Spielhallen: EC Karten-Automat und Erlaubnispflicht – Vorlage an den EuGH

Ein Beitrag von Rechtsanwalt Rolf Karpenstein (7.8.2017)

Der Spuk einer Konzessions- oder Erlaubnispflicht nach dem ZAG (Gesetz über die Beaufsichtigung von Zahlungsdiensten) erfährt in Kürze sein endgültiges Ende. Der EuGH wird in einem von mir mit den Kollegen Keck und Steiner betriebenen Vorlageverfahren nach Art. 267 AEUV wohl Ende 2017 oder Anfang 2018 verbindlich bestätigen, dass der Betrieb eines EC-Karten-Terminals in einer Spielhalle mit einem Dienstleister, der die zahlungstechnischen Abwicklungen übernimmt, entgegen der Thesen einiger Behörden und Gerichte keineswegs erlaubnispflichtig nach dem ZAG ist. Die Richtlinie über Zahlungsdienste, die diesen Bereich abschließend harmonisiert, sieht nämlich eine solche Erlaubnispflicht gerade nicht vor. Spielhallenbetreiber sollten gezahlte Sanktionen über den unionsrechtlich in Staatshaftungsanspruch zurückverlangen. Die unionsrechtliche Rechtslage ist eindeutig, auch aus Sicht der EU-Kommission und der Belgischen Regierung, die sich im Verfahren geäußert haben.

Besonders pikant: In der Thematik „EC-Karten-Terminal in Spielhallen“ hatten sich nicht nur einige Staatsanwälte ohne Augenmaß und ohne Beachtung der Richtlinie über Zahlungsdienste ordentlich verhoben, sondern auch mehrere Gerichte. Das OLG Stuttgart (2. Strafsenat), der Bundesgerichtshof (1. Strafsenat) sowie das Bundesverfassungsgericht haben darüber hinaus ihre letztinstanzliche Vorlagepflicht (Art. 267 Abs. 3 AEUV) verletzt. Sie haben eine Erlaubnispflicht nach dem ZAG unterstellt, ohne ihre Vorlagepflicht als letzte Instanz überhaupt zu erwähnen. Das ist Willkür in reinster Form.

Nunmehr ist es – wie im Bereich des GlüÄndStV das aufrechte Amtsgericht Sonthofen – wieder ein aufrechtes Amtsgericht, das die Wahrung des Unionsrechts übernimmt und die auf der Hand liegenden Widersprüche zwischen der Annahme einer Erlaubnispflicht zum Betrieb eines EC-Kartenterminals in einer Spielhalle und der Richtlinie über Zahlungsdienste dem EuGH mit folgenden Fragen vorlegt:

1. Ist Artikel 3 Buchst. o der Richtlinie über Zahlungsdienste im Binnenmarkt (Richtlinie 2007/64/EG) dahin auszulegen, dass die in einer staatlich konzessionierten Spielhalle bestehende Möglichkeit, Bargeld an einem Cash-Terminal, das zugleich ein Geldwechsler ist, mit EC-Karte und PIN abzuheben, wobei die bank- und kontotechnische Abwicklung von einem externen Dienstleister („Netzbetreiber“) vorgenommen wird und die Auszahlung an den Kunden erst erfolgt, wenn der Netzbetreiber nach Prüfung der Kontodeckung einen Authorisierungscode an das Terminal schickt, während der Spielhallenbetreiber lediglich den multifunktionalen Geldwechsler mit Bargeld befüllt und von der kontoführenden Bank des Geld abhebenden Kunden eine Gutschrift in Höhe des abgehobenen Betrages erhält, eine Tätigkeit im Sinne von Art. 3 Buchst. o der Richtlinie und damit nicht erlaubnispflichtig ist?

2. Sollte die in Frage 1 beschriebene Tätigkeit keine Tätigkeit im Sinne von Art. 3 Buchst. o sein:
Ist Artikel 3 Buchst. e Richtlinie 2007/64/EG dahin auszulegen, dass die in Frage 1 geschriebene Möglichkeit zur Bargeldabhebung mit PIN eine Tätigkeit im Sinne dieser Bestimmung ist, wenn zeitgleich mit der Bargeldabhebung ein Gutschein i. H. v. 20 € generiert wird, welcher bei der Aufsicht der Spielhalle einzulösen ist, um einen Geldspielautomaten durch die Hallenaufsicht mit Münzen zu bestücken?

3. Für den Fall, dass die in den Fragen 1 und 2 beschriebene Tätigkeit keine durch Artikel 3 Buchst. o und/oder e vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgenommene Tätigkeit sein sollte:

3a. Ist Nummer 2 des Anhangs zur Richtlinie 2007/64/EG dahin auszulegen, dass die in den Fragen 1 und 2 beschriebene Tätigkeit des Betreibers der Spielhalle ein erlaubnispflichtiger Zahlungsdienst ist, obwohl der Betreiber der Spielhalle kein Konto des Geld abhebenden Kunden führt?

3b. Ist Artikel 4 Nr 3 der Richtlinie 2007/64 dahin auszulegen, dass die in den Fragen 1 und 2 beschriebene Tätigkeit des Betreibers der Spielhalle ein Zahlungsdienst in Sinne dieser Regelung ist, wenn der Betreiber der Spielhalle den Service kostenlos zur Verfügung stellt?

Für den Fall, dass der Gerichtshof die dargestellte Tätigkeit als erlaubnispflichtigen Zahlungsdienst ansehen sollte:

4. Sind das Unionsrecht und die Richtlinie über Zahlungsdienste im Binnenmarkt dahingehend auszulegen, dass sie der strafrechtlichen Sanktion des Betriebs eines EC-Cash-Terminals in einem Fall mit den vorliegenden Besonderheiten entgegenstehen, wenn gleichartige EC-Terminals in zahlreichen staatlich konzessionierten Spielhallen sowie in staatlich konzessionierten und zum Teil auch staatlich betriebenen Spielbanken ohne Erlaubnis betrieben wurden oder werden und die zuständige Zulassungs- und Beaufsichtigungsbehörde keine Einwendungen erhebt?

Für den Fall, dass auch die Frage 4 verneint wird:
5. Sind die Richtlinie über Zahlungsdienstleistungen und die unionsrechtlichen Grundsätze der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit sowie Artikel 17 der Charta dahin auszulegen, dass sie in einem Fall mit den vorliegenden Besonderheiten einer Behörden- und Gerichtspraxis entgegenstehen, die anordnet, dass diejenigen Geldbeträge der Staatskasse zufallen („Verfall“), die der Betreiber der Spielhalle über eine Dienstleistung des Netzbetreibers von den Banken Kunden erhalten hat, die mit EC-Karte und PIN das von ihm aufgefüllte Bargeld und/oder Gutscheine zum Spielen an den Geldspielautomaten abgehoben haben, obwohl alle Gutschriften nur denjenigen Beträgen entsprechen, die die Kunden an Bargeld und Gutscheinen zum Spielen über den Automaten erhalten haben?“