliegend durch die Untersagungs und Einstellungsverfügung des Landkreises Marburg-Biedenkopf vom 28.08.2006 auf die aus der Sicht der Verwaltungsbehörde bestehende Rechtslage hingewiesen worden ist, durfte der Beschuldigte aufgrund der umstrittenen Rechtsfragen und der kontroversen Rechtsprechung hierzu –insbesondere zur Bedeutung einer von einem EU-Mitgliedsstaat (hier Malta) erteilten behördlichen Erlaubnis (wovon hier wegen nicht vorliegender anders lautender Ermittlungsergebnisse auszugehen ist)- erhebliche Zweifel jedenfalls an der Strafbarkeit ihres Verhaltens haben. Der Beschuldigte wird vorliegend, was aus dessen Schriftsätzen und den von ihm vorgelegten Entscheidung und Unterlagen folgt, von einem mit den einschlägigen Rechtsfragen vertrauen Rechtsanwalt beraten. Einen Anlass, an der Richtigkeit von dessen Rechtsrat zu zweifeln, dürfte er nicht haben (vgl. etwa OLG Hamburg, a.a.O.; BGH, a.a.O.). Dementsprechend hat der BVerfG die Frage, ob sich ein Sportwettenvermittler nach seinem Urteil vom 28.03.2006 nach § 284 StGB strafbar macht, den Fachbereichten, also der Strafrechtsrechtsprechung und nicht den Verwaltungsgerichten, zugewiesen.“

Dieter Pawlik
Rechtsanwalt

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