Aufhebung von Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlüssen

Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG

Arendts Rechtsanwälte
Perlacher Str. 68
D - 82031 Grünwald (bei München)
Das Landgericht (LG) München I hat mit Beschluss vom 24. Oktober 2006 in zehn Fällen (Az. 5 Qs 33/06 u.a.) letztinstanzlich Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlusse des Amtsgerichts (AG) München aufgehoben. Die Durchsuchungs- und Beschlagnahmemaßnahmen sei rechtswidrig gewesen.

Diese Verfahren betreffen Wettannahmestellen in München, die Verträge über Sportwetten an in anderen EU-Mitgliedstaaten staatliche zugelassene Buchmacher vermittelten. Aufgrund von Beschlüssen des AG München vom 18., 21., 22. und 23. August 2006 wurden unter massiven Polizeieinsatz Geschäftsräume durchsucht und Gegenstände beschlagnahmt. Das Landgericht hielt dies mit deutlichen Worten für rechtswidrig und entschied, dass die beschlagnahmten Gegenstände herauszugeben seien.

Das LG München I folgt in dem Beschluss ausdrücklich der Grundsatzentscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) München vom 26. September 2006 (vgl. Sportwettenrecht aktuell Nr. 45). Das OLG hatte aus europa- und verfassungsrechtlichen Gründen die Straflosigkeit der binnengrenzüberschreitenden Vermittlung von Sportwetten festgestellt.

Nach Ansicht des Landgerichts ist für Tathandlungen vor der Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 die Strafvorschrift des § 284 StGB (unerlaubtes Glücksspiel) nicht anwendbar. Die Durchsuchung und Beschlagnahme war daher von vorneherein rechtswidrig. Gleiches gilt auch für Tathandlungen nach dieser Grundsatzentscheidung, da die Durchsuchungs- und Beschlagnahmemaßnahmen jedenfalls nicht verhältnismäßig waren. Es bestehe schon kein Ermittlungsbedarf, da die Betroffenen den Betrieb angezeigt hätten.

Hinsichtlich einer Strafbarkeit nach § 284 StGB bestehe erhebliche Rechtsunsicherheit. Die Fortgeltung des bisherigen Rechtslage, hier vor allem des vom Bundesverfassungsgericht für grundgesetzwidrig erklärten Bayerischen Staatslotteriegesetzes, sei von der unverzüglichen Umsetzung der Auflagen des Bundesverfassungsgerichts abhängig. Hier stelle sich die Frage, „ob § 284 StGB die zu seiner rechtsstaatlich unbedenklichen Anwendung erforderliche Bestimmtheit“ aufweise. Art. 103 Abs.2 Grundgesetz verlange die Erkennbarkeit und Vorhersehbarkeit der Strafandrohung. Die Strafbarkeit könne „schlechterdings nicht davon abhängen, ob und auf welche Weise die (…) vom Bundesverfassungsgericht verlangte „Konsistenz“ hergestellt und Werbung betrieben“ werde. Darüber hinaus sei angesichts der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auch unklar, ob § 284 StGB mit Europracht vereinbar sei.