Von der Wirklichkeit eingeholt – ein Zwischenruf zum Artikel „Spielbanken in der Krise: Nichts geht mehr“ in DerWesten/ WAZ vom 04.01.2010

Wieder einmal beklagen die staatlichen Spielbanken ihre Umsatzrückgänge im Jahre 2008, verdeutlicht werden die Zahlen durch Beispiele des Landes Nordrhein-Westfalen, wo die Westspiel-Gruppe vier öffentlich-rechtliche Spielbanken betreibt.

Schon bei der Standortauswahl wird deutlich, dass das staatliche Monopol offensichtlich weniger flexibel auf Veränderungen in Strukturen, der Konjunktur und gesetzlicher Rahmenbedingungen reagiert, als dies üblicherweise der Fall sein müsste.

Das gewerbliche Unterhaltungsautomatenspiel ist dagegen dem Wettbewerb seit Jahrzehnten ausgesetzt und reagiert entsprechend auf Veränderungen, um am Markt bestehen zu können. Offensichtlich hat diese Erkenntnis nun auch die staatlichen Spielbanken erreicht.

An dieser Stelle sei der Hinweis gestattet, dass sich der Staat in der Mitte des vergangenen Jahrhunderts zur Kanalisierung der Spielleidenschaft das so genannte „große Spiel“ – also Roulette, Bakkarat, Poker, etc. –selbst vorbehielt und für die breite Bevölkerung dem gewerblichen Unterhaltungsautomatenspiel gestattete, streng limitierte Geld- und Unterhaltungsspielgeräte zu betreiben. Automatensäle in Spielbanken waren damals Randerscheinungen.

Tatsächlich werden aber heute rund 77 % der Umsätze der staatlichen Spielbanken im Automatenspiel erzielt, was bedeutet, dass auch der Staat seit einigen Jahren zu einem großen Teil in angestammten Geschäftsbereichen der gewerblichen Unterhaltungsautomatenwirtschaft tätig ist. Diese Tendenz wird durch das Angebot von 5 oder 10 Cent-Spielen an den in staatlichen Spielbanken aufgestellten Slot-Machines (pro Linie!!) noch unterstrichen. Allerdings mit dem Unterschied, dass die Slot-Machines keinerlei Beschränkungen bei Zulassung, Anzahl, Spielzeiten sowie Gewinnen und Verlusten unterliegen. Während das gewerbliche Spiel streng reglementiert und klar geregelt ist, sind Gewinne, Einsätze und Verluste in Spielbanken völlig frei.

So warb die Spielbank Bad Ems im Frühjahr 2008 damit, dass es bei neuen Geräten möglich sei, pro Spiel Einsätze bis zu € 200,00 zu tätigen (ISA-Guide, 21.04.08). Dagegen nimmt sich der auf € 0,20 pro fünf Sekunden Spielzeit limitierte Einsatz an gewerblichen Geldgewinnspielgeräten geradezu anachronistisch aus. Zudem begrenzt die Spielverordnung den Spieleraufwand pro Stunde auf € 80,00 und den Maximalgewinn auf € 500,00. In der Praxis beträgt der durchschnittliche Spieleraufwand pro Stunde nur € 12,00 – 15,00.

Es war daher nur konsequent, im Rahmen des Glücksspielstaatsvertrages 2008 u. a. für Spielbanken den Spielerschutz durch Zugangskontrollen einzuführen, da im Gegensatz zum gewerblichen Spiel in den Slot-Machines der Spielbanken keine derartigen Beschränkungen vorhanden sind.

Im Übrigen ist es kein Wunder, dass an bestimmten Standorten im so genannten „großen Spiel nichts mehr geht“. Das Beispiel Sachsen-Anhalt zeigt deutlich, dass nicht in jeder Region genug Publikum für den rentablen Betrieb einer Spielbank vorhanden ist. Ähnliches gilt für Kurorte und inzwischen strukturschwache Regionen, wo auch das gewerbliche Spiel den veränderten Rahmenbedingungen Rechnung tragen musste. Dies ist aber im Wirtschaftsleben ein normaler Vorgang.

