EU-Kommissar plant sofortige Schritte zur Öffnung des Glücksspielmarktes

Rechtsanwalt Dr. Wulf Hambach

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Von RA Dr. Wulf Hambach und Sarah Madden, Hambach & Hambach

Als Ergebnis der Plenarabstimmung zur ersten Lesung der EU-Rahmenrichtlinie für Dienstleistungen, die am 16. Februar 2006 im Europäischen Parlament stattfand, ist Glücksspiel in der Richtlinie nicht mehr enthalten. Die Wahrscheinlichkeit steigt jetzt, dass Länder gezwungenermaßen anerkennen, dass geltendes europäisches Recht grenzüberschreitendes Glücksspiel innerhalb der EU bereits zulässt, und zwar aufgrund der Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs und der Vertragsverletzungsverfahren durch die Kommission.

Als die Dienstleistungsrichtlinie im Januar 2004 eingebracht wurde, umfasste sie das Glücksspiel, jedoch mit einem Umsetzungstermin bis spätestens im Jahr 2010. Der aktuelle Vorschlag mag zwar eine etwas verwässerte Version der ursprünglichen Richtlinie sein, man kam jedoch an der realen Notwendigkeit eines breiten Einvernehmens nicht vorbei – dieses Einvernehmen schließt jetzt die Erbringung von Glücksspiel-Dienstleistungen aus dem Geltungsbereich der Richtlinie aus. Die Kommission wird jetzt Änderungen übernehmen, die vom Europäischen Parlament mit großer Mehrheit angenommen
wurden. Sie wird hoffentlich einen überarbeiteten Vorschlag vorlegen, mit dem Ziel einer gemeinsamen Position des Rates bis Ende April. Dieses Datum hält die Kommission jedoch für sehr optimistisch.

Der EU-Kommissar für Binnenmarkt und Dienstleistungen, Charlie McCreevy, betonte am 23. Februar in Dublin bei einem Vortrag zum Thema Globalisierung, dass die Richtlinie in der ursprünglichen Fassung niemals durchsetzbar wäre. In der gegenwärtigen Fassung wird die Umsetzung in geltendes Recht erhebliche Zeit in Anspruch nehmen, und es bleibt ein Risiko, dass dies gar nicht geschieht. Allerdings ist es, wie in Betting Law News 07/05 angedeutet, sehr unwahrscheinlich, dass Glücksspiele wieder in den Geltungsbereich aufgenommen werden. Denn sowohl bei den EU-Unterkomitees als auch in den Arbeitsgruppen waren fast alle Mitgliedsstaaten für einen Ausschluss des Glücksspiels. Aus diesen Gründen ist McCreevy ziemlich sicher, dass Glücksspiele im nächsten Vorschlag nicht enthalten sein werden und auch 2010 nicht in den Geltungsbereich einbezogen
werden.

Es gibt eine Reihe von Entscheidungen zum Thema Glücksspiel durch den Europäischen Gerichtshof. Die bekannteste davon ist das Gambelli-Urteil. Mit Ausnahme von Irland und dem Vereinigten Königreich gibt es im Glücksspielsektor in ganz Europa starke Beschränkungen – in den meisten Mitgliedsstaaten gilt ein staatliches Monopol für Glücksspielanbieter. Nach den Entscheidungen des EuGH können die Mitgliedsstaaten Glücksspiel aus Gründen des Gemeinwohls einschränken, allerdings ist die derzeit praktizierte Werbung der staatlichen Anbieter nicht mit den vorgebrachten Zielen der Eindämmung der Glücksspielangebote vereinbar. Dritten kann damit der Zugang zu ihren Märkten nicht mehr verweigert werden.

Wie in den Betting Law News 06/05 und 07/05 berichtet, liegen der Kommission eine Reihe von Beschwerden über Vertragsverletzungen gegen Mitgliedsstaaten vor, die im Glücksspielsektor eine restriktive Politik betreiben, um ihre Märkte abzuschotten (so etwa gegen Schweden, Ungarn, Finnland, Dänemark, die Niederlande, Deutschland und andere).

Kommissar McCreevy äußerte sich in Dublin dahingehend, dass die Einleitung von Vertragsverletzungsverfahren gegen diese von den Vorgaben abweichenden Mitgliedsstaaten unmittelbar bevorstehe. Dies stimmt auch mit der bereits früher geäußerten Meinung des schwedischen Premierministers Christofer Fjellner überein, dass die Kommission nach der Entscheidung des Parlaments, Glücksspiel aus der Dienstleistungs-Rahmenrichtlinie auszuschließen, keine andere Wahl haben werde, als diese Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten.

Oberflächlich betrachtet scheint der Ausschluss von Glücksspielen aus der Dienstleistungsrichtlinie die restriktive Aufrechterhaltung der Staatsmonopole zu stützen.
In der Praxis dürfte es jedoch eher zu erwarten sein, dass sich die Kommission einer eigenen Regelung des Glücksspiel-Marktes annimmt.