Der Senat wird bei der Verfassungsbeschwerde gegen das Spielhallengesetz aktiv. Er will sich nun Vorteile zu verschaffen

Sie kennen die Redewendung: Vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand. Man weiß eben nicht, welche Unwägbarkeiten einen dort erwarten. Der Berliner Senat hat sich genau auf dieses nicht ganz sichere juristische Terrain gewagt, um eines seiner wichtigen Gesetze zu verteidigen.

Beschluss des Senats

Am Dienstag beschloss die Landesregierung eine Vorlage von Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer (CDU). Danach tritt Berlin einem Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht bei. Dabei geht es um das Berliner Spielhallengesetz. Ein wohlkalkulierter Schritt.

Nur noch acht Geräte pro Halle

Die neue Regelung, die das Parlament 2011 beschlossen hatte, sieht vor, dass Spielhallen nur noch acht Geräte pro Halle aufhängen dürfen. Zwischen 3 und 11 Uhr müssen die Spielstätten schließen. Sie dürfen nicht in der Nähe von Kindertagesstätten und Schulen eröffnet werden. Und: Zwischen zwei Standorten muss ein Mindestabstand von 500 Metern eingehalten werden. Mit diesen Vorschriften wollte das Abgeordnetenhaus dem Problem der ausufernden Automatenbetiebe Herr werden. Denn eine Zeit lang entstand gerade in wirtschaftlich schwachen Stadtteilen eine Spielhalle nach der nächsten. Ganze Straßenzüge veränderten ihr Gesicht.

Klagen vor den Gerichten

Da nach Berlin weitere Bundesländer ähnliche Gesetze erließen, zog die Automatenwirtschaft dagegen zu Felde. Der Bundesverband verwies auf 70.0000 Arbeitsplätze, die von der Automatenwirtschaft abhängen, auf die 1,5 Milliarden Euro Steuern und Sozialabgaben, die die Unternehmen pro Jahr zahlten und auf Jugendschutz. Solche Argument brachte man bei Anhörungen wie im Bundestag vor. Aber die Branche, die über viele Jahre gutes Geld verdient hatte, zog auch vor Gericht. In Berlin allerdings erfolglos. Sowohl das Verwaltungsgericht, als auch die nächste Instanz, das Oberverwaltungsgericht, wiesen die Klagen ab. Das Argument, mit dem Gesetz bekämpfe man die Spielsucht, wog vor Gericht mehr als die Gewerbefreiheit der Unternehmen. Geschätzt 35.000 Menschen in Berlin gelten als spielsüchtig. Ob es allerdings aufgrund der Beschränkungen nur eine Verlagerung ins Internet gibt – wie es die Automatenwirtschaft behauptet – ist unklar. Klar ist jedoch, dass mehrere Spielstättenbetreiber beim Bundesverfassungsgericht Verfassungsbeschwerde gegen die Ländergesetze einreichten.

Recht auf Akteneinsicht

Und damit zurück zum Berliner Senat. Wirtschaftssenatorin Yzer, die für das Gesetz zuständig ist, will durch den Verfahrensbeitritt ihre Chancen verbessern. Denn durch diesen formalen Schritt haben auch die Berliner Juristen ein Recht auf Akteneinsicht und können dann ihre Erwiderungen besser ableiten. Das Land erhält durch diesen Schritt eine stärkere Stellung im Verfahren, wie es der Jurist ausdrückt. Mit eigenen Schriftsätzen und eigenen Anträgen soll nun das Gesetz vor dem höchsten deutschen Gericht verteidigt werden. Ein Kräftemessen in Karlsruhe. Bayern und das Saarland, gegen deren Gesetze ebenfalls Verfassungsbeschwerden laufen, haben diesen Schritt auch schon vollzogen.

Neue Regelung in Arbeit

Beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe heißt es, dass man in der Angelegenheit möglicherweise im nächsten Jahr zu einer Entscheidung kommt. In Berlin wird derweil schon an einer weitere Regelung getüftelt. Denn das Spielhallengesetz von 2011 sieht eine Bestandsgarantie für alle schon vorhandenen Spielstätten vor. Selbst wenn sie keinen Abstand von 500 Metern zueinander haben. Diese Übergangsregelung läuft nun im nächsten Jahr aus. Das könnte das Aus für viele weitere der insgesamt etwa 600 Hallen in Berlin bedeuten. Die Frage ist nur: Wenn zwei Spielhallen zu nah beinander liegen, welche muss dann schließen?

Die neue Verordnung, die ab 2016 greifen soll, wird gerade zwischen der Wirtschaftsverwaltung und den Bezirken abgestimmt. Sie soll nachvollziehbar und vor allem rechtssicher sein. Denn eines ist klar: Die Betreiber werden wohl wieder klagen und vor Gericht und auf hoher See... Aber das kennen Sie ja.