Klärende Worte des VGH Bayern zu Fehlinterpretationen der Entscheidung des OLG München vom 26.09.2006 (VGH Bayern, Beschluss v. 04.10.2006, Az. 24 CS 06.2229)

Rechtsanwalt Dr. Manfred Hecker
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht
CBH - Rechtsanwälte
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Nachdem das OLG München am 26. 09. 2006 (Az. 5 St RR 114/05) in einem Einzelfall aus dem Jahre 2003, den Freispruch eines privaten Wett-Vermittlers bestätigte, hat nun der 24. Senat des VGH Bayern mit aller Deutlichkeit festgestellt, dass die strafrechtliche Entscheidung des OLG München aus verschiedenen Gründen keinerlei Relevanz für die Verwaltungsverfahren besitzt. Der VGH Bayern hält in ständiger Rechtsprechung an dem grundsätzlichen Verbot privater Sportwetten nach § 284 StGB fest.

Aber auch hinsichtlich der Strafbarkeit des unerlaubten Vertriebes von Sportwetten in das europäische Ausland findet der Senat in seiner jüngsten Entscheidung vom 04.10.2006 (Az. 24 CS 06.2229, Seite 20) klare Worte auf die Fehlinterpretationen des o.g. Urteils durch Vertreter der privaten Wettunternehmen, indem er feststellt:

„Die Auffassung des Senats wird auch nicht durch die Entscheidung des Oberlandesgerichts München vom 26. September 2006 (Az. 5 StRR 115/05) in Frage gestellt. Das Oberlandesgericht hat mit seinem Revisionsurteil in einem konkreten Einzelfall den Freispruch eines Vermittlers von Sportwetten vom Vorwurf des unerlaubten Veranstaltens eines Glücksspiels im Zeitraum von August 2003 bis August 2004 bestätigt. Weil (damals) die Rechtslage in Bayern mit Blick auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 (a.a.O.) nicht allen verfassungs- und Europarechtlichen Anforderungen entsprochen habe, greife § 284 StGB für derartige „Altfälle“ nicht ein.
Unbeschadet seiner fehlenden Bindungswirkung für den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof lässt sich dem Urteil jedoch keine strafrechtliche Beurteilung von Sportwetten auf der Basis der vom Bundesverfassungsgericht getroffenen Übergangsregelung in Verbindung mit den vom Freistaat Bayern seither getroffenen Maßnahmen zur Erfüllung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts entnehmen. Der Senat hält deshalb an seiner oben ausgeführten Rechtsmeinung fest.“

An anderer Stelle (Seite 16) bemerkt der VGH Bayern, dass „angesichts der insoweit eindeutigen gesetzlichen Regelungen und der weitgehend konsequenten Vorgehensweise bayerischer Behörden in diesem Bereich (gemeint ist die Umsetzung der Maßgaben des BVerfG)… ein schützenswertes Vertrauen, Sportwetten ohne Erlaubnis anbieten zu dürfen, nicht entstehen“ konnte. Wertet man letztere Bemerkung unter strafrechtlichen Gesichtspunkten, so dürfte zukünftig auch eine Berufung auf mangelndes Verschulden und damit ein Fehlen des subjektiven Straftatbestandes nicht mehr ausreichen, um die Strafbarkeit des unerlaubten Vertriebes von Sportwetten zu verhindern.

Somit dürfte auch die in ISA CASINOS (unter dem 13.10.2006) verbreitete Ansicht, bis zu einer grundlegenden verfassungs- und gemeinschaftskonformen gesetzlichen Neuregelung sei von einer Straflosigkeit der binnengrenzüberschreitenden Vermittlung von Sportwetten auszugehen, eher ein Wunschbild des Autors und ein gefährlicher Rat für die Leser sein, denn das Urteil des OLG München bezog sich eindeutig auf Handlungen, die vor dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28.03.2006 und den in der Folgezeit vorgenommenen Umstellungen des staatlichen Sportwettenangebots in Bayern begangen worden sind. Nach der nunmehr in vielen Entscheidungen des VGH Bayern deutlich artikulierten Ansicht, die heutige Rechtslage in Bayern entspreche den Voraussetzungen des Europäischen Rechts, dürfte die grundsätzliche Strafbarkeit der unerlaubten Vermittlung von Sportwetten kaum mehr zu bezweifeln sein.