Zusätzlich haben die Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages dazu geführt, dass offensichtlich bis dahin vorhandene „Grauzonen“ im Angebot der staatlichen Spielbanken nicht mehr genutzt werden können und die Umsätze wegbrachen: So hätten „ausländische Spieler nicht die vorgeschriebenen Ausweispapiere“ zum Spielen und fehlten „Gastronomen“, welche nach Feierabend nicht mehr kommen, um ihr Geld zu verspielen (Bonner Generalanzeiger, 24.01.09). So sei laut BKA unstrittig, dass in deutschen Spielbanken vielfach gegen das Geldwäschegesetz und das Kreditwesengesetz verstoßen wird (Stern, 14.08.09). Auch das Bundesministerium für Finanzen habe Bedenken, ob im Spielbankenbereich eine wirksame Aufsicht über die Einhaltung der Pflichten nach dem Geldwäschegesetz tatsächlich ausgeübt wird (Der Spiegel, 38/09).

Stattdessen unter dem Hinweis auf angebliche Wettbewerbsverzerrungen und mangelnden Spielerschutz auf das gewerbliche Unterhaltungsspiel zu zeigen, geht daher fehl. Suchtpräventionshinweise gibt es dort nicht erst seit 2008, sondern schon seit 1989. Ebenso wird im Gegensatz zu staatlichen Spielbanken im gewerblichen Unterhaltungsautomatenspiel, seit 1985 gesetzlich verankert, kein Alkohol mehr ausgeschenkt. In staatlichen Spielbanken dagegen, kann nach wie vor Alkohol konsumiert werden. Ein klarer Kopf beim Spiel ist dort somit nicht garantiert. Im Übrigen tragen Ausfälle alkoholisierter Spielbankgäste nicht zu einer Steigerung der Attraktivität bei („Ehepaar randaliert im Casino am Nürburgring“, Bonner Generalanzeiger 29.12.09).

Von „weniger Kontrolle in Sachen Spielsucht“ kann im gewerblichen Spiel gar keine Rede sein, zumal mit der Neufassung der Spielverordnung zum 01.01.06 das gleichzeitige Bespielen mehrerer Geräte deutlich erschwert worden ist. Aufgrund der räumlichen Gegebenheiten in staatlichen Spielbanken ist dies demgegenüber mühelos möglich. Dass diese Regelung im gewerblichen Spiel funktioniert, beweisen Erhebungen des Arbeitskreises gegen Spielsucht e. V. in Unna, die einen deutlichen Rückgang des gleichzeitigen Bespielens mehrerer Geräte von 2,6 auf 1,3 Geräte eindrucksvoll dokumentieren.

Besonders interessant erscheint allerdings die Kritik an einigen nordrhein-westfälischen Kommunen, welche nicht von der Spielbankabgabe profitieren. Diese schafften nun durch die Ansiedelung gewerblicher Entertainmentcenter in ihren Gewerbegebieten in offensichtlich eine Konkurrenz zu den staatlichen Spielbanken, um ihre Einnahmen bei Gewerbe-, Vergnügungs- und Kommunalsteuern zu sichern. Es sei der Hinweis gestattet, dass auch in Nordrhein-Westfalen, wenn in diesem Segment auch eingeschränkt, wirtschaftlicher Wettbewerb herrscht.

Statt Kritik an anderen Marktteilnehmern zu üben, sollte besser in Service und Ausstattung der Spielbanken investiert werden. Schon der mehrfach gezogene Vergleich zwischen der Spielbank Duisburg und der Spielbank in Hohensyburg zeigt, dass auch attraktive staatliche Angebote vom Publikum angenommen werden (Kölnische Rundschau, 06.09.09). Schuld ist also nicht die gewerbliche Konkurrenz, sondern mangelnder Service und Kundennähe (vgl. „Ein-Euro-Partys“ und „Alkopops“, DerWesten, 09.07.09). Gewerbliche Spielstättenbetreiber haben dies schon vor Jahren richtig erkannt und konsequent in hochwertige Ausstattung, geschultes Personal und seriösen Service investiert. Dass sich diese Investitionen nun auszahlen, verwundert nicht.

Fazit: Wer sich im Monopol ausruht, ohne Service für den Kunden zu schaffen, wird – wie in diesem Falle – von der Wirklichkeit eingeholt und muss sich den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen stellen. Diese Erkenntnis gilt auch für die staatlichen Spielbanken.