Wissenschaftlicher Dienst hegt erhebliche rechtliche Zweifel gegen Glückspielstaatsvertrag

Rechtsanwalt Ralf Bender
Fachanwalt für Steuer- und Strafrecht
Bender & Menken Rechtsanwälte
Mülheimer Str. 206
D - 47057 Duisburg
Der wissenschaftliche Dienst des schleswig-holsteinischen Landtages hat sich in einem Gutachten v. 11.10.2007 (Umdruck 16/2460) kritisch zur Verfassungs- und Europarechtskonformität des Glückspielstaatsvertrages geäußert.

Hierbei hat er hervorgehoben, dass von der sowohl durch den EUGH als auch das BVerfG geforderten systematischen und kohärenten Begrenzung der Spielsucht solange keine Rede sein könne, wie suchtrelevantere Glückspielformen (Automaten etc.) keine entsprechende Neuregelung erfahren. Hiermit erteilt eine weitere, sicherlich des Lobbyismus der privaten Anbieter gänzlich unverdächtige Institution der Vorgehensweise der Länder eine klare Absage und bestätigt, wie schon die 4. Kammer des VG Stuttgart in ihrem Vorlagebeschluss v. 24.07.2007, dass diese sektorale und widersprüchliche Vorgehensweise keine geeignete Begrenzungsmaßnahme darstellt.

Daneben weist der wissenschaftliche Dienst aber noch auf eine Reihe weiterer verfassungsrechtlicher Bedenken hin, welchen bislang kaum Aufmerksamkeit geschenkt wurde.

Im Bereich der privaten Spielevermittlung sei die Regelung des § 4 Abs. 2 GlüStVnicht ausreichend bestimmt. Die Behörde könne der Vorschrift nicht entnehmen, wann die Genehmigung zwingend zu versagen sei. Die Bestimmung lasse „weder klare tatbestandliche Genehmigungsvoraussetzungen erkennen, noch wird ein Sinn und Zweck des behördlichen Versagungsermessens erkennbar“.

Weiter trage die Regelung dem Vorbehalt des Gesetzes und dem Grundsatz der Gewaltenteilung, zwei weiteren verfassungsrechtlich verbrieften Rechtsgrundsätzen, nicht Rechnung. Da es sich um Eingriffe in die Berufsfreiheit handele, habe ein Bewerber, sofern ein Versagungsgrund nicht vorliege, einen Anspruch auf Genehmigung. Der GlüStV sehe jedoch selbst in diesem Falle eine Ermessensentscheidung der Behörde vor. Damit werde im Ergebnis eine gerichtliche Kontrolle unmöglich.

Auch hegt der wissenschaftliche Dienst verfassungsrechtliche Zweifel am Regelungsgehalt des § 29 Abs. 1 GlüStV, der den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Vertrages normiert. So könne der Vertrag aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht unabhängig von der Zustimmung einzelner (bis zu 3) Bundesländer für alle Bundesländer in Kraft treten, da dies dem Grundsatz der Bundesstaatlichkeit widerspreche. Es gelte der Grundsatz der Einstimmigkeit.

Schließlich sei nach der schleswig-holsteinischen Landesverfassung ein Zustimmungsgesetz erforderlich, durch welches der Ministerpräsident durch das Parlament zur Ratifizierung ermächtigt wird. Erhalte er diese nicht, dürfe er nicht mehr ratifizieren.