Neuer Rechtsrahmen für das Online Sport Manager Spiel Daily Fantasy Sport (DFS) in Malta und Deutschland

Ein Beitrag von Dr. Wulf Hambach, Founding Partner, Hambach & Hambach (Munich) und Dr. James Scicluna, LL. M., Partner, WH Partners (Malta)

Das am 24. Januar 2017 in Kraft getretene maltesische Skill Games Gesetz sowie bisher unveröffentlichte aktuelle deutsche Studien (u.a. des Karlsruher Institut für Technologie) unterwerfen das Sport Manager Spiel DFS einer modernen Online Skill Game-Gesetzgebung, die über die für Online Skill Games einschlägige E-Commerce-Richtlinie u.a. in Deutschland gilt. Damit hebt ein EU Staat erstmalig das Spielerschutzniveau für Online Skill Games durch eine Gesetzesreform wesentlich an (vgl. auch die offizielle Pressemitteilung der Malta Gaming Authority vom 30.01.2017). Endlich!

I. Hintergrund

Fantasy Sports erfreut sich in den USA seit Jahren enormer Beliebtheit. In Europa und in Deutschland war das Phänomen bisher weitestgehend unbekannt. Dies wird sich in den kommenden Jahren allerdings ändern. Nicht nur, weil die großen Anbieter von Daily Fantasy Sports den europäischen Markt ins Visier nehmen, sondern auch, weil die Europäer die leidenschaftlichsten Sportfans sind und die Teilnehmer sicher die Chance nutzen werden, einmal selbst Manager einer Fußballmannschaft zu sein.

Gegen eine Teilnahmegebühr bieten Anbieter von Daily Fantasy Sports ihren Teilnehmern die Möglichkeit, sich eine eigene fiktive Mannschaft aus realen Profisportlern zusammenzustellen. Je nachdem welche Sportart und welchen Spielmodus man wählt, könnten zum Beispiel bei einem Fußball-Bundesliga-Wettbewerb die Teilnehmer aus den Kadern der bis zu 18 Bundesligisten ein elfköpfiges Team formen. Dabei starten alle Spielteilnehmer mit der gleichen Ausgangsbasis – allen Teilnehmern stehen dieselbe Auswahl von Fußballern zur Verfügung und sie müssen innerhalb eines vorher festgelegten Budgets bleiben. Mit diesem fiktiven Team treten sie dann gegen Teams anderer Teilnehmer an, die sich für denselben Spielmodus entschieden haben.

Die von den Spielern an diesem Spieltag real erbrachten Leistungen werden anhand objektiver Kriterien bewertet. Jede Aktion eines Spielers, wie die geschossenen Tore, gewonnenen Zweikämpfe, gehaltenen Bälle, etc. wird mit einer vorher festgelegten Punktzahl bewertet. Daraus wird die Gesamtpunktzahl der vom Teilnehmer aufgestellten Mannschaft gebildet. Die, den Bewertungen zugrundeliegenden Statistiken, werden von unabhängigen Statistikanbietern wie zum Beispiel für den US-amerikanischen Markt von der der STATS llc oder für den europäischen Markt von Optasports erhoben. Eine Bewertung anhand subjektiver Kriterien, wie beispielsweise einer Jury, die beim Online-Unterhaltungsspiel Supermanager von Bild.de in Form von Sportjournalisten eingesetzt wurde, findet nicht statt.

Gesetzgeber in Europa und den USA kommen mittlerweile immer häufiger zu dem Schluss, dass Daily Fantasy Sports ein Geschicklichkeitsspiel ist. Zehn US-Bundesstaaten (Maryland, Kansas, Virginia, Indiana, Tennessee, Mississippi, Missouri, Colorado, New York und Massachusetts) haben Regelungen erlassen, die Fantasy Sports klar als Geschicklichkeitsspiel – und nicht als Glücksspiel – definieren und regulieren. Für den europäischen Binnenmarkt ist vor allem die von der Malta Gaming Authority (MGA) neu eingeführte Lizenz für Geschicklichkeitsspiele von Bedeutung.

