VGH Bayern verbietet Online-Vermittlung von Sportwetten in einer Hauptsacheentscheidung

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat mit Urteil des 22. Senats vom 10.07.2006 (Az. 22 BV 05.457) entschieden, dass es weiterhin untersagt werden kann, ohne eine behördliche Erlaubnis Sportwetten entgegen zu nehmen und an eine in einem anderen europäischen Mitgliedsstaat ansäs-sige Firma weiter zu leiten. Außerdem hat der Bayerische VGH klargestellt, dass die Behörden nicht verpflichtet sind, eine Erlaubnis zur Entgegen-nahme und Weiterleitung von Sportwetten zu erteilen.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof stellt in seiner Entscheidung zunächst fest, dass die von der Klägerin vorgelegten Konzessionen der Stadt London und der Kärntner Landesregierung nicht als behördliche Erlaubnis im Sinne von § 284 Abs. 1 StGB anzusehen seien. § 284 Abs. 1 StGB er-fasse nur innerstaatliche behördliche Erlaubnisse; aus Gemeinschaftsrecht ergebe sich nichts anderes, so dass eine gemeinschaftsrechtskonforme Auslegung hier nicht veranlasst sei. Wörtlich heißt es in der Entscheidung:

„Abgesehen davon kommt derartigen Konzessionen schon deshalb keine Bedeutung zu, weil das Glückspielrecht auf der Sekundärrechtsebene nicht harmo-nisiert wurde und weil den einzelnen Mitgliedsstaaten auf der Primärrechtsebene ein Ermessensspielraum zur Gestaltung ihrer Glückspielpolitik eingeräumt ist (EUGH vom 06.11.2003, Rechtssache C 243/01 – Gambelli). Daraus ergibt sich eine Absage an eine unmittelbare Geltung von Erlaubnissen eines Mit-gliedsstaates in anderen Mitgliedsstaaten im Glück-spielbereich (Nds. OVG vom 17.03.2005, GewArch 2005, 282 – 284; VG München vom 07.06.2006 – M 16 K 04.6138, m.w.N.). Die Achtung vor diesem Er-messensspielraum lässt es auch nicht zu, danach zu differenzieren, inwieweit die einem bestimmten Mitgliedsstaat erteilte Erlaubnis ein objektiv höheres Schutzniveau gewährleistet als in dem anderen Mit-gliedsstaat, in dem von ihr Gebrauch gemacht werden soll und in dem ein staatliches Monopol besteht. Die Bewertung der besseren oder schlechteren Qualität eines Schutzkonzeptes ist grundsätzlich Sache der Mit-gliedsstaaten.“

Die Bayerischen Verwaltungsrichter gehen ebenso wie die Oberverwaltungsgerichte in Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt und Hamburg davon aus, dass das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 28.03.2006 lediglich die Unvereinbarkeit des Bayerischen Staatslotteriege-setzes mit Art. 12 Abs. 1 GG festgestellt habe. § 284 StGB sei in diesem Zusammenhang aber überhaupt nicht erwähnt worden.
Dies bedeute nach Ansicht des VGH Bayern, dass die behördlich nicht erlaubte Veranstaltung und die behördlich nicht erlaubte Vermittlung von Sportwetten durch private Gewerbetreibende sowohl vor dem Erlass des Urteils vom 28.03.2006 als auch danach nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts als verboten angesehen werden dürfe.

„Das Urteil vom 28.03.2006 lässt klar erkennen, dass es auch für die Übergangszeit von einer behördlichen Unterbindung der Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten durch private Gewerbetreibende ausgeht. Nur vor diesem Hintergrund machen die Maßgaben des Urteils vom 28.03.2006 für die staatliche Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten für die Übergangszeit Sinn. Ein ungehinderter Marktzugang für pri-vate Gewerbetreibende samt uneingeschränkter Mög-lichkeit der Werbung passt nicht zu einer strikten Beschränkung der staatlichen Anbieter zum Zwecke der Spielsuchtprävention. Die Folge wäre ansonsten nicht eine verbesserte Spielsuchtprävention, sondern eine weitere Verdrängung der staatlichen Sportwettangebote vom Markt durch private Gewerbetreibende, die keinerlei Einschränkungen unterliegen. Der Verwaltungs-gerichtshof ist an diese Beurteilung gebunden (§ 31 Abs. 1 BVerfGG).“