Wird europäisches Kartellrecht das deutsche Glücksspielmonopol zu Fall bringen?

Rechtsanwalt Dr. Wulf Hambach

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Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat am 23. Oktober 2006 den Beschluss des Bundeskartellamts vom 23. August 2006 (Az.: B 10 – 92713 – Kc – 148/05) in allen wesentlichen Punkten bestätigt (Az.: VI – Kart 15/06).

Das Bundeskartellamt hatte dem Deutschen Lotto- und Totoblock (DLTB) unter Hinweis auf europäisches und deutsches Kartellrecht untersagt, private Vermittler wie Fluxx, Faber, Tipp24 oder Jaxx auszugrenzen, die Tippscheine in Supermärkten und Tankstellen verkaufen und bei den Lottogesellschaften einreichen wollen. Außerdem untersagte die Wettbewerbsbehörde den Lottogesellschaften die bisher praktizierte regionale Gebietsaufteilung. In seinem Beschluss stellte das Bundeskartellamt ferner klar, dass die Lottogesellschaften keine hoheitlichen Aufgaben wahrnehmen. Zudem würde die vom Bundesverfassungsgericht geforderte aktive Suchtprävention nicht stattfinden und die Lotto-Annahmestellen hätten ein eigenes wirtschaftliches Interesse daran, möglichst viele Kunden zu gewinnen.

Der Kartellamtsbeschluss bezieht sich in verschiedenen Teilen auch auf die staatlichen Sportwettenangebote Fußballtoto und Oddset. Gemäß der Entscheidung verstößt die diesbezügliche Marktaufteilung innerhalb Deutschlands gegen die kartellrechtlichen Vorschriften der EU. Letztendlich betreffen aber die kartellrechtlichen Bedenken darüber hinausgehend auch die Abschottung des deutschen Markts gegenüber Wettbewerbern aus anderen EU-Mitgliedsaaten. Denn die Monopolisierung von Sportwetten und der damit einhergehende Ausschluss EU-ausländischer Sportwettenanbieter wird ebenfalls als Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung im Sinne von Art. 82 S. 1 EG zu qualifizieren sein. Damit dürfte das deutsche Sportwettenmonopol auch aus kartellrechtlicher Sicht hinfällig sein. Das Verwaltungsgericht Gießen betont in einer Pressemitteilung vom 25.10.2006 und in den zugrunde liegenden jüngsten Entscheidungen ausdrücklich, dass der Bundeskartellamtsbeschluss und die darin festgestellte Rechtswidrigkeit der Praxis der Lotteriegesellschaften nicht nur für Spielvermittler gilt, sonder auch im Rahmen von Gerichtsverfahren über die Zulässigkeit privater Sportwettenangebote berücksichtigt werden muss.

Die vom DLTB gegen den Bundeskartellamtsbeschluss eingelegte Beschwerde hat das Oberlandesgericht Düsseldorf im wesentlichen zurückgewiesen. Damit ist die Entscheidung nunmehr weitestgehend sofort vollziehbar und die Lottogesellschaften sind ab sofort wieder verpflichtet, Spielscheine privater Spielvermittler entgegenzunehmen. Auch der Aufbau weiterer Vertriebsstellen privater Spielvermittler etwa in Supermärkten darf danach vom DLTB nicht weiter behindert werden. Das Gericht präzisierte allerdings gleichzeitig, dass die Lottogesellschaften nicht unbesehen sämtliche Spieleinsätze akzeptieren müssten. Bei Verstößen privater Vermittler gegen das Ordnungsrecht dürften sie die Annahme verweigern. Ferner wiesen die Richter darauf hin, dass auch der Entwurf des neuen Lotteriestaatsvertrags, der im Dezember von den Ministerpräsidenten der Länder verabschiedet werden soll, an den Maßstäben des europäischen Kartellrechts zu messen sei.

Der DLTB kündigte an, gegen die Entscheidung Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof einzulegen.

Ebenso wie die Äußerungen von Binnenmarktkommissar Charlie McCreevy zu den Plänen der Bundesländer (siehe S. 10) weisen die Beschlüsse des Bundeskartellamts und des OLG Düsseldorf klar die Grenzen des staatlichen Glücksspielmonopols auf. Das scheinheilige Vorgehen der staatlichen Anbieter ist nicht mit den europarechtlichen Vorgaben vereinbar. Da die staatlichen Glücksspielangebote selbst von Gewinnstreben gekennzeichnet sind, können sich die Betreiber des Monopols nicht hinter der angeblich hoheitlichen Aufgabe und der angeblich stattfindenden Spielsuchtprävention verschanzen. So bildet das EU-Kartellrecht einen weiteren Mosaikstein zugunsten der privaten Anbieter im Kampf gegen das deutsche Glücksspielmonopol.