Internetglücksspiel: Regulierungsexperten aus sechs Ländern Europas sammelten sich zum Erfahrungsaustausch mit ihren Kollegen aus Deutschland und einem hochrangigen Experten der EU-Kommission

Rechtsanwalt Dr. Jörg Hofmann

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Entscheidungsträger aus den deutschen Parlamenten, den mit Glücksspiel befassten Ministerien und Regulierungsbehörden sowie Vertreter in diesem Bereich tätiger Forschungseinrichtungen und Institute haben am 4. April 2011 an einem bislang einzigartigen, grenzüberschreitenden Erfahrungsaustausch teilgenommen. Hochkarätige Glücksspielreferenten aus sechs verschiedenen Ländern Europas waren zur nicht-öffentlichen Fachtagung „Regulierung und Kontrolle von Internetglücksspiel in Deutschland & Europa“ nach Frankfurt gekommen, um die deutschen Kollegen an ihren Erfahrungen und ihrem Fachwissen auf diesem Gebiet teil haben zu lassen. Organisiert wurde die Veranstaltung von der auf internationale Glücksspielregulierung spezialisierten Londoner Agentur „Awedacity“ in Kooperation mit dem glücksspielrechtlichen Kompetenzteam der Heidelberger Sozietät MELCHERS.

Hessens Stellvertretender Ministerpräsident und Minister der Justiz, für Integration und Europa Jörg-Uwe Hahn eröffnete die Veranstaltung mit einem offiziellen Willkommensgruß an die rund 80 Anwesenden und beschrieb kompetent den derzeitigen Stand der Politik. Gerade mal 11 Tage nach Erscheinen des lang erwarteten Grünbuchs der EU-Kommission zu „Online-Glücksspiel im Binnenmarkt“ erläuterte unmittelbar daran anschließend dessen Hauptautor, Erik Bertil Vagnhammar vom für Glückspiel zuständigen „Generaldirektorat Binnenmarkt“ bei der EU-Kommission, Inhalt und Bedeutung des Grünbuchs und das weitere Verfahren damit. Vagnhammar äußerte sich auch zu den Vorstellungen der EU zu einer transparenteren und harmonischeren Gestaltung der europäischen Glücksspielmärkte und stand unter Moderation des durch die gesamte Tagung führenden Glückspielrechtsexperten Dr. Jörg Hofmann zahlreichen Fragen der interessierten Zuhörer zur Verfügung.

Den weiteren Vormittag füllten ebenso hoch karätige Experten die Fachpodien, um über Praxis bewährte State-of-the-Art Technologien zur Sicherstellung und Kontrolle des Glücksspiels im Internet inklusive des Spielerschutzes, der Zahlungsabwicklung und der Geldwäschebekämpfung zu berichten. Aus den Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit den Regierungen anderer europäischer Staaten sowie global spannte der Italiener Filippo Ferri vom weltweit anerkannten US basierten Test-und Zertifizierungslabor für Glücksspiel „GLI Gaming Laboratories International“ in Gegenwart dessen eigens aus dem Firmensitz in Amsterdam angereisten Europa-Chefs Philip Barow einen eindrucksvollen Bogen über die Entwicklung der technischen Möglichkeiten dazu. Gregory Kuhlmey von dem in Frankreich etablierten Softwarehaus „Dictao“ informierte parallel dazu über das bestmögliche Leistungsvermögen aktueller Compliance Software für Internetglücksspiel.

Namhafte Analysten von Glücksspielmärkten referierten sodann über die wesentlichen Prognosen und Kennzahlen regulierter wie nicht regulierter Jurisdiktionen. Simon Holiday von H2 Gambling Capital aus London, dessen Erhebungen im Grünbuch der EU-Kommission meist zitiert sind, gab einen Europaüberblick über Revenues und Zahlungsflüsse. Ed Birkin, ebenfalls aus London und Analyst bei Barclay Capital, ergänzte diese Übersicht um steuerliche Aspekte. Dr. Michael Schmid von Gold Media aus Berlin, präsentierte eine Aktualisierung seiner viel beachteten Studie aus 2010 über den deutschen Onlineglücksspielmarkt.

Höhepunkt trotz der schon vorhandenen Rednerprominenz waren natürlich die führenden Glücksspielreferenten aus den Fachbehörden der Länder Großbritannien, Frankreich, Alderney, Spanien, Dänemark und Irland, die am Nachmittag in aller Offenheit ihre Erfahrungen mit der Entwicklung und Einführung von Lizenzierungskonzepten sowie der Überwachung und Besteuerung von Internetglücksspiel vermittelten und sich intensiver Diskussion stellten. Zahlreiche Redner und Referenten hoben die Bedeutung einer Staaten übergreifenden Kooperation bei der Regulierung von Internetglücksspiel hervor und erklärten hierzu auf der Fachtagung ihre Bereitschaft. Während Großbritannien, Italien und Frankreich schon über profunde Erfahrungen aus der Praxis des Internetglücksspiels verfügen, gehen Dänemark, Irland und Spanien gerade konsequent den Weg der Marktöffnung.

Mit großer Spannung wurden die unterschiedlichen Schilderungen über Lizenzmodelle, den richtigen – oder falschen –Steuersatz, die Bekämpfung oder Regulierung illegaler Märkte – mit oder ohne Erfolg – aufgenommen.

„Das Symposium sollte einen längst fälligen Beitrag dazu leisten, bei Bedarf das Rad nicht neu erfinden zu müssen,“ beschreibt Jörg Hofmann den tragenden Gedanken dieser Veranstaltung: „Die Sorgen und Fragen, die andere Länder bewegt haben, sind dieselben wie in Deutschland. Es kann nicht schaden, sich über die jenseits der Grenze gefundenen Antworten und Lösungen auszutauschen und diese zu evaluieren. Das ist in anderen europäischen Staaten längst üblich und hat in Deutschland bislang in dieser Form gefehlt.“

Der anspruchsvolle Austausch auf der Kompetenzebene würde nachhaltig begrüßt. Bemerkenswert ist aber auch der hier als gelebt empfundene europäische Gedanke einer grenzüberschreitenden Unterstützung: Alle Referenten waren auf eigene Kosten angereist und stellten ihr Wissen ohne Honorar zur Verfügung, um einen freundschaftlichen Beitrag für Deutschland zu leisten.