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Der Stadt wird eine Millionenklage angedroht

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Das Haus Obernstraße 28. Laut Aushängen sucht der Achimer Immobilienmakler noch Pächter, obwohl doch schon ein Vertrag über zehn Jahre geschlossen worden sein soll. - Foto: Brodt
Das Haus Obernstraße 28. Laut Aushängen sucht der Achimer Immobilienmakler noch Pächter, obwohl doch schon ein Vertrag über zehn Jahre geschlossen worden sein soll. © Brodt

Achim - Von Manfred Brodt. Droht der Stadt Achim jetzt eine Millionenklage, weil sie mit Verzögerungen und einer Veränderungssperre eine Spielhalle in den leerstehenden Geschäftsräumen der Obernstraße 28 mit aller Macht verhindern will?

Bereits am 22. März hatte die A-Z Möbel-Immobilien GmbH aus Emden für das Haus eine Bauvoranfrage bei der Stadt Achim eingereicht, um für einen Filialisten der Unterhaltungsbranche eine „kerngebietstypische Spielothek“ zu errichten. Zwölf Geldspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit sowie diverse Unterhaltungsgeräte und Internetterminals sollten aufgestellt werden. Gewalt- und kriegsverherrlichende Geräte sollten dort keinen Platz finden. Auch Alkohol sei tabu.

Da der entsprechende Bebauungsplan Herbergstraße ausnahmsweise im Achimer Fußgängerreich „Vergnügungsstätten“, also auch Spielhallen, erlaubt, sah sich die A-Z-Immobilien GmbH, ein Projektentwickler im ganzen Bundesgebiet, im Recht und wies auch darauf hin, dass der Abstand zur nächsten Spielothek in Achim 529 Meter betrage, damit weit über dem in Niedersachsen geforderten Mindestabstand von 100 Metern.

Die Stadt Achim hatte allerdings dann am 19. April ihr Einvernehmen zu dem Vorhaben versagt, verwies auf Auswirkungen in der Obernstraße, Lärm, Verkehrs- und Parkplatzprobleme. Die letztliche Entscheidung zu Bauvoranfragen und Bauanträgen liegt allerdings beim Landkreis Verden.

Kreis: Stadtbeschluss rechtswidrig

Der teilte dann der Stadt am 1. November mit, dass die Argumentation der Stadt nicht rechtfertige, das Einvernehmen zu dieser hier zulässigen Vergnügungsstätte zu versagen. Noch deutlicher schrieb der Fachdienst Bauordnung des Kreises: „Aus diesen Gründen halte ich die Versagung des gemeindlichen Einvernehmens für rechtswidrig und beabsichtige, dieses im Rahmen der Entscheidung über die Bauvoranfrage zu ersetzen.“ Der Kreis kann also das Votum der Stadt überstimmen beziehungsweise außer Kraft setzen.

Allerdings räumte der Kreis der Stadt noch 14 Tage zur Stellungnahme ein.

Rainer Ditzfeld, seines Zeichens Bürgermeister der Stadt, teilte dem Kreis dann drei Wochen später mit, der Verwaltungsausschuss der Stadt habe für den betroffenen Bereich beschlossen, einen neuen Bebauungsplan zu entwickeln und deshalb eine Veränderungssperre für ihn zu verhängen. Im Zusammenhang mit der Ersteigerung des ehemaligen Textilhauses an der Obernstraße 36 durch einen Bremer Investor wolle die Stadt nämlich den gesamten Bereich vom Textilhaus bis zum Haus der bald ausziehenden Deutschen Bank in der Obernstraße, Brücken- und Herbergstraße im Rahmen eines städtebaulichen Wettbewerbs neu planen. Insbesondere größere Einzelhandelsflächen in der Fußgängerzone sollten so ermöglicht werden.

Ditzfeld in dem von ihm unterzeichneten Schreiben an den Kreis dann: „Ich befürchte, dass die beabsichtigte Planung....“ der Stadt „bereits im Vorfeld unmöglich gemacht beziehungsweise wesentlich erschwert wird, wenn Sie.... einen positiven Bauvorbescheid vor Rechtskraft der Veränderungssperre ausstellen.“

Veränderungssperre mit Mehrheit bestätigt

Die Stadt beantragte beim Kreis deshalb, seine Entscheidung bis zum 31. Januar 2017 auszusetzen. Der Achimer Stadtrat bestätigte die Veränderungssperre dann in seiner letzten Sitzung am Donnerstag, 15. Dezember, mit überwältigender Mehrheit.

Am Vorabend der Ratssitzung waren der Bürgermeister und die Ratsmitglieder noch vom Rechtsanwalt des Unternehmens gewarnt worden.

Nach herrschender Rechtsprechung seien Schadensersatzansprüche begründet, wenn von Verwaltungen angemessene Bearbeitungsfristen nicht eingehalten oder aber die Bearbeitung von Baugesuchen vorsätzlich verzögert werde. Das ist aus Sicht des Emdener Unternehmens der Fall, da es jetzt schon sieben Monate auf einen positiven Bescheid warte, auf den es glaubt, ein Recht zu haben. Das Bundesverwaltungsgericht habe in einer Entscheidung festgestellt, dass in aller Regel innerhalb von drei Monaten eine Entscheidung zu fallen habe, andernfalls Anspruch auf Schadensersatz aus enteignungsgleichem Eingriff begründet sei.

So habe auch der Rat in Emden, wo die Immobilienfirma beheimatet ist, eine Veränderungssperre zur Verhinderung einer Tankstelle wieder lieber zurückgenommen, da er sich zu lange Zeit gelassen habe.

Schadensersatzklage könne  Ratsmitglieder in die Haftung nehmen

Dann werden das Emdener Unternehmen und sein Fachanwalt für Verwaltungsrecht konkret: Der Spielhallenbetreiber habe für das Haus in der Obernstraße einen zehnjährigen Mietvertrag mit einer Monatsmiete von 5.000 Euro abgeschlossen. Der Schaden werde sich also inklusive der entgangenen Gewinne auf mindestens eine Million Euro belaufen.

Die bei einer Veränderungssperre angekündigte Schadensersatzklage werde sich nicht nur gegen die Stadt Achim richten, sondern könne auch die Ratsmitglieder persönlich in die Haftung nehmen, wird gedroht.

Der Achimer CDU-Fraktionsvorsitzende Karl-Heinz Lichter, der in der Ratssitzung den Konflikt an die Öffentlichkeit gebracht hatte, wollte wissen, ob das mit der persönlichen Haftung der Ratsmitglieder so sei. Achims Rechtsrätin Thea Mühe versuchte zu beruhigen. . In erster Linie betreffe eine Schadensersatzforderung die Stadt und Ratsmitglieder nur persönlich, wenn sie vorsätzlich Schaden anrichteten beziehungsweise grob fahrlässig falsche Entscheidungen treffen würden. Die Rechtsrätin sieht keine Versäumnisse der Stadt. Bleibt abzuwarten, wie sich jetzt der Kreis positioniert. Es bleibt spannend.

Lesen Sie dazu den Kommentar "Spiel mit hohem Risiko"

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