Glücksspielstaatsvertrag: Max-Planck-Institut und TÜV Rheinland bestätigen CDU-Experten Hans-Jörn Arp: Entwurf Schleswig-Holsteins verbessert den Spielerschutz

– Ministerpräsidenten entscheiden über Zukunft des Monopols

Berlin/Kiel, Dezember 2010 –
Die Betreiber der rund 3.800 bayerischen Lotto-Annahmestellen gehen in die Offensive. Sie befürchten weit reichende soziale Verwerfungen, sollte der Glücksspielmarkt in Deutschland liberalisiert werden, wenn die Ministerpräsidenten bei ihrem Treffen in Berlin in dieser Woche darüber entscheiden. Symbolisch zeigen die Betreiber der Geschäftsstellen der privaten Konkurrenz eine „Rote Karte gegen Zockerei“. Hans-Jörn Arp, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der CDU im Landtag von Schleswig-Holstein http://www.cdu.ltsh.de, kann solchem Aktionismus überhaupt nichts abgewinnen. Im Gegenteil, hat er doch mit seiner Fraktion und dem liberalen Regierungspartner in Kiel einen Entwurf zur kontrollierten Liberalisierung des Marktes und Lizenzierung privater Anbieter auf den Weg gebracht, der zudem die Suchtprävention erheblich stärker berücksichtigt als das bisherige Recht. „Der Spielerschutz wird mit unserem Vorschlag deutlich besser möglich sein, als dies in der bisherigen Form der Fall ist“, erklärt Arp. Nur wer sich den deutschen Gesetzen und damit einer wirksamen Suchtprävention, die von dieser Prüfstelle überwacht werde, unterwerfe, erhalte in Deutschland eine Konzession, erläutert der Unions-Experte. Nur diese Konzession berechtige wiederum auch im Internet zu einer verhaltenen Werbung, die ebenfalls reguliert und überwacht werde.

Max-Planck-Institut: Marktöffnung erlaubt Spielerschutz

Arp befindet sich mit seiner Argumentation in bester Gesellschaft. Die Rechtslage spricht nach Ansicht von Experten nämlich ohnehin eine eindeutige Sprache: So ist das deutsche Monopol für Sportwetten und Glücksspiele nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom September 2010 nicht mit der EU-Dienstleistungsfreiheit vereinbar. Zudem liegt seit kurzem ein Gutachten des renommierten Experten Professor Dr. Dr. h.c. Ulrich Sieber vor. Der Direktor des Max Planck Instituts für ausländisches und internationales Strafrecht in Freiburg im Breisgau http://www.mpicc.de/ww/de/pub/home/sieber.htm hat sich mit verschiedenen wissenschaftlichen Publikationen in den Bereichen des Multimediarechts und der Computerkriminalität, des Wirtschaftsstrafrechts sowie der Wirtschaftskriminalität, der Bekämpfung der organisierten Kriminalität sowie anderen Fachgebieten einen Namen gemacht. In dem im Herbst erschienenen Gutachten „Möglichkeiten der Spielsuchtprävention und des Jugendschutzes in einem geöffneten Sportwetten- und Online-Casino-Markt“ kommt der Autor zu dem Schluss: „Auf der Grundlage der hier diskutieren Maßnahmen lässt sich daher ein hinreichender Spielerschutz mit der Schaffung eines Dualen Systems (also einem kontrollierten Nebeneinander von staatlichen und privaten Anbietern; A.L.) vereinbaren. Die Gutachtenfrage, ob bei einer Marktöffnung im Bereich der Online-Sportwetten und der Online-Casinos der Spielsuchtprävention und dem Jugendschutz hinreichend Rechnung getragen werden kann, ist damit grundsätzlich zu bejahen.“

Der Verfasser stellt fest, dass ein Großteil der Internetangebote im Bereich der Sportwetten und Online-Casinos bisher im bzw. vom Ausland aus angeboten werde und damit einer Spielsucht- und Jugendschutzregulierung faktisch nicht oder allenfalls nur schwer zugänglich sei. Für wesentlich sinnvoller hält Sieber ein Duales System mit lizenzierten privaten Anbietern im Bereich der Sportwetten und Online-Casinos. Dies sei in Deutschland auch dergestalt umsetzbar, dass den Belangen der Spielsuchtprävention und des Jugendschutzes (Spielerschutz) hinreichend Rechnung getragen werden könne.

Auch eine aktuelle Studie zum Glücksspielwesen durch das Schweizerische Institut für Rechtsvergleichung kommt zu dem Ergebnis, dass besonders aus rechts- und gesundheitswissenschaftlicher Sicht für Online-Casinospiele wenn nicht ein Wettbewerbsmodell, dann zumindest ein Konzessionsmodell eingeführt werden solle, „um effizient gegen ausländische Konkurrenz ankämpfen zu können und zugleich eine gewisse Kontrolle über den Markt zu gewährleisten“.

Lizenzierung ermöglicht Kontrolle

Je größer das Internetangebot ausfällt, desto mehr Spieler steigen vom traditionellen Wettenwesen auf Online-Wetten um, so die Schweizer Studie weiter. Diese Entwicklung lässt nach Ansicht von Professor Sieber nur den Schluss zu, dass ein Wettbewerbs- oder zumindest ein Konzessionsmodell für den Bereich der Internetsportwetten und Online-Casinos einen großen Vorteil hat: „Faktisch würde hierdurch der Spielerschutz erhöht gegenüber einem tatsächlich nicht umgesetzten Totalverbot von Internetspielen, welche vom Ausland aus eine wachsende Zahl deutscher Bürger als Spielteilnehmer gewinnen“. Diesem Ansatz liege die einfache Erwägung zugrunde, dass es besser sei, private Internetangebote zu konzessionieren und mit einem effektiven Spielerschutz zu regulieren, als diese Angebote durch nationale Totalverbote ins Ausland zu verlagern und es dem Zufall zu überlassen, ob der betreffende Anbieter Maßnahmen zur Spielsuchtprävention und zum Jugendschutz ergreift oder nicht.

