FDP für Neuregelung des Glücksspielstaatsvertrages. Experten aus den Bereichen Sucht, Wirtschaft und Recht gegen Internetverbot.

Mit einem Blick über den nationalen Tellerrand stößt die FDP-Fraktionsvorsitzendenkonferenz die Diskussion zur Neuregelung des Glücksspielmarktes wieder an. Unter dem Motto „Die Konsequenzen des Glücksspielstaatsvertrags – Folgen des Monopols & Chancen einer Liberalisierung des Glücksspielmarktes“ trafen am Donnerstag in Berlin, internationale Experten aus den Bereichen Suchtforschung, Volkswirtschaft, Glücksspiel-Regulierung und Recht zusammen. Ziel der Veranstaltung: die Folgen des Glücksspielstaatsvertrags aufzuzeigen und neue Alternativmodelle aus anderen EU Ländern zu evaluieren.

Auf dem Papier dient das Staatsmonopol für Glücksspiel dem Spielerschutz und wurde durch ein generelles Internetverbot für Glücksspiele flankiert. Jörg Bode MdL, Vorsitzender der FDP-Fraktion im niedersächsischen Landtag und Schirmherr dieser Veranstaltung wendet sich gegen die derzeitige Regelung und verlangt mit Blick auf die bereits begonnene Evaluierung des Glücksspielstaatsvertrages eine eingehende Analyse der hiermit verursachten Folgen.

Detlef Parr MdB, sportpolitischer Sprecher sowie sucht- und drogenpolitischer Sprecher der FDPBundestagsfraktion sieht ebenfalls die Notwendigkeit einer Neuregelung und regt eine vorzeitige Kündigung des Glücksspielstaatsvertrags durch die Länder an, um ohne Verzögerung eine zeitgemäße Neuregelung zu schaffen, die Internetspiele wie Sportwetten und Online-Poker aus Sicht der Spieler und Veranstalter entkriminalisiert, dabei den Spielerschutz wahrt und gleichzeitig die Finanzierung gemeinnütziger Tätigkeiten sichert.

Dr. Wulf Hambach, Partner der Kanzlei Hambach & Hambach und Experte für Glücksspielrecht, wies auf die parallele Zielsetzung in anderen Ländern mit liberaleren Modellen hin. Er erläutert, dass die Schaffung eines attraktiven, kontrollierten und überwachten Angebots durch das Internetverbot in Deutschland torpediert wird, in dem es deutsche Online-Spieler in den Schwarzmarkt treibe. Die gesetzlichen vorgeschriebenen Ziele des Glücksspielstaatsvertrags (Sucht- und Begleitkriminalitätsbekämpfung und Kanalisierung des Spieltriebs) werden insbesondere durch eine Internetzensur gefährdet. Deutschland fahre damit einen Sonderweg in der EU, da in 21 von 27 Mitgliedsstaaten Glücksspiele im Internet gesetzlich erlaubt und geregelt oder zumindest geduldet werden.

Spezialisierte Rechtsanwälte aus Frankreich (Thibault Verbiest) und Italien (Quirino Mancini) bzw. Justiziare der Glücksspielaufsichtsbehörde aus Norwegen (Rolf Sims) und Gibraltar (Phill Brear) stellten den Zuhörern die jeweilige Regelung in ihrem Land vor und gaben Ratschläge für eine Neuregelung mit auf den Weg. So erklärte Quirino Mancini, Rechtsanwalt, Partner derKanzlei Sinisi, Ceschini, Mancini & Partner, Deutschland solle eine einheitliche Aufsichtsbehörde und Regelung schaffen, länderspezifische Regelungen seien schlicht nicht praktikabel. Er wies insbesondere auf die Vorreiterrolle Italiens zur Regelung von Online-Pokerangeboten hin, welche in Italien als Geschicklichkeitsspiele eingestuft und erlaubt angeboten werden können.

Der Verhaltsforscher Prof. Iver Hand (Leiter des Spielerprojektes Verhaltenstherapie Falkenried MVZ GmbH) kritisierte den überstrapazierten und gleichzeitig verharmlosten Begriff der „Spielsucht“. Der typische Warnhinweis „Spielen kann süchtig machen“ erinnert schon fast an einen Werbeslogan. Die Festlegung auf den Begriff der Spielsucht verhindere jegliche Finanzierung für verhaltenstherapeutische Forschung, obwohl Verhaltensstörungen nicht wie stoffgebundene Suchterkrankungen wie z.B. Alkoholsucht behandelt werden können. Für eine erfolgreiche Behandlung sei dringend eine psychotherapeutische Ausbildung erforderlich, alle eingesetzten Therapeuten müssten eine entsprechende Förderung und Ausbildung erhalten – dieser Weg werde zur Zeit aus politischen Gründen in Deutschland nicht verfolgt.

Prof. Friedrich Schneider analysierte die Umsatzrückgänge im Bereich öffentliches Glücksspiel in 2008 (zwischen 12 und 30 %) sowie das gleichzeitige Wachstum des Schwarzmarktes. Denn derjenige der im Internet spielen will, lässt sich durch das Verbot auf dem Papier nicht abhalten, sondern spiele weiter. Die zudem hiermit einhergehenden Folgen des Verlustes von Arbeitsplätzen, Steuereinnahmensowie Wertschöpfung für die deutsche Wirtschaft durch fehlende Werbung führen zu seiner dringenden Empfehlung zumindest eine Teilliberalisierung zu verfolgen.

In der abschließenden Podiumsdiskussion wurden die dargestellten Folgen mit Wolfgang Angenendt, Vertreter des Deutschen Toto- und Lottoblocks, sowie Christian Kipper, Geschäftsführer der ARD Fernsehlotterie, diskutiert. Wolfgang Angenendt relativierte die Umsatzrückgänge und sieht aufgrund der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zur derzeitigen Ausgestaltung des Monopols keine Alternative. Herr Kipper kritisiert die Werbebeschränkungen und das Verbot des Internetvertriebs, wodurch die Fortsetzung zahlreicher karitativer Projekte der ARD Fernsehlotterie stark gefährdet werde. Der duale Zweck „ Helfen & Gewinnen“ kann so nicht mehr vermittelt werden und gerade die jüngeren Bürger, die das Internet als selbstverständlichen Vertriebsweg annehmen, können durch das
Verbot nicht mehr erreicht werden

Detlef Parr MdB erklärt abschließend, dass notfalls eine Neuregelung auf Bundesebene notwendig sei, wenn sich auf Landesebene nichts bewege. Sowohl für Sportwetten als auch für Online-Spiele wie Online-Poker sei eine solche Regelung denkbar, um die Bürger nicht länger durch Verbote zu drangsalieren und in die Kriminalität zu treiben.

Damit steht für die FDP fest; Das Internetverbot im Glücksspielstaatsvertrag stellt v. a. wegen seiner Wirkungslosigkeit im Bereich Suchtbekämpfung und der Gefährdung wohltätiger Projekte wie der ARD Fernsehlotterie und des Breiten- und Spitzensports einen gefährlichen Sonderweg dar, den es durch eine Neuregelung mit EU-Standard zu korrigieren gilt!

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