Gedanken zu den Poker-Tournaments in der Schweiz

Leserbrief an ISA-GUIDE

Ich habe mir ein paar Gedanken gemacht zum Thema „Tournaments, durch ESBK bewilligt“, usw.

Ausschlaggebend war der Kommentar eines Kollegen, der mir sagte, dass er regelmäßig bei diesen „privaten“ Tournaments mit ESBK-Bewilligung mitspielen würde. Er erzählte mir, dass einige Tournaments mit Dealer, andere mit „Self-dealing“ ausgetragen werden. Final Table hat meistens einen Dealer, bis dahin müssen die Leute selbst dealen.

Hier könnte man ansetzen und mit der ESBK vielleicht etwas aushandeln

Stellt Euch folgendes Szenario vor: Da spielen die Leute Tournaments mit Self-dealing bis zum Final Table, und danach kommt ein offizieller Dealer, der die Karten gibt.
Ich will nicht behaupten, dass es bereits vorkommt, dass es Tournaments gibt, bei welchen so genannte „Mechaniker“ die Karten in der Weise mischen können, dass sie Einfluss haben auf die Verteilung der Karten.
Es kann durchaus sein, dass dies passiert, eventuell aber auch nicht. Ich selbst habe noch nie an so einem Tournament teilgenommen, und denke, ich werde es auch nicht, weil ich

a) kein Automobil habe, um flexibel genug sein zu können, durch die Schweiz zu fahren, wo die Anlässe sind, und

b) mich auf Cash-Games eingeschossen habe. Ich spiele auch Tournaments, aber nur die großen Multi-online, mit 500+ Spielern, wo man einen super Payback bekommt, wenn’s mal zum Final Table reicht. Ihr versteht schon.

Nun habe ich mir überlegt, dass man durch ein geschickt formuliertes Schreiben an die ESBK vielleicht etwas bewegen könnte, was für alle Seiten von Vorteil wäre. Lasst mich präzisieren:

1. Studien dieses Spieles, wie auch Gerichtsurteile (Bsp. Staat Kalifornien gegen einige Poker-Anbieter in den 70er Jahren) belegen eindeutig, dass es sich beim Spiel Poker um ein Spiel handelt, bei welchem der Faktor GLÜCK zwar eine Rolle spielt, aber keine Wesentliche. Und dass der Faktor „SKILL“ im hohen Maß mitentscheidend ist, ob ein Spieler langfristig gewinnen kann oder eben nicht.
Daneben sind andere Faktoren auch mit von Bedeutung, wie „Psychologie, Menschenkenntnis, mathematisches Grundverständnis“, usw.

2. Müssen diese legalisierten, privat durchgeführten Sit-and-Go-Tournaments (oder Multis) in einem durch fest vorgegebene Vorschriften derart begrenzten Rahmen durchgeführt werden, (an denen nicht gerüttelt werden kann) und will der Betreiber eine Chance haben, nicht ins Minus zu rutschen mit seinen Auslagen. Dann ist es unerlässlich, dass er eine Tournament-Fee verlangt, die es den Spielern langfristig nicht ermöglichen kann, das Spiel zu schlagen. Egal wie gut sie spielen.

Beispiel: Ein 45+15 Turnier hat also 25% Fee (60-15, wäre eine andere Betrachtungsweise).

Um so eine Fee „schlagen“ zu können, braucht man mehr Glück als andere, und zwar massiv mehr Glück. Oder einen Mechaniker, der die Kartenkonstellationen beim Mischen zu Gunsten des einen oder anderen Spielers beeinflussen kann.
Anders geht es nicht.
Es ist schlicht nicht möglich, dass bei solchen Grundvoraussetzungen irgendjemand der Spieler dauerhaft durch „Geschick“ gewinnen kann, wenn die anderen Spieler im Tournamant nicht massiv schlechter spielen.
Es reicht nicht einmal, wenn man 10% besser spielt als alle anderen, denn dann verlieren immer noch alle Spieler, und nur der Betreiber kann dabei gewinnen.