Am Ende seiner rund 80-seitigen Studie nennt der Autor konkrete Maßnahmen zur Spielsuchtprävention und zum Jugendschutz, welche durch die Anbieter von Sportwetten und Online-Casinos umgesetzt und entsprechend legislativ verankert werden könnten.

Es stellt sich also die Frage, ob die Ministerpräsidenten bei ihrem Treffen am Mittwoch dieser Woche das Monopol noch verschärfen werden – wohl wissend, dass es schon in der jetzigen Form den Zweck der Kanalisierung und Steuerung des Glücksspieltriebes verfehlt. „Auf der Insel“ wird man über die oft verkrampfte Diskussion über das Monopol sicher nur ironisch lächeln können. Während seit Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrags 2008 ein Abwandern privater Sportwetten- und Online-Casino-Angebote in einen unregulierbaren Graubereich zu verzeichnen ist, blickt Großbritannien auf eine ganz andere Wetttradition zurück. Der aus England stammende Buchmacher William Hill existiert bereits seit 1934. Damit ist das börsennotierte Unternehmen das älteste noch bestehende Buchmacher-Unternehmen der Welt. Die zu dem Unternehmen gehörenden Wettläden finden sich in England gleichsam „an jeder Ecke“.

Mittlerweile hat auch die niederländische Regierung die Legalisierung des Marktes ins Auge gefasst. Hatte eine Regierungskommission zunächst nur die Liberalisierung des Online-Pokerns empfohlen, auch weil hier im Vergleich zu anderen typischen Casino-Spielen wie etwa Roulette das Suchtpotential wesentlich geringer sei, gehen Experten derzeit sogar davon aus, dass sich der Markt über das reine Online-Poker-Angebot hinaus verändern wird. „Die neue Regierung scheint zu planen, ab 2012 ein Lizenzsystem für Online-Glücksspiele einzuführen“, prognostizieren Justin Franssen und Frank Tolboom von der VMW Tax and Gaming Practise Group in den aktuellen Time Law News der Münchener Kanzlei Hambach & Hambach http://www.timelaw.de/cms/front_content.php?idcat=12〈=1. Demnach sei klar, „dass das gegenwärtige Verbot aller Arten von Online-Glücksspiel wahrscheinlich aufgegeben wird.“

TÜV-Studie: Online-Anbieter haben Spielerschutz schon etabliert

Wie Spielerschutz und Datensicherheit „unter einen Hut“ gebracht werden können, zeigt der weltweit größte Online-Pokerraum PokerStars, der sein Angebot PokerStars.de http://www.pokerstars.de einer strengen Datenschutz- und Datensicherheitszertifizierung unterzogen hat, welche von der TÜV Rheinland Group http://www.tuvdotcom.com/pi/web/TuvdotcomIdSearchResults.xml?TUVdotCOMID=0000023103&strLevel=0&strUrlId=1&strUserId=&option=tested_products_by_tuvdotcomid&menuOption=&RequestType=tested-products&LanguageChanged=de geprüft und zertifiziert wurde. Dieses Beispiel könnte Schule machen bei einer künftigen Lizenzierung von Online-Pokerangeboten in Deutschland. Eine im Jahr 2009 veröffentlichte Studie der TÜV Rheinland Secure iT GmbH zur Regulierungs- und Selbstverpflichtungsmöglichkeiten beim Online-Spiel bestätigt zudem die Präventionsmöglichkeiten der Online-Anbieter: „Im eigenen Interesse, um Betrug oder Missbrauch vorzubeugen, haben verschiedene Anbieter umfangreiche Analysemethoden etabliert, um Auffälligkeiten entdecken und die betreffenden Spieler vom Spielbetrieb ausschließen zu können. Im Gegensatz zu konventionellen Spielkasinos, wo ein Tracking aller Spiel-Aktivitäten nicht möglich ist, bietet das Online-Spiel daher eine ideale Möglichkeit, das Spielverhalten von Spielern zu kontrollieren“, heißt es dort. Betrugs- oder Geldwäscheverdacht sowie Spielsuchtgefahr würden durch Beobachtung des Spielsverhaltens erkannt. Auch die eingegeben Kundendaten könnten in Echtzeit überprüft werden.

Mit Blick auf die Vielzahl von Studien und wissenschaftlichen Analysen sieht sich CDU-Experte Hans-Jörn Arp bestätigt und verortet den Entwurf von CDU und FDP in Schleswig-Holstein als richtungsweisend: Dabei verweist er nochmals auf die im Vertragsentwurf vorgesehene Einrichtung einer Prüfstelle für alle in Deutschland konzessionierten Anbieter, in der ausdrücklich ein Geschäftsbereich „Suchtprävention“ vorgesehen ist Schließlich kann er sogar die Besorgnis der Suchtfachleute entkräften, eine Konzessionierung des Glücksspielmarktes würde den Europäischen Gerichtshof veranlassen, das Lotteriemonopol aufzuheben: „Wir begründen das Lotteriemonopol nicht mit der Suchtprävention, sondern mit der hohen Manipulationsgefahr. Denn Lotteriezahlen werden anders als Sportergebnisse in geschlossenen Räumen festgestellt. Das vergleichbare dänische Modell wurde bereits von der EU-Kommission ratifiziert“, so Arp. (Ansgar Lange)

Andreas Schultheis – Text & Redaktion
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