Mittwoch, 24. April 2024

VIP Programme der britischen Online Casinos in der Kritik

Eine VIP-Leuchtreklame|Animation eines roten Teppich||Eine Bingokarte mit Zahlen und Spieler

Britische Online Casinos sind wegen ihrer VIP-Programme erneut ins Visier von Branchenkritikern geraten.

Animation eines roten Teppich

Online Casinos rollen für VIP- Spieler den roten Teppich aus. (Quelle: Pixabay)

Wie eine Recherche der Tageszeitung The Guardian ergeben hat, suchten Online Casino-Anbieter derzeit gezielt nach Mitarbeitern, die VIP-Kunden besonders lange an den digitalen Glücksspielen halten sollen.

Im Fachjargon werden unter „VIPs“ jene Kunden verstanden, die mit überdurchschnittlich hohen Einsätzen spielen oder wesentlich mehr Zeit als gewöhnliche Nutzer mit dem Spiel in Online Casinos verbringen.

Da sie den Glücksspielfirmen hohe Umsätze bescheren, werden den Spielern nicht selten Angebote in Form von Bargeldprämien, Gutscheinen, Casino-Boni oder Rabattaktionen offeriert.

Spielerschutz-Befürworter bemängeln, dass vor allem pathologische Spieler durch die Offerten immer wieder zum Zocken in den Online Casinos verleitet würden.

Erst im August dieses Jahres hatte die BBC Investigativ-Fernsehsendung Panorama die VIP-Werbeaktionen der Glücksspielfirmen kritisch beleuchtet.

Der notwendige Kampf um die VIP-Kunden

Die Online-Glücksspiel-Industrie Großbritanniens muss sich aktuell großen Herausforderungen stellen. Während der Markt wächst und immer mehr Spieler von landbasierten Angeboten zu Online Casinos und Online Buchmachern wechseln, steigt auch die Zahl der Anbieter, die ein Stück von diesem lukrativen Kuchen abhaben wollen.

Zusätzlich zu härteren Regulierungsmaßnahmen, Werbeeinschränkungen im TV und dem bevorstehenden Brexit müssen Online Glücksspiel-Unternehmen also immer wettbewerbsorientierter Programme entwickeln, um gegen eine starke Konkurrenz zu kämpfen. Aktivkunden zu halten und neue Kunden zu gewinnen, ist daher wirtschaftlich notwendig. Die VIP-Programme sind ein Mittel, um dieses Ziel zu erreichen.

Halten die Online Casinos, was sie versprechen?

Obgleich die Diskussion über den Einfluss und die Auswirkungen von VIP-Programmen auf Online Casino-Kunden seit Jahren anhält, wurde sie am vergangenen Wochenende aufs Neue entfacht.

Eine Bingokarte mit Zahlen und Spieler

Ein Bingo-Anbieter hat neue VIP-Mitarbeiter gesucht und damit eine Kontroverse verursacht. (Quelle: publicdomainpictures, licensed under Public Domain)

Anlass ist die Responsible Gambling Week (Link auf Englisch), bei der seit letztem Mittwoch die wichtigsten Aspekte verantwortungsvollen Spielens im Rahmen von Vorträgen und Diskussionsveranstaltungen zwischen Glücksspiel-Firmen, Medienpartnern, Regulatoren und Spielern besprochen werden.

Während britische Online Casino-Betreiber womöglich auch aufgrund von Sanktionsdrohungen und einer befürchteten Senkung der Einsatzlimits für Online Casino-Spiele aktuell mehr Engagement für den Spielerschutz versprechen, hat die britische Zeitung The Guardian überprüft, wie weit das Schutzinteresse der Unternehmen tatsächlich geht.

Das Ergebnis der am Sonntag veröffentlichten Recherche fiel ernüchternd aus: Zwar scheinen die Glücksspiel-Betreiber viel über den Schutz ihrer Kunden zu reden, scheinen aber weiterhin aktiv nach Mitarbeitern zu suchen, die VIP-Spieler zum Spielen in den Online Casinos anregen sollen.

Ihre Absichten verschwiegen die Unternehmen dabei nicht. So hieße es in einer Stellenanzeige des Online Bingo-Anbieters Gala Bingo, dass der Betrieb nach einem VIP-Führungsmitarbeiter suche, der den „Lebenszeitwert und den Umsatzbeitrag der VIP-Spieler-Gruppe“ erhöhe.

Besonders brisant scheint dabei, dass Gala Bingo eine Marke des Glücksspiel-Konzerns GVC Holdings ist. Die Unternehmensgruppe, zu der unter anderem der in Deutschland operierende Buchmacher bwin gehört, geriet schon Mitte letzter Woche wegen seiner angeblich unzureichenden Spielerschutzmaßnahmen in die öffentliche Kritik.

Spielerschützer schlagen Alarm

Die unverblümte Stellenanzeige rief bei britischen Spielerschützern ein negatives Echo hervor. Charles Ritchie, Aktivist der Wohltätigkeitsorganisation Gambling with Lives, bewertet die Jobausschreibung als weiteres Beispiel der unethischen Werbeziele der Glücksspiel-Firmen.

Gegenüber The Guardian sagte der Vater eines durch Suizid ums Leben gekommenen Spielers, dass die VIP-Werbung die „rücksichtslosen Praktiken“ der Konzerne zeige.

„Diese Werbung ist besonders furchterregend – das Ende des „Lebenszeitwerts“ eines Spielers für das Unternehmen kann durchaus das Ende der Lebenszeit des Spielers sein. Die rücksichtslosen Praktiken dieser Glücksspielunternehmen zielen darauf ab, die Abhängigkeit aufrechtzuerhalten und zu erhöhen. Selbstmord korreliert stark mit Spielsucht.“

Diese Ansicht teilt auch Tony Parente, ein ehemaliger VIP-Kunde des GVC-Tochterunternehmens Ladbrokes. Die Macher der VIP-Werbung berücksichtigten nicht die schädlichen Auswirkungen ihres Handelns, so der Ex-Spieler.

Glücksspiel-Firma zeigt sich uneinsichtig

Dass die GVC die an ihr formulierte Kritik nicht teilt, ließ ein Sprecher des Konzerns am Wochenende wissen. Das Unternehmen verpflichte sich, seinen Spielern die „möglichst sicherste Umgebung“ zum Spielen anzubieten.

Das hauseigene VIP-Programm sehe man dabei nicht als Problem. Wie in jeder anderen Industrie wolle man garantieren, dass die treusten und loyalsten Kunden den besten Service erhielten.

Dass die GVC ein Produkt mit erhöhter Suchtgefahr anbietet, das krankhaften Spielern die finanzielle Existenz kosten kann, blieb unerwähnt.