Um die Bedeutung und Wichtigkeit dieses Beispieles zu betonen, will ich noch etwas weiter ausholen: Es geht keinesfalls darum, die Idee dieser Tournaments in Frage zu stellen, sondern die Grundvoraussetzungen an sich, die die ESBK zugelassen hat. Was in der Form, wie wir es bisher haben, ein totaler Fehlentscheid gewesen ist – wie ich meine.
Nun, ist es nicht so, dass die Veranstalter dieser Events auf „self-dealing“ bestehen müssen, weil die Auslagen dieser Tournaments enorm hoch sind, und sie eigentlich nicht viel dabei verdienen können, wenn sie, sagen wir einmal „nur 15%“ Fee nehmen würden. Ein 50+7.50 Tournament, mit sagen wir einmal 200 Spielern, würde dem Anbieter somit 200×7.50 sfr, also 1500 sfr in die Kasse spülen. Doch das wird wohl kaum ausreichen, um 20 Dealers plus 1-2 Floormen und den Tournament-Direktor zu bezahlen. Abzüglich der Fee’s für die Miete des Saales, Verschleiß von Karten und Tischen, Transport der Tische, usw.
Dies sollte der ESBK einmal ganz klar vorgerechnet werden, und dann ließen sich vielleicht bessere Grundvoraussetzungen für das schaffen, worauf ich hinaus möchte.

Ich bin der Überzeugung, dass es nicht unsinnig wäre, über die Zulässigkeit von Cash-Games zu diskutieren, sofern fest vorgegebene Spiele unter fest vorgegebenen Limits , mit fest vorgegebenen Strukturen über Rake und Form der Besteuerung aufgestellt werden könnten.
Diese Art der Querfinanzierung würde es danach nämlich ermöglichen, Turniere OHNE SELF-DEALING durchzuführen, eine höhere Akzeptanz in der Bevölkerung zu erreichen und einen größeren Bekanntheitsgrad zu erzielen.

Als Vorlage würde ich die Berechnungen von den in Österreich sehr erfolgreich operierenden Card-Casinos (Concord Card Casino, seit den frühen 90ern in Wien), sowie das kürzlich in Betrieb genommene Poker Royale in Wiener Neustadt oder das auch erfolgreiche Poker World Casino in Wien nehmen.
Dort ist ein moderates Rake die Grundlage für ein dauerhaft mögliches Spiel. Sicherheitsleute garantieren, dass sich die Spieler wohl fühlen. Eine Restaurant-Option bietet weitere Einnahmemöglichkeiten und dient auch dazu, dem Gast einen besseren Service zu bieten.
Eine ganze Industrie ließe sich somit aufziehen. Und die Begründung, dass bei Cash-Games der Glücksfaktor bestimmt, und bei Tournaments der Skill-Faktor, das entspricht nun einmal ganz und gar nicht der Wahrheit. Das ist in meinen Augen einfach ein Witz!

Ich bin überzeugt, dass sich ein Betrieb operativ gewinnbringend führen ließe, wenn man Tournaments mit einer Fee von maximal 15% (inkl. Dealer-Tipp) und Cash-Games mit einem Maximal Rake von 10,- SFr pro Pot plus 1-2 SFr für den Jackpot oder High Hand Bonus plus Promotion, anbieten würde.

Diejenigen unter Euch, die sich täglich mit solchen Tournaments befassen, sollten sich einmal über die Zukunft der Poker-Szene in der Schweiz Gedanken machen. Die Tournament-Angelegenheit wird so langfristig nichts bringen. Und wer von den Tournament-Anbietern mit einer Struktur wie 45+15 glaubt, dass er es so langfristig auf einen Grünen Zweig schaffen kann, ist in meinen Augen in einer Traumwelt.
Das geht für mich ein in die Kategorie „Schlachte die Kuh, dann machst Du mehr Geld mit dem Fleisch heute als mit der Milch alleine“. Doch dabei bringt eine Kuh dennoch mehr Geld, wenn man sie schön pflegt und füttert, und dafür von ihr jahrelang die Milch abkassieren kann.“ Ich denke, ihr versteht was ich meine.

Wer sich mal die Zeit nimmt, dies mit einem Anwalt auszuarbeiten und einen entsprechenden Antrag an die ESBK zu leiten – unter Erwähnung dieser Kriterien (Gerichtsurteile, Risiken von Self-Dealing auf Grund von finanziell begrenzten Möglichkeiten oder Anhebung der Tournament Fee bis zu einem Grad, ab welchem das ganze ein chancenloser Anlass für die Spieler wird), der könnte durchaus gute Chancen haben, dass sich die ESBK auf so ein Projekt einlassen könnte – meine ich.

Wir sind schon halb auf dem Weg zum Ziel, und die andere Hälfte könnte man auch noch schaffen. Und dann wäre ich sicher einer der ersten, der sich für eine Anstellung als Floormen im ersten „Poker Card Casino Zürich“ oder wo immer dieser Club entstehen würde, bewerben würde.

Ich denke, selbst Finanziers wären zu Hauff vorhanden. Nun geht es nur noch darum, dass diejenigen, die über diese Lizenzen für Poker-Tournaments verfügen, einen entsprechenden Vorstoß machen, damit wir die Zukunft neu gestalten können.

Gruss
Railbird

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