Die wichtigsten Fragen und Antworten zu illegalen Lotteriewetten und zu den Erkenntnissen der Dissertation von Dr. Patrick Kemper

Lesen Sie hier unseren Beitrag zu dem Thema. Zur kompletten Dissertation von Dr. Patrick Kemper geht es geht es hier.

Was versteht man unter Online-Glücksspiel?

Online-Glücksspiele sind sämtliche Arten von Glücksspiel, die im Internet veranstaltet werden. Das sind unter anderem Online-Casinos, Online-Poker, Sportwetten und virtuelle Automatenspiele. Im Gegensatz dazu steht das Offline-Glücksspiel mit stationären Angeboten wie z.B. den Lotto-Annahmestellen oder Spielhallen. Die rechtlichen Rahmenbedingungen für Glücksspiel sind im Glücksspielstaatsvertrag geregelt. Demnach ist für ein legales Angebot eine deutsche Glücksspiel-Lizenz zwingend erforderlich. Eine Lizenz ausschließlich aus einem anderen EU-Land reicht nicht aus, um in Deutschland Online-Glücksspiel anzubieten. Ob ein Anbieter im Besitz einer deutschen Lizenz ist, kann auf der Whitelist des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt überprüft werden (ab 1. Januar 2023 erfolgt die Veröffentlichung durch die Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder).

Was sind Lotteriewetten und warum sind sie illegal?

Die Veranstalter von Lotteriewetten geben sich den Anschein eines klassischen Lotterieangebotes und täuschen vor, dass eine ganz normale Teilnahme an der Lotterieziehung stattfinde. Tatsächlich nehmen die Spielerinnen und Spieler bei den oftmals „Zweitlotterien“ genannten Angeboten aber nicht an der regulären Lotterie selbst teil, sondern geben beim Anbieter lediglich eine Wette auf die Ziehung der Lottozahlen ab. Eventuelle Gewinne werden größtenteils nicht aus Spieleinsätzen finanziert, sondern wenn überhaupt durch Risikoversicherungen, über die die Anbieter den Gewinn des Jackpots versichern. Die von den Anbietern meist angeführten „EU-Lizenzen“ sind in Deutschland rechtlich unbeachtlich, da Glücksspiel in den Mitgliedsländern reguliert wird. Bei illegalen Lotteriewetten handelt es sich damit um nicht genehmigungsfähige Wetten. Sie sind keine Lotterien im Sinne des Glücksspielstaatsvertrages Damit sind auch die Maßstäbe im Bereich Spielerschutz nicht gesichert.

Wie verbreitet sind illegale Lotteriewetten?

Der mit Abstand größte Anbieter illegaler Lotteriewetten in Deutschland ist die Lottoland-Gruppe – mit Sitz in Gibraltar und Malta, zu der auch „Lottohelden“ gehört. Die Spieleinsätze bei dem illegalen Anbieter dürften laut Jahresreport der Glücksspielaufsichtsbehörden der Länder im mittleren dreistelligen Millionenbereich liegen. Mehreren Anbietern wurde insbesondere in den vergangenen drei Jahren durch verwaltungs- und wettbewerbsrechtliche Urteile sowie dem Einschreiten der Aufsichten Einhalt geboten oder sie haben ihr Geschäftsmodell angepasst. Wachstumschancen versprechen sich illegale Anbieter heute vor allem im virtuellen Automatenspiel, Sportwetten oder Poker.

Gegen Angebote der Lottoland-Gruppe sind vor dem Hintergrund der Illegalität des Angebots eine Vielzahl von Urteilen ergangen, die das Unternehmen weitgehend ignoriert. Weitere Verfahren und strafrechtliche Ermittlungen gegen das Unternehmen und dessen Management sind anhängig.

Welche neuen Aspekte zeigt die Dissertation von Dr. Patrick Kemper in diesem Zusammenhang auf?

Die Arbeit ist die erste große juristische Untersuchung von Online-Glücksspiel und illegalen Lotteriewetten aus der Blickrichtung des Bereicherungsrechts. Vor diesem Hintergrund betrachtet Patrick Kemper den Markt der unerlaubten Lotteriewetten allumfassend und beschreibt erstmals zusammenhängend die gravierenden Auswirkungen für Verbraucher, Aufsichten, Gerichte, Zahlungsdienstleister und Wettbewerber gleichermaßen.

