Die Zukunft des gewerblichen Spiels in Bayern: Quo vadis, Glücksspielbranche?

Neuötting – Wie geht es weiter nach dem 30.06.2021 in Bayern, wenn die Härtefallregelung für Spielhallenbetreiber ausläuft? Dieses brisante Thema erörterten Andy Meindl, 1. Vorsitzender des Bayerischen Automaten-Verbandes (BAV) und Jens Langner, Geschäftsführer Automatenvertrieb Otto Leinweber GmbH, im Rahmen des Pressegesprächs am 9. Oktober 2019 im PresseClub München. Im Fokus standen die aktuelle Lage sowie die Zukunftsaussichten der gewerblichen Spieleinrichtungen in Bayern.

Stichtag 30.06.2021 – Auslaufen der Härtefallregelung für Spielhallenbetreiber in Bayern

Nach dem Auslaufen der Übergangsfristen des Glücksspieländerungsstaatsvertrages (Juli 2017) hat sich Bayern – im Gegensatz zu einigen Bundesländern, die über die Schließung von Spielhallen verfügten – für den moderaten Weg der Härtefallregelung entschieden. Die Härtefallregelung bietet Spielhallenbetreibern, die die neuen gesetzlichen Regelungen nicht erfüllen können, die Chance zur Weiterführung ihres Betriebes bis 30.06.2021 und geht mit zahlreichen Auflagen einher (z.B. Verlängerung der Sperrzeit, Schulung und Betreuung der Spieler, Zertifizierung der Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften etc.). Mit dem Ziel, den Spieler- und Jugendschutz noch intensiver zu stärken.

Erfolgsmodell „Bayerischer Weg“

Die Härtefallregelung wurde von den Spielhallenbetreibern in Bayern äußerst positiv angenommen. Deshalb appelliert der BAV an die Politik, das Erfolgsmodell „Bayerischer Weg“ gemeinsam erfolgreich in den Zeitraum nach 2021 zu transformieren, um negativen Entwicklungen dauerhaft entgegenzuwirken und Sicherheit und Stabilität sowohl für die Spielenden als auch für die Spielhallenbetreiber zu gewährleisten.

Enorme Gefahren und Risiken für Spielerschutz, Jugendschutz und erfolgreiche Prävention

Erfolgt keine Verlängerung der Härtefallregelung über den 30.06.2021 hinaus, droht den legal Spielenden der Verlust ihrer sicheren und oft langjährig vertrauten Spielumgebung und damit verbunden der Verlust eines professionellen, gesetzlich geregelten Jugend- und Spielerschutzes. Sind sichere Spielstätten nicht mehr existent, besteht die Gefahr einer massiven Abwanderung der Spielenden zu risikoreicheren, unregulierten und ungeschützten Spielformen. Bei diesen findet keine soziale Kontrolle, kein Spieler- und Jugendschutz und auch keine Prävention statt. Auch ist die Gefahr der Spielsucht deutlich höher, insbesondere bei derzeit illegalen Online-Casinos.

Glücksspiel ist nicht gleich Glücksspiel

Jens Langner, Geschäftsführer Automatenvertrieb Otto Leinweber GmbH: „Glücksspiel ist nicht gleich Glücksspiel, sondern die unterschiedlichen Glücksspielarten (Lotterie, Sportwetten, gewerbliches Spiel, Spielbanken, Online-Casinos) unterliegen einer Vielzahl unterschiedlicher gesetzlicher Regularien. Dies ist dem Verbraucher meist nicht bekannt. In Folge unterscheidet er nicht zwischen unreguliertem oder illegalem Spiel und dem regulierten, legalen geschützten Spiel und den damit verbundenen Qualitätskriterien. Es ist jedoch unsere gesellschaftliche Aufgabe, sicherzustellen, dass Glücksspiele ordnungsgemäß durchgeführt und die Spieler vor betrügerischen Machenschaften zuverlässig geschützt werden. Das gewerbliche Spiel ist in Deutschland die Spielform, die mit Abstand den härtesten gesetzlichen Auflagen unterliegt und den Spielenden maximalen Spielerschutz bietet.“

Gelingt es nicht, die Härtefallregelung in den Zeitraum nach 2021 zu transformieren, entzieht man der breiten Öffentlichkeit das sichere Spiel und bietet illegalen Spielangeboten eine Steilvorlage. Andy Meindl, 1. Vorsitzender BAV: „Dies steht in krassem Widerspruch zu den Zielen des Glücksspielstaatsvertrages, dessen Ziel es u.a. ist, illegale Spielangebote zurückzudrängen.“
Auch im wirtschaftlichen Bereich drohen einschneidende Folgen: tausende Arbeitsplätze sind in Gefahr und zahlreiche Spielhallenbetreiber (oft seit mehrere Generationen Traditionsbetriebe) verlieren ihre Existenzgrundlage. Zudem entgehen dem Staat Einnahmen in beachtlicher Höhe, da die illegalen Anbieter keine Steuern entrichten. Andy Meindl: „Qualität hat in unserer Branche oberste Priorität, sei es in Form von Zertifizierung, Jugend- und Spielerschutz sowie professioneller Prävention. Die entwickelten Zertifizierungs- und Präventionsschulungen für die Mitarbeiter in Spielhallen tragen in Bayern in hohem Maße zur Qualitätssicherung bei. Aktuell sind in Bayern 90 Prozent der organisierten Automatenunternehmen zertifiziert.“

Zukunft des legalen, sicheren und geschützten Spiels nachhaltig sicherstellen

Der BAV appelliert an den Gesetzgeber, die legalen Spielformen dauerhaft zu stärken.
Für ein geregeltes und sicheres Spiel sowie zum Schutz der Verbraucher und für eine tragfähige Perspektive aller legaler, qualifizierter Unternehmen. Deshalb fordert der BAV eine Transformation der Härtefallregelung und damit verbunden dem Bestandsschutz für alle bayerischen Spielhallen in den Zeitraum nach dem 30.06.2021. Um endlich allen legalen Spielhallenbetreibern Planