OVG Hamburg bestätigt Zulässigkeit des Sportwettmonopols – Kritik der EG-Kommission unbegründet

Rechtsanwalt Dr. Ulf Hellmann-Sieg

Rechtsanwälte Klemm & Partner
Reetwerder 23A
D - 21029 Hamburg
Mit Beschluss vom 01.Juni 2007 (Az. 1 Bs 107/07) hat das OVG Hamburg erneut bekräftigt, dass die Untersagungsverfügungen gegen private Sportwettanbieter rechtmäßig sind. Insbesondere werden die Maßgaben des Bundesverfassungsgerichts aus dem Urteil vom 28.03.2006 eingehalten. Das derzeitige Werbeverhalten wird ausdrücklich nicht beanstandet.

Bemerkenswert ist der Beschluss des OVG Hamburg gerade deshalb, weil ausdrücklich auf die Stellungnahmen der Kommission im Notifizierungsverfahren betreffend den aktuellen Entwurf des Staatsvertrags sowie im Vertragsverletzungsverfahren eingegangen wird. Insbesondere dem Vorwurf, dass die deutschen Behörden keine konsistente und systematische Politik auf dem Gebiet der Glücksspiele betreiben, wird vom OVG Hamburg eine deutliche Abfuhr erteilt.

„Dies wie auch der Hinweis auf die eher expansive Durchführung der Lottospiele ändern aber nichts daran, dass die Eignung des Sportwettmonopols, zur Bekämpfung der Spielsucht beizutragen, (…) gesondert für den Glückspielsektor der Sportwetten zu prüfen ist.“

Ausführlich:

„Es kommt nicht darauf an, ob die Antragsgegnerin auch in anderen Sektoren des Glückspielmarkts, insbesondere im Bereich des Lotto und Toto sowie der Spielbanken und der Geldspielgeräte, das Ziel einer Verminderung der Spielgelegenheiten verfolgt (a.A. OVG Saarlouis, Beschl. vom 4.4.2007, 3 W 23106). Der Europäische Gerichtshof (a.a.O. Rn 53) hat nicht verlangt, dass die Zahl der Wirtschaftsteilnehmer nur begrenzt werden darf, wenn nicht nur in einem Teilbereich des Gesamtmarktes für alle Glückspiele die Tätigkeiten kohärent und systematisch begrenzt werden, sondern in allen unterschied­lichen Glückspielmärkten. Der Europäische Gerichtshof (a.a.O.Rn 72), der eine Kontrolle der jeweiligen einzelnen Regelungen verlangt, spricht vielmehr in seiner Antwort auf die Vorlagefragen ausdrücklich von den „Glückspielsektoren“. Er verweist in R> 53 zur Be­gründung seines Grundsatzes, dass die Beschränkungen in jedem Fall dem Anliegen gerecht werden müssen, die Gelegenheiten zum Spiel wirklich zu vermindern und die Tätigkeiten in diesem Bereich kohärent und systematisch zu begrenzen, ausdrücklich auf die Randziffern 62 und 67 seines Urteils vom 6.112003, C 24310, – Gambelli -. Dort hat er ausdrücklich darauf abgestellt, dass die Maßnahmen, zur Begrenzung der Wetttätigkeiten beitragen müssen. Es ist zulässig, auch Gefahren in einem Sektor der Glückspiele zu bekämpfen, wenn es an einem kohärenten Gesamtkonzept für die gleichzeitige Suchtprä­vention in anderen Glückspielbereichen fehlt. Da es sich um unterschiedliche Märkte mit einem unterschiedlichen Spielsuchtpotenzial handelt, darf der Staat für die einzelnen Be­reiche gesonderte Einzelkonzepte entwickeln.“

Nicht haltbar ist zudem der Vorwurf der EG-Kommission, „es lägen keinerlei Nachweise für ein Risiko oder zumindest potenzielles Risiko der Spielsucht für die 20 Millionen Menschen vor, die jede Woche in Deutschland Lotto spielen oder auf Sportwetten setzen. Immerhin belief sich die Zahl der Spielsüchtigen nach einer von der Kommission zitierten Schätzung des Instituts für Therapieforschung und der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen auf 90.000. Wenn nach dem in dem Schreiben der Kommission genannten Abschlussbericht der Universität Bremen, Institut für Psychologie und Kognitionsforschung, vom Mai 2005 ein irrationales Suchtverhalten bei Lotterien kaum zu beobachten ist, aber das Risiko für Sportwetten höher eingeschätzt wird, spricht dies gerade für eine gesonderte Betrachtung der einzelnen Glückspielsektoren. Die Behörden müssen nicht abwarten, bis die durch Sportwetten, deren Anteil am Gesamtspielumsatz in Deutschtand nach dem Schreiben der Kommission Lediglich 5 ausmachen soll, verursachte Spielsucht mit der Ausweitung des Spielangebots ein quantitativ auch im Vergleich mit anderen Suchtverhalten großes Ausmaß angenommen hat. Zu bedenken ist, dass die Zulassung privater Sportwettveranstalter das Wettangebot und den Wettmarkt erheblich ausdehnen kann und damit ein erhebliches Gefährdungspotential beinhaltet. Das Vorbringen der Antragstellerin trifft nicht zu, es gebe keine Untersuchungen zu den Suchtge­fahren von Sportwetten. Die Kommission berichtet aus der dem Bundesverfassungsge­richt vorgelegten Studie von Meyer (2005) „Gefährdungspotenzial von Lotterien und Sportwetten“, in der von den untersuchten 828 Fällen problematischen Spielverhaltens 8 auf die Sportwetten entfielen. Das Ausmaß der Spielsucht kann mit der Ausweitung des Wettmarktes beträchtlich steigen. Nach allem teilt das Beschwerdegericht die Auffas­sung der Kommission nicht, die mit dem Sportwettmonopol verbundene Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit sei nicht durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt.“

Die ausführlich begründete Entscheidung des OVG Hamburg dürfte wegweisend sein für die Beibehaltung des Sportwettmonopols.

Download der Entscheidung im Volltext unter:
http://www.klemmpartner.de/news/631/