OLG München: Gewinnspiele bei 9 Live wettbewerbsgemäß und nicht strafbar

Rechtsanwalt Dr. Martin Bahr

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Das OLG München (Beschl. v. 22.12.2005 – Az: 6 W 2181/05) hat in der 2. Instanz entschieden, dass die vom Fernsehsender 9 Live veranstalteten Gewinnspiele grundsätzlich wettbewerbsgemäß und zudem nicht strafbar sind. Die OLG-Richter bestätigen damit die erstinstanzgerichtliche Entscheidung des LG München I (Beschl. v. 28.07.2005 – Az: 17 HK O 13392/05).

Mit deutlichen Worten erklären die Münchener Juristen in beiden Instanzen, dass nach ihrer Ansicht der Teilnehmer in ausreichendem Maße über die Kostenpflichtigkeit der Teilnahme und über die näheren Umstände der Gewinnermittlung (Transparenzgebot) informiert werde.

„Unstreitig erfährt der Zuschauer durch Einblendungen während des Gewinnspiels, dass jeder Anruf 49 Cent koste. Die Behauptung des Antragsstellers, der Zuschauer ginge davon aus, dass er dann, wenn er das Lösungswort habe und anrufe, auch der Gewinner sei, ist so nicht nachvollziehbar:

Jeder durchschnittlich informierte und aufgeklärte Verbraucher weiß seit Jahrzehnten, dass er bei der Teilnahme an Gewinnspielen, die mit einem Rätsel verbunden sind, bei Nennung der richtigen Lösung nur die Chance hat, zu gewinnen, nicht jedoch schon den sicheren Gewinn einfahren kann.“

Auch verstoße die Veranstaltung eines Gewinnspiels mit einer 0137-Rufnummer nicht gegen das wettbewerbsrechtliche Kopplungsverbot.

„Ein Koppelungsangebot (…) liegt nicht vor, da die 49 Cent nicht für die konkrete nutzlose Bandansage als Dienstleistung bezahlt werden, sondern als eine Art Einsatz für die Teilnahme am Gewinnspiel.

Statt eines Briefportos zahlt der Teilnehmer eine Telefongebühr. Wenn ein Teil der Gebühr beim Veranstalter bleibt, dann stellt genau dieser Teil den Einsatz für die Teilnahme am Gewinnspiel dar.

Das Gewinnspiel erschöpft sich darin, dass aus allen eingehenden Anrufen nach dem Zufallsprinzip einer ausgewählt wird, der dann in die Sendung durchgestellt und – bei Nennung des richtigen Lösungswortes – den Gewinn entgegennehmen darf.“

Schließlich verneinen die Richter auch eine Strafbarkeit wegen Veranstaltung eines nicht genehmigten Glücksspiels:

„Ein verbotenes Glückspiel (…) liegt ebenfalls nicht vor, da der Einsatz unterhalb der Erheblichkeitsschwelle liegt: Der Spieler setzt maximal 49 Cent für die Chance zum Gewinn ein. Die 49 Cent sind eine unbeträchtliche Leistung.

Erst wenn die Spielteilnehmer zu mehrmaligen Anrufen aufgefordert und motiviert würden, dann könnte sich der Betrag zu einem Betrag oberhalb der Erheblichkeitsschwelie summieren. Erst dann würde aus dem Unterhaltungsspiel ein verbotenes Glücksspiel. Eine solche Aufforderung zu mehrmaligen Anrufen ist aber nicht streitgegenständlich, da sie im Verfügungsantrag nicht enthalten ist (…).“

Der einzige Punkt, der als wettbewerbswidrig angesehen wird, ist die Behauptung der Fernseh-Moderatoren, es rufe niemand an, um so die Zuschauer zu einem Anruf zu bewegen:

„Soweit der Antragsteller in der Begründung seines Antrags geschildert und auch glaubhaft gemacht hat, dass in der konkrete Sendung am 28.6.05 vom Moderator insgesamt 18 mal immer wieder darauf hingewiesen worden sei, dass niemand anrufe, obwohl gleichzeitig per Band die Durchsage erfolge, dass man leider kein Glück gehabt habe, wäre diese Täuschung als übertriebenes Anlocken wettbewerbsrechtlich (…) als irreführende Werbung zu beanstanden.“

Die beiden Münchener Entscheidungen sind neben der des LG Freiburg (Urt. v. 12.05.2005 – Az.: 3 S 308/04) die einzigen gerichtlichen Beurteilungen zur wettbewerbsrechtlichen und strafbaren Seite bei der Veranstaltung von Gewinnspielen mit 0137-Rufnummern. Daneben gibt es noch das Urteil des OLG München (Urt. v. 28.07.2005 – Az: U(K) 1834/05), das sich aber primär mit der Zulässigkeit des Spielausschlusses bei 9 Live beschäftigt.

Insofern bringen die beiden aktuellen Entscheidungen ein wenig Licht in diese bislang unbeleuchtete juristische Ecke.

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