Bundesgerichtshof stellt Strafverfahren gegen privaten Wettbürobetreiber ein

In einem Revisionsverfahren hat der zweite Strafsenat des Bundesgerichtshofs mit einem gestern zugestellten Beschluss vom 29.11.2006 das Verfahren gegen einen 2005 vom Landgericht Frankfurt verurteilten privaten Wettvermittler wegen rechtlicher Bedenken gegen das erstinstanzliche Urteil eingestellt (Aktenzeichen 2 StR 55/06). Damit ist die Verurteilung des Angeklagten durch das seinerzeit viel beachtete Urteil des Landgerichts Frankfurt aufgehoben. Das Landgericht hatte dem Angeklagten vorgeworfen, ohne Erlaubnis Sportwetten einer in London ansässigen Gesellschaft, die (nur) eine nach britischem Recht erforderliche Genehmigung verfüge, vermittelt zu haben (§ 284 StGB).

In seiner Begründung folgte der Bundesgerichtshof dem Antrag des Generalbundesanwalts, der ebenfalls für die Einstellung des Verfahrens plädierte. In ihrer Stellungnahme führte die Bundesanwaltschaft aus, dass es fragwürdig sei, „ob das Strafrecht zur Durchsetzung eines staatlichen Wettmonopols dienen kann, das sowohl gegen deutsches Verfassungsrecht als auch gegen europäisches Gemeinschaftsrecht verstößt“. Die Bundesanwaltschaft folgte auch der Urteilsbegründung des OLG Stuttgart vom Juni 2006, wonach das Risiko extrem unklarer und zum Teil widersprüchlicher Entscheidungen der Straf- wie auch der Verwaltungsgerichte nicht auf dem Rücken einzelner Bürger ausgetragen werden könne. Der Strafsenat verwies auch auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28.3.2006 und das Gambelli-Urteil des EuGH. Der Generalbundesanwalt fand zudem deutliche Worte zum Vorgehen der Frankfurter Staatsanwaltschaft, die versucht habe, an dem Angeklagten ein Exempel zu statuieren.

Der Verband Europäischer Wettunternehmer VEWU begrüßt den Beschluss und wertet ihn als wichtigen Schritt zur Rehabilitierung der Wettunternehmer. „Dem Versuch der Kriminalisierung der privaten Wettbranche insbesondere durch ODDSET hat der Bundesgerichtshof mit seiner Entscheidung nun einen Riegel vorgeschoben und ihn jeder Grundlage beraubt. Das höchste Strafgericht lässt keinen Zweifel daran, dass das gesetzliche Regelungsdefizit nicht zu Lasten eines einzelnen Bürgers gehen darf. Deutschland ist ein Rechtsstaat, in dem Bürger nicht strafrechtlich belangt werden können für einen Sachverhalt, den der Staat – aus welchen Gründen auch immer – nicht verfassungs- und europarechtskonform geregelt hat. Vor dem Hintergrund der Entscheidung des BGH sollten nun alle Strafverfahren gegen private Wettvermittler eingestellt werden. Auch im Interesse der Steuerzahler, die wie im aktuellen Fall für das Versagen des Staates zur Kasse gebeten werden“, so Markus Maul, Präsident VEWU.

RA Dr. Ronald Reichert / Ra Dr. Bernd Müssig (www.redeker.de)
Verband Europäischer Wettunternehmer (VEWU) www.vewu.com

Ingrid Sebald