VGH Baden-Württemberg: Untersagungsverfügung wegen Onlinecasino, Poker und Sportwetten aufgehoben

Ein Beitrag von Rechtsanwalt Jan Feuerhake

In einer aktuellen Entscheidung hat der 6. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg eine Untersagungsverfügung gegen einen privaten Onlineanbieter von Casinospielen, Poker und Sportwetten aufgehoben (Urteil vom 8. September 2015, Az. 6 S 1426/14 unveröffentlicht).

Rechtsanwalt Jan Feuerhake
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Das Gericht hob die Untersagungsverfügung wegen mangelnder Bestimmtheit auf, die auf verschiedene Aspekte gestützt wurde. Insbesondere enthielt die Untersagungsverfügung einen Passus, der dem Anbieter lediglich unter Wiedergabe der abstrakt-generellen gesetzlichen Regelung die Veranstaltung sämtlichen Glücksspiels verbot. Es fehle eine Beschränkung auf die konkreten Angebote. Mit dieser bloß gesetzeswiederholenden Verfügung sei eine absolute Grenze zur Unbestimmtheit überschritten.

Auch ohne diesen generellen Passus sei die Verfügung jedoch zu unbestimmt, da erhöhte Anforderungen im Hinblick auf eine mögliche Strafbarkeit oder mögliche folgende Verfügungen gegenüber Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten (sog. financial blocking) zu stellen seien. Insbesondere sei es zu unbestimmt, lediglich generalisierend die Begriffe „Sportwetten“, „Casinospiele“ und „Poker“ zu verwenden. Denn diese Begriffe unterlägen verschiedenen Auslegungsmöglichkeiten. So sei bei „Sportwetten“ die Abgrenzung zu Fußball-Toto, bei „Poker“ zu Geschicklichkeitsvarianten wie Search-Poker und bei „Casinospielen“ zu Automatenspielen/Slot Machines unklar.

In einem Obiter Diktum stellte der Senat ausdrücklich auch in Frage, ob der Erlaubnisvorbehalt aus § 4 Abs.1 Satz 1 GlüStV n.F. unionsrechtskonform sei. Denn das Erlaubnisverfahren für Sportwetten habe sich „auch mehr als drei Jahre nach dem Inkrafttreten des Glücksspieländerungsstaatsvertrags als dysfunktional erwiesen“. Auch scheint dem Gericht fraglich, ob dem Anbieter das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV n.F. entgegengehalten werden kann, da das Internetvertriebsverbot für Sportwetten und Lotterien durchbrochen sei.

Die angefochtene Untersagungsverfügung weise darüber hinaus Ermessensfehler auf. Denn das beklagte Land müsse u.a. aufgrund des Gleichheitsgrundsatzes „gegen sämtliche Anbieter vergleichbarer Geschäftsmodelle grundsätzlich gleichermaßen einschreiten bzw. in den Fällen abgestuften Vorgehens gegen einzelne Anbieter oder Anbietergruppen sachliche Gründe anführen. Ansonsten würde es willkürlich in die Berufs- und Wettbewerbsfreiheit der betroffenen Internetunternehmen eingreifen.“ Ein flächendeckendes Vorgehen sei weder unter dem alten noch dem neuen Glücksspielstaatsvertrag erfolgt. Unter dem alten Glücksspielstaatsvertrag habe das Land etwa 20 Untersagungsverfügungen (ohne Internetauktionen) erlassen, seit Ende 2014 in vier Fällen. Sachliche Gründe für ein abgestuftes Vorgehen oder ein tragfähiges Konzept, unter welchen Voraussetzungen und in welcher zeitlichen Reihenfolge gegen Anbieter von Internetglücksspielen vorgegangen wird, seien nicht erkennbar.

Für die Vergangenheit hatten die Parteien den Rechtsstreit für erledigt erklärt, auch hier wurde jedoch in einem parallel ergangenen Beschluss die volle Kostenlast dem beklagten Land auferlegt.

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