Keine Geltung des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes bei Bargeldauszahlungen an in einem Restaurant mit Spielstätte per EC-Karte zahlende Kunden

Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main zum Urteil 7 K 3025/14.F vom 09.09.2015

Das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main hat in einem Urteil vom 9. September 2015 festgestellt, dass Bargeldauszahlungen an Kunden, die in einem Restaurant verbunden mit einer Spielstätte im Wege von Elektronik-Cash-Transaktionen mit PIN-Eingabe den Konsum ihrer Waren bezahlen, nicht den Vorschriften des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz unterfallen.

Die Klägerin betreibt ein Restaurant, dem eine Spielstätte mit insgesamt 5 Spielräumen räumlich angeschlossen ist. In dem Restaurant können die Kunden für ihren Verzehr mit Bargeld oder mittels EC-Karte und der dazugehörigen Pin-Eingabe bezahlen. Ebenso können sie in der Spielstätte für den Erwerb von Snacks, Getränken oder Tabakwaren mittels EC-Karte und PIN-Eingabe bezahlen. Auf Wunsch der Kunden gegenüber den jeweiligen Mitarbeitern können diese Bargeld ausgezahlt erhalten. Dies ist sowohl im Restaurant als auch in der Spielstätte möglich. Voraussetzung ist lediglich der Konsum von Waren im Wert von mindestens 5 Euro.

Nachdem die zuständigen Ordnungsbehörden Zweifel daran hatten, dass diese Geldgeschäfte erlaubnisfrei seien und mehrmals angedeutet hatte, dass unter Umständen eine Verfügung unter Androhung von Zwangsgeld die Fortführung diese Auszahlungsgeschäfts untersagen könnte, versuchte die Klägerin zunächst einen rechtsmittelfähigen Bescheid von den zuständigen Behörden zu erlangen. Nachdem dies über einen Zeitraum von mehreren Monaten nicht erfolgt war, hat die Klägerin die hier zu entscheidende Klage erhoben, mit der sie festgestellt haben möchte, dass die Auszahlungen von Bargeld im Rahmen ihres Geschäftsmodells nicht den Vorschriften des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz vom 25.06.2009 in der Fassung vom August 2013 (ZAG) unterliegen.

Die Beklagte ist diesem Begehren entgegengetreten und äußert zunächst Zweifel an der Zulässigkeit der Klage. Weiterhin verweist sie darauf, dass die Bereitstellung von Bargeld allein das Ziel habe, den Betrieb von Spielautomaten zu fördern. Durch diesen einfach zu erlangenden finanziellen Nachschub – die Spieler müssten die Räumlichkeiten nicht mehr verlassen, um an Bargeld zu gelangen – werde die Spielleidenschaft weiter gefördert. Das Geschäftsmodell der Klägerin sei nicht mit den Möglichkeiten der Bargeldauszahlung in großen Supermarktketten zu vergleichen. In dem geschäftlichen Verhalten der Klägerin sei auch ein Verstoß gegen die Verordnung über Spielgeräte und andere Spiele mit Gewinnmöglichkeiten zu sehen. Die Spielsucht werde durch dieses Verhalten gefördert.

Die 7. Kammer des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main hat jedoch entschieden, dass das Geschäftsmodell der Klägerin – nämlich die Auszahlung von Bargeld in ihrem Restaurant und der Spielstätte – nicht den Vorschriften des ZAG unterliege. Dies sei deshalb in Form eines sog. Negativtestats auszusprechen gewesen.

Die Möglichkeit der Bargeldauszahlungen auch in der Spielstätte nach Bezahlung zuvor konsumierter Waren mittels ec-Karte und Eingabe der PIN Nummer erfülle den Ausnahmetatbestand des § 1 Abs. 10 Nr. 4 ZAG. Nach dieser Vorschrift sind solche Dienste keine Zahlungsdienste im Sinn des ZAG, bei denen der Zahlungsempfänger dem Zahler Bargeld im Rahmen eines Zahlungsvorgangs aushändigt, nachdem ihn der Zahlungsdienstnutzer kurz vor der Auszahlung des Zahlungsvorgangs zum Erwerb von Waren oder Dienstleistungen ausdrücklich hierum gebeten hat.

Diesen Tatbestand erfülle die Klägerin. Denn sie leiste nur dann Bargeldauszahlungen, wenn die Kunden zuvor Speisen oder Getränke oder weitere Waren mit einem Mindestwert von 5 Euro erworben hätten und die Kunden ausdrücklich um die Barauszahlungen bäten. Die Klägerin trete zu keinem Zeitpunkt als ein potenzieller Darlehensgeber auf. Die Bargeldauszahlung erfolgten durch ihre Mitarbeiter, die das Geld entweder aus der Barkasse oder dem Kassentresor entnähmen. Da die Klägerin in ihrem Restaurant sowie in der Spielstätte in nicht lediglich unerheblichen Umfang Speisen und Getränke zum Erwerb anbiete, sei sie auch als Händlerin zu verstehen. Auch europarechtliche Vorgaben stünden dem nicht entgegen. Nach der anzuwendenden Richtlinie und den Gesetzesmaterialien soll die Möglichkeit der Barauszahlung beim Erwerb von Waren nicht allein auf Supermärkte, Groß- und Einzelhändler beschränkt werden. Hätten der Gesetzgeber oder die europäischen Richtlinien eine Beschränkung von reversen Bargeldauszahlung ausschließlich auf Supermärkte beschränken wollen, so hätten sie dies ausdrücklich regeln müssen. Dies ist nicht geschehen. Der Gesetzgeber habe auch nicht darauf abgestellt, wann und für welche Zwecke das abgehobene Geld verbraucht werde. Die Mittelverwendung sei für die Qualifizierung der Bargeldauszahlung als Zahlungsdienst ohne jegliche Bedeutung. Das ZAG stelle darüber hinaus keine sozialpolitische Lenkungsnorm dar, die bestimmte Auszahlungsvorgänge als erwünscht, andere hingegen als unerwünscht ansehen lasse. Die rechtlichen Möglichkeiten, die das ZAG für die Aufsicht über Finanzdienstleistungen gewähre, unterlägen keinen speziellen oder allgemeinen ordnungsrechtlichen Erwägungen.

Das Gericht musste der Frage, ob Bargeldauszahlungen durch die Klägerin im Hinblick auf die Regelungen von Glücksspielen in der Spieleverordnung in ordnungsrechtlicher Hinsicht rechtswidrig seien, vorliegend nicht entscheiden. Diese stellten keine rechtlichen Maßstäbe für die Aufsicht über Finanzdienstleistungen dar.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Das Verwaltungsgericht hat die Berufung wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Die Beteiligten haben gegenüber dem Gericht deutlich gemacht, dass vielfach vergleichbare Geschäftsmodell praktiziert werden.