Welches sind die wesentlichen Aussagen der Arbeit von Dr. Patrick Kemper?

Verbraucher haben keinen Rechtsanspruch auf erzielten Gewinn:

Da es sich bei illegalen Lotteriewetten um nicht genehmigungsfähige Wetten handelt, haben Spielteilnehmer gegen den Veranstalter vor einem Zivilgericht in Deutschland keinen einklagbaren Anspruch auf einen erzielten Gewinn. Insofern besteht derzeit kein effektiver Verbraucherschutz.

Spielverträge mit illegalen Anbietern sind nichtig:

Die Arbeit von Dr. Patrick Kemper kommt zu dem Schluss, dass Spielverträge mit Online-Glücksspielveranstaltern bis Juli 2021 ohne deutsche Erlaubnis nichtig sind.

Verbraucher haben potenziellen Anspruch auf Rückforderung geleisteter Einsätze:

Da die Spielverträge nichtig sind, entsteht für die Spielteilnehmer ein potenzieller Anspruch auf Rückforderung der geleisteten Einsätze. Dies wurde bereits vielfach gerichtlich bestätigt. Eine entsprechende Rückforderungswelle mit Klagen von Spielteilnehmenden ist bereits ins Rollen gebracht.

Beweislast liegt beim Anbieter:

Die illegalen Anbieter argumentieren vor Gericht häufig, die Spielteilnehmer hätten Kenntnis von der verbotenen Spielteilnahme gehabt. Dieser Argumentation wurde in der Vergangenheit von vielen Gerichten aber nicht gefolgt. Vielmehr obliege den Veranstaltern die Darlegungs- und Beweislast – eine schwierig zu erfüllende Anforderung.

Mögliche Strafbarkeit des Verbrauchers:

Auch Spielteilnehmer machen sich unter Umständen gemäß § 285 StGB wegen der Beteiligung an einem unerlaubten Glücksspiel strafbar – wenn sie bereits im Vorfeld Kenntnis von der Illegalität hatten. Bei einer entsprechenden Verurteilung unterliegen die Gewinne aus der Beteiligung an einem unerlaubten Glücksspiel trotz eines nichtigen Spielvertrags zwingend der staatlichen Einziehung.

Welche Folgen ergeben sich für illegale Anbieter?

Als Schlussfolgerung aus der Arbeit von Patrick Kemper ergibt sich, dass sämtliche Einnahmen, die Anbieter aus der Veranstaltung unerlaubter Online-Glücksspiele erwirtschaften, in einem Strafverfahren durch ein Gericht eingezogen werden können – wenn verantwortliche Personen wegen der Unerlaubten Veranstaltung eines Glücksspiels (§ 284 StGB) rechtskräftig verurteilt worden sind. Befinden sich entsprechende Personen dauerhaft im Ausland, ist die Einleitung eines selbstständigen Einziehungsverfahrens möglich.

Welche Forderungen ergeben sich aus den Aussagen?

Für die Regulierung des länderübergreifenden Glücksspielmarktes insbesondere im Internet ist laut Glücksspielstaatsvertrag die Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder (GGL) zuständig. Diese hat zuletzt bereits angekündigt, im Kampf gegen illegale Anbieter vor allem IP-Blocking sowie Payment-Blocking einsetzen zu wollen. Es ist dringend erforderlich, diese Maßnahmen in direktem Austausch mit Providern und Bankenverbänden konsequent umzusetzen und damit vor allem die Verbraucher zu schützen. Hierfür ist auch intensiver grenzüberschreitender Austausch von Glücksspielaufsichten und Vollzugsbehörden unerlässlich. Erstrittene Urteile sollten mit Unterstützung der Behörden auch im Ausland Anwendung finden.

Patrick Kemper (Foto: Privat)
Patrick Kemper (Foto: Privat)
Zur Person:

Patrick Kemper Geboren 1993; Studium der Rechtswissenschaft an der Universität Bielefeld; 2018 Erste Juristische Prüfung; Wissenschaftlicher Mitarbeiter in zwei internationalen Großkanzleien in Düsseldorf; 2021 Promotion (Bielefeld); 2021 Master of Laws (LL.M.) an der University of Pretoria (Südafrika); Rechtsreferendariat im Bezirk des Oberlandesgerichts Düsseldorf.