II. Einführung von Online Skill-Game-Lizenzen in Malta

Fantasy Sports wird jetzt in Malta als Geschicklichkeitsspiel reguliert; es gelten die Vorschriften für Geschicklichkeitsspiele („Verordnung”), die am 24. Januar 2017 in Kraft getreten sind. Diese Verordnung regelt das Angebot von bestimmten Geschicklichkeitsspielen (einschließlich Fantasy Sports) in bzw. aus Malta. Malta hat erkannt, dass einige Spiele, deren Ausgang überwiegend, aber nicht nur, auf Geschicklichkeit beruht, sich sowohl von reinen Geschicklichkeitsspielen (wie z.B. Schach) als auch von Glücksspielen erheblich unterscheiden. Grundsätzlich gehören Fantasy Sports und Daily Fantasy Sports in diese Kategorie, doch die genaue Klassifizierung durch die maltesische Behörde, die jetzt für die Überwachung dieser Branche zuständig ist, wird wohl letztendlich von der Struktur des Spiels und der Anzahl an Variablen abhängen, die im Spiel eingesetzt werden, um die Zufallselemente zu unterlaufen.

Wichtig ist, dass Malta die Notwendigkeit erkannt hat, Verbraucher zu schützen, die bestimmte Geschicklichkeitsspiele – einschließlich Fantasy Sports – online spielen, wobei diese Spiele von Glücksspielen unterschieden werden. Die in Malta erhältlichen Veröffentlichungen zeigen, dass maßgebliche Betrachtungen darüber angestellt wurden, dass Fantasy Sports signifikante Unterschiede zu Glücksspielen aufweisen: nämlich in der Art und Weise, wie das Ergebnis zustande kommt, beim Spielerlebnis und beim Look und der Atmosphäre des Spiels.

Im Januar 2015 führte die maltesische Regulierungsbehörde für Geschicklichkeitsspiele und Wetten auf Malta, die Malta Gaming Authority („MGA”), bereits ein Anhörungsverfahren durch und äußerte ihre Bedenken dahingehend, dass beim Anbieten von Geschicklichkeitsspielen gewisse Aspekte von den damals geltenden Gesetzen und Vorschriften nicht angemessen erfasst würden. Im Einzelnen äußerte die MGA ihre Bedenken:

  • über die zunehmende Tendenz zu Spielen, die auf Geschicklichkeit beruhen und gespielt werden, um damit möglicherweise einen Preis zu gewinnen, sei es Geld oder ein Geldwert,
  • darüber, dass einige Anbieter von Online-Geschicklichkeitsspielen Geld auf einer Art „virtuellem Konto“ für ihre Kunden vorhalten,
  • darüber, dass de facto überhaupt keine Überwachung dahingehend stattfand, ob der Ausgang der angeblich auf Geschicklichkeit basierenden Spiele tatsächlich hierauf beruhte und ob die Preise oder Gewinne auch fair verteilt wurden,
  • darüber, dass es keine Richtlinien, Vorschriften oder Aufsicht zu eventuellen finanziellen Transaktionen von Minderjährigen gab.

In einem Positionspapier zu digitalen Geschicklichkeitsspielen mit einem Preis, das im Dezember 2015 veröffentlicht wurde, befürwortete die MGA – infolge der unserer Auffassung nach überwältigenden Resonanz seitens der Industrie, von NGOs und Regierungsbehörden – eine getrennte Regulierung für bestimmte Arten von Geschicklichkeitsspielen.

Die maltesische Regierung und insbesondere das verantwortliche Ministerium für Digitale, Maritime und Dienstleistungs-Wirtschaft, überzeugt von der gewichtigen Begründung des öffentlichen Interesses, die das MGA vorbrachte, arbeitete einen Großteil des Jahres 2016 hindurch an dieser Verordnung, die anscheinend tatsächlich die Verbraucher in den Mittelpunkt stellt, um sicherzustellen, dass Geschicklichkeitsspiele fair und transparent ablaufen und die Branche frei von Kriminalität bleibt.

Die Verordnung ist bestrebt, sorgfältig zwischen denjenigen Bereichen zu unterscheiden, in denen eine staatliche Intervention als notwendig erachtet wird, und anderen, wo dies nicht der Fall ist, indem lediglich von bestimmten Arten von Geschicklichkeitsspielen die Rede ist (zu denen Fantasy Sports eindeutig gehören), und zwar von „Kontrollierten Geschicklichkeitsspielen“ [„Controlled Skill Games“]. Es ist offensichtlich, dass Malta einem Angebot an Dienstleistungen, für die eine zusätzliche staatliche Aufsicht nicht notwendig oder gerechtfertigt ist, nicht gerne eine Aufsicht aufbürden möchte. Gleichzeitig – und übereinstimmend mit dem vorherrschenden Trend, der in den USA bereits erkennbar ist – hat Malta erkannt, dass eine völlig neue Branche auch eine spezielle, separate Anerkennung verdient.

