Fahrplan der Gerichte für 2008 – volle Kohärenzprüfung „Neuer Wein in neuen Schläuchen“

Der VDSD e.V. hatte sich in einer Pressemeldung zu einer interessanten Kostenentscheidung des BVerfG vom 22.10.2007 geäußert. Die Reaktion hierauf kam prompt in einem Beitrag von Dr. Manfred Hecker, welcher die Ausführungen als von einseitigem, „lobbyistischen Berichtsinteresse belastet“ sah.

Der VDSD kann diese Heftigkeit nicht nachvollziehen. Glaubt man den weiteren Ausführungen des Autors, so können nämlich sinngemäß mit aller Gelassenheit die weiteren Umsetzungsmaßnahmen des Glücksspielstaatsvertrages abgewartet werden, so dass ab dem 01.01.2008 mit einer verfassungs- und europarechtskonformen Rechtslage gerechnet werden kann.

Bei genauer Analyse der Situation im Glücksspielbereich bestehen gerade hieran erhebliche Zweifel und lassen vermuten, dass eben gerade diese Gelassenheit abhanden gekommen ist. Die Situation ist vielmehr so, dass sich Anzeichen für eine unklare rechtliche Situation ab 01.01.2008 häufen und nicht ignoriert werden können.

Tatsächlich stellt sich die Situation so dar, dass in einer Vielzahl von Landesparlamenten der Gesetzgebungsprozess durch mündliche und schriftliche Anhörungen ins Stocken geraten ist. Zum Teil ist noch nicht einmal geklärt, welche Behörde für den Vollzug der Ausführungsgesetze zuständig ist. Gleichzeitig treten erste schmerzhafte Einnahmeausfälle für den Sport infolge der Umsatzeinbußen auf, welche frühzeitig prognostiziert, jedoch scheinbar ignoriert wurden.

Die bekräftigten Bedenken der EU-Kommission gegen den Glücksspielstaatsvertrag zeigen Wirkung. Eine Vielzahl von Verwaltungsgerichten hat von der Vorlagemöglichkeit gebrauch gemacht und Entscheidungen an den EuGH vorgelegt. Entscheidungen hierzu stehen aus.

Einige Länder befinden sich in der Frage der Notifizierungspflicht in einer problematischen Situation. Was hieraus konkret für die rechtliche Situation ab 2008 folgt, ist noch nicht im Detail bekannt. Die Anwendung der Ausführungsgesetze könnte jedoch fraglich sein.

Schließlich ist ab dem 01.01.2008 zu prüfen, ob das vom BVerfG in seiner Entscheidung vom 28.03.2006 monierte Regelungsdefizit tatsächlich durch den Glücksspielstaatsvertrag und die Ausführungsgesetze zu einer widerspruchsfreien Gesamtregelung hingeführt ist. Der VGH Kassel hat hier in einem Beschluss vom 08.11.2007, Az.: 7 TG 1845/07, den Fahrplan einer gerichtlichen Prüfung festgelegt und mitgeteilt, dass dann die volle Kohärenz Prüfungsmaßstab einer Rechtfertigung des Glücksspielmonopols ist.

Weiterhin stellt sich die Frage, ob die dann einhergehende Ausübung des Monopols durch die Gesellschaften des DTLB den Kriterien genügt, die einen gerechtfertigten Ausschluss privater Anbieter begründen.

Angesichts der Präsenz der Annahmestellen und des aktuellen Angebots von Jackpots bestehen hieran Zweifel. Ob quasi über Nacht eine Änderung von einer nur dem „Mindestmaß an Konsistenz“ entsprechenden zu einer dem Vollmaßstab gerechten Regelung und Ausübung herbeigeführt werden kann, bleibt abzuwarten. Ob die nur geringfügige Ausdünnung des Netzes der Annahmestellen ausreichend ist, wird sicher noch die Gerichte beschäftigen.

Auch die Situation um die Lotto Rheinland-Pfalz GmbH bleibt spannend. Kann hier rechtzeitig, noch vor dem 31.12.2007 eine rechtssichere Übertragung an das Land erfolgen? Die Folgen für den Glücksspielstaatsvertrag, im Fall, dass die Lotto Rheinland-Pfalz GmbH nicht mehrheitlich vom Land übernommen werden kann, sind ebenso nicht abzusehen.

All diese Unwägbarkeiten lassen bei einem vorsichtigen Betrachter Zweifel aufkommen, ob tatsächlich die Gelassenheit vorhanden ist, die vorgegeben wird. Kann unter diesen Umständen mit einer verfassungs- und europarechtskonformen Rechtsgrundlage pünktlich zum 01.01.2008 gerechnet werden?

Verstärkt wird dieser Zweifel auch durch eine Betrachtung der Situation im übrigen EU-Bereich. In Frankreich beginnen Gespräche zur Schaffung einer EU-konformen Lösung. Italien hat sich bewegt. Auch Schweden scheint sich zukünftig vom staatlichen Monopol lösen zu wollen. Ob daher in einem europäischen Umfeld ein Glücksspielmonopol auf Dauer haltbar und zukunftsfähig ist, bleibt kritisch abzuwarten.

Wie der VDSD bereits mitteilte, hat die Sportwetten Gera GmbH neben anderen Veranstaltern, welche mit DDR Lizenz tätig sind, eine Feststellungsklage am Verwaltungsgericht Gera erhoben – basierend auf einem Rechtsgutachten von Prof. Dr. Horn. Dieses bereits rechtshängige Verfahren wird grundsätzlich klären, ob die Sportwetten Gera GmbH überhaupt von den neuen Regelungen betroffen ist.

In jedem Fall werden letztlich die Gerichte alle diese Fragen prüfen. Ob damit am 01.01.2008 wirklich mit einer rechtssicheren Lösung im Glücksspielbereich gerechnet werden kann, bleibt abzuwarten. Der VDSD rechnet nicht damit.

Wir werden daher unsere Mitglieder und die Öffentlichkeit weiter über aktuelle Entwicklungen informieren.

VDSD e.V.
Nitzschke
Vorstand