Das staatliche Wettmonopol auf dem Prüfstand

Ein Artikel vonIngrid Sebald, Verband Europäischer Wettunternehmer (VEWU)

Acht Stunden ließen sich vorgestern die Richter des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe die Argumente für und gegen ein staatliches Wettmonopol vortragen. Dabei standen zwei zentrale Fragen im Mittelpunkt: Die verfassungsgemäße Anwendbarkeit der Strafnorm des § 284 StGB im Verhältnis zu den landesrechtlichen Regelungen zur Veranstaltung von Sportwetten, die Erlaubnisse für private Anbieter bislang nicht vorsehen. Ferner der Widerspruch von staatlichen Wettangeboten einerseits und dem der vermeintlichen Zielsetzung des Gesetzgebers zur Eindämmung und Kanalisierung des Spieltriebes andererseits.

v.l.n.r. RA Markus Maul, Präsident VEWU, und <br>RA Guido Bongers,<br> prozessbevollmächtigter Anwalt VEWU,<br>nach der mündlichen Verhandlung<br> vor dem Bundesverfassungsgericht Als Anwalt des Verbandes Europäischer Wettunternehmer (VEWU) trug RA Guido Bongers die Argumente privater Wettanbieter für eine Liberalisierung des Marktes vor:

• Die unübersichtliche Rechtslage sei für private Wettanbieter unerträglich. Besonders eklatant sei die stark divergierende Rechtsprechung zu den Fragen, ob 1. Sportwetten überhaupt klassische Glückspiele seinen, ob 2. die Vermittlung von Sportwetten der Veranstaltung gleichgesetzt werden könne und 3. ob das staatliche Monopol mit dem deutschen Verfassungsrecht und dem Europäischen Gemeinschaftsrecht noch zu vereinbaren sei.

• Das Monopol der staatlichen Wettanbieter sei angesichts ihres extensiven Werbeaufwandes nicht länger zu rechtfertigen. Die hohen Werbeausgaben einerseits und das Anliegen, die Gefahren der Spielsucht einzudämmen, andererseits stünden in einem unauflösbarem Widerspruch. Das hohe Werbeaufkommen von Oddset lege daher den Schluss nahe, dass es hier vorrangig um fiskalische Interessen des Staates gehe.

• In Deutschland existiere de facto seit mehreren Jahren ein privater Wettmarkt, der bislang von europäischen Wettveranstaltern über Vermittlungsbüros in Deutschland abgewickelt werde. Die diesbezüglichen Erfahrungen in Deutschland, aber vor allem auch in europäischen Nachbarländern, in denen der Wettmarkt bereits liberalisiert ist, zeigten, dass die Risiken der Sportwette zwar zu beachten seien, sie aber keineswegs ein staatliches Monopol rechtfertigten. Die Risiken seien über vernünftige ordnungsrechtliche Rahmenbedingungen für private Anbieter zu kontrollieren, die es baldmöglichst zu schaffen gelte.

• Sportwetten seien längst ein gesellschaftlich akzeptierter Teil eines sportlichen Unterhaltungsangebots. Die vielerorts prognostizierten Gefahren seien nirgendwo eingetreten, was entsprechende Schutzmaßnahmen jedoch nicht ausschließe. Die Ausführungen der Suchtverbände hätten gezeigt, dass die Suchtgefahr der Sportwette unabhängig davon sei, ob sie von einem privaten oder staatlichen Veranstalter angeboten werde.

• Der Vorwurf, die privaten Anbieter würden auch im Ausland geringer Kontrollen unterliegen, sei nicht haltbar. Beispiele aus Österreich, England, Gibraltar oder Malta belegten die hohen Auflagen, die private Sportwettanbieter erbringen müssen, bevor sie eine Konzession erhalten. Auch die Zahl der vergebenen Konzessionen sei trotz hoher Nachfrage bewusst begrenzt.

• Der Fall Hoyzer habe gezeigt, dass auch ein staatliches Monopol nicht vor Betrügereien schütze, denn in der Hauptsache war Oddset von den Manipulationen betroffen. Es sei daher nur folgerichtig, dass DFB/DFL unmittelbar nach dem Hoyzer-Skandal mit den privaten Wettanbietern eine Vereinbarung über ein Frühwarnsystem abgeschlossen hätten. Die Privaten, die das Sportwettgeschäft mit persönlichem unternehmerischen Risiko betrieben, hätten ein ureigenes Interesse, ihr Geschäft von Manipulationen frei zu halten.

• Das Argument, mit einer Liberalisierung würde die Sportförderung sterben, wurde entkräftet. Die Förderbeiträge, die die stattlichen Lotteriegesellschaften für den Sport leisteten, stammten nur zu einem Bruchteil aus dem Produkt der Sportwette. Der Löwenanteil werde vielmehr mit den klassischen Angeboten, wie z. B. „6 aus 49“ erwirtschaftet. Einnahmen zur Förderung des Gemeinwohls (u.a. den Sport) müssten nicht zwingend über ein Monopol geniert, sondern könnten auch aus über Steuern und Abgaben erzielt werden.

RA Markus Maul, Präsident des Verbandes Europäischer Wettunternehmer, wies noch einmal auf einen Widerspruch hin, der auch nach 8-stüdiger Verhandlung durch die Argumente der staatlichen Anbieter nicht aufgelöst werden konnte. Wie könne es sein, dass einerseits die Sportwette in der Hand des staatlichen Monopols als gesellschaftlich akzeptable Unterhaltungsform zur Finanzierung des Haushalts und des Breitensports angesehen werde und andererseits, sobald sie durch private Unternehmern veranstaltet werde, sie als ein unmoralisches und kriminelles Angebot betrachtet werde?

RA Prof. Kurt Schelter erläuterte die momentane europarechtliche Situation hinsichtlich der Liberalisierung des Sportwettmarktes uns stellte gegenüber einem Vertreter des Europäischen staatlichen Lotterieverbandes richtig, dass der Entwurf der Dienstleistungsrichtlinie für den Bereich der Sportwette bisher vorsieht, dass auch auf diese Dienstleistung grundsätzlich das Prinzip des Herkunftslandes Anwendung findet, davon jedoch ausgenommen werden soll, bis die Europäische Kommission harmonisierende Regelungen für diesen Bereich getroffen hat.