Die Verordnung ermächtigt die MGA zur Erteilung von Lizenzen für Anbieter von Geschicklichkeitsspielen oder einer Lizenz für die Bereitstellung Kontrollierter Geschicklichkeits-spiele. Die erstgenannte Lizenz deckt das Angebot der Spiele an die Verbraucher ab, letztere hingegen B2B-Angebote.

Die auf Grundlage der Verordnung erteilten Lizenzen sind fünf Jahre lang gültig und können verlängert werden. Malta profitiert offenkundig von seiner langjährigen Erfahrung in der Beaufsichtigung von Online-Unternehmen in der Wettbranche, von seinen fundierten Kenntnissen über die Welt der Online-Zahlungen und des Managements von Kundenkonten, aber auch von seinem Blick über den Atlantik hinweg in die USA, die bislang die Debatte über die Regulierung bestimmter Geschicklichkeitsspiele – vor allem Fantasy Sports – dominiert haben. Anscheinend hat Europa nun eine faire Chance, bei der Regulierung einer Branche der digitalen Wirtschaft, die in den kommenden Jahren zweifellos ein exponentielles Wachstum verzeichnen wird, mit unseren nordamerikanischen Cousins zumindest gleichzuziehen.

III. Bedeutung für Deutschland

Sport-Manager-Spiele wie Daily Fantasy Sports, bei denen die Teilnehmer eigene Teams aus Profi-Sportlern erstellen, sind als Geschicklichkeitsspiele einzuordnen. Dies zeigt nicht nur die rechtlich-mathematische Analyse des Spiels und seiner Ergebnisse, sondern auch die entsprechende Regulierung als Geschicklichkeitsspiel in diversen Bundesstaaten der USA sowie wie bereits oben beschrieben in Malta.

1. Einordnung als Geschicklichkeitsspiel

Neuaufkommende Unterhaltungsspiele dieser Art führen in der juristischen Literatur zwangsläufig zu einer Debatte über die Glücksspieleigenschaft. Dem Autor liegt jedoch ein Rechtsgutachten1 von Professor Dr. Marc Liesching (Professor für Medienrecht und Medientheorie an der HWTK Leipzig) vor, welches zum Schluss kommt, dass Daily Fantasy Sports ein zulässiges Geschicklichkeitsspiel ist. Zu demselben Ergebnis kommt eine vom TÜV begleitete Feldstudie, die von Professor Dr. Norbert Henze (Professor am Institut für Stochastik am Karlsruher Institut für Technologie (KIT)) ausgewertet wurde.2

Nach gängiger Definition, liegt ein Glücksspiel vor, wenn über Gewinn oder Verlust nicht wesentlich die Kenntnisse, die Fähigkeiten und die Aufmerksamkeit des Teilnehmers entscheidet, sondern allein oder hauptsächlich der Zufall. Bei der statistischen Erfassung muss der Geschicklichkeitsanteil bei über 50% liegen.

Das eingangs erwähnte Rechtsgutachten von Professor Dr. Marc Liesching kommt bei der Bewertung von Daily Fantasy Sport zu folgendem Ergebnis:

„Die normative Gesamtbewertung nach Kriterien der Rechtsprechung sowie die gutachtliche Bewertung der TÜV-Feldstudie auf der Grundlage der stochastischen Auswertungen von Prof. Dr. Henze ergeben, dass es sich bei dem Online-Spiel „Daily Fantasy Soccer“ um ein Geschicklichkeitsspiel und nicht um ein Glücksspiel im Sinne von § 284 StGB und § 3 Abs. 1 GlüStV handelt. Insbesondere ist aufgrund der erforderlichen Zusammenstellungen einer fiktiven Mannschaft nach umfassender Auswertung von Einzelspielerleistungen sowie der strategisch-kalkulierten Beachtung der komplexen Spielparameter von einem Überwiegen der Geschicklichkeitsanteile für den Spielausgang auszugehen.“

Über den Spielerfolg bei Daily Fantasy Sports entscheiden demnach vor allem die Fähigkeiten des Teilnehmers. Maßgeblich für den Erfolg ist nicht wie bei Sportwetten der Eintritt eines singulären Ereignisses (Sieg oder Niederlage) sondern die kumulative Leistung aller elf ausgesuchten Spieler der zusammengestellten Mannschaft. Erfolgreich kann nur sein, wer durch strategische Überlegungen die beste Kombination von Top-Spielern zu hohen und Newcomern zu niedrigeren Preisen innerhalb des begrenzten Budgets zusammenstellt.

Zudem macht es die Punkteverteilung auch möglich, Spieler in die Mannschaft zu nehmen, die nicht auf den ersten Blick erfolgsversprechend erscheinen. So ist zum Beispiel aus Sicht des Managerspielers der Torhüter mit den wenigsten Gegentoren nicht automatisch der geeignetste Spieler für das Fantasy Team. Denn die Torlosigkeit kann auch daran liegen, dass die Abwehr vor dem Torwart keine Schüsse auf das Tor zulässt.

Die auf objektive Kriterien gestützte Punktevergabe ermöglicht es den Teilnehmern, ihr Team nach strategischen Gesichtspunkten zusammenzustellen. Zwar mag das Abschneiden eines einzigen Spielers an einem Spieltag durchaus einmal von der Erwartung und Vorhersage des Teilnehmers abweichen. Durch die Zusammenstellung einer elfköpfigen Mannschaft kommt den Fähigkeiten des Teilnehmers jedoch weitaus höheres Gewicht zu.

Dies wird auch durch das o.g. mathematische Gutachten bestätigt. In einer von der TÜV Trust IT GmbH beaufsichtigten Feldstudie sind über 21 Spieltage der Englischen Premier League und der Champions League Anfänger, Durchschnittsspieler und Profis gegeneinander im Daily Fantasy Fußball angetreten. Die Auswertung der Ergebnisse durch Professor Dr. Norbert Henze kommt zu dem Schluss,

„(…) dass der Ausgang des Spiels fast ausschließlich von der Erfahrung und vom Geschick der einzelnen Spieler abhängt.“

„Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass nach den vorliegenden Daten beim Spiel Daily Fantasy Soccer eine zunehmende Erfahrung mit größerem Spielerfolg einhergeht und der Glücksanteil zu vernachlässigen ist. Hier setzten sich vielmehr gute Kenntnisse der Spieler sowie Erfahrung und Geschick bei der Zusammenstellung einer Mannschaft durch.“

Diese Studien haben gezeigt, dass geschickte Spieler gegen eine zufällige Aufstellung signifikant öfter gewinnen, als dies zu erwarten wäre, wenn es sich bei DFS um Geschicklichkeitsspiele handelte. Die Studien zeigen zudem, dass alle Gruppen im Laufe der Zeit ihr Spiel verbessern, wodurch klar wird, dass ein großer Geschicklichkeitsanteil besteht.

2. Anwendbarkeit des Herkunftslandprinzips

Die EU-Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr („E- Commerce-RL“) statuiert unter anderem das sog. Herkunftslandprinzip für den freien Verkehr von Diensten der Informationsgesellschaft. Online- Dienstleistungen dürfen demnach im gesamten Binnenmarkt angeboten werden, wenn sie den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats entsprechen, aus welchem sie angeboten werden. Ausgenommen davon sind jedoch „Gewinnspiele mit einem einen Geldwert darstellenden Einsatz bei Glücksspielen, einschließlich Lotterien und Wetten“. Das Herkunftslandprinzip wurde in § 3 TMG (Telemediengesetz) bundesgesetzlich umgesetzt.

Daily Fantasy Sports ist ein Geschicklichkeitsspiel und unterfällt damit dem Herkunftslandprinzip. Solange die Anbieter über eine Lizenz für Geschicklichkeitsspiele aus einem anderen EU-Staat verfügen, insbesondere einer Genehmigung der MGA, sind deutsche Behörden aus spielrechtlicher Sicht nicht zuständig. Selbstverständlich unterliegen die DFS-Anbieter jedoch deutschen Verbraucherschutzbestimmungen.


1) Professor Dr. Marc Liesching, Rechtsgutachten zur Bewertung des Online-Spiels „Daily Fantasy Soccer“ vom 8.7.2016.
2) Professor Dr. Norbert Henze, Gutachten über den Charakter des Spiels Daily Fantasy Soccer vom 14.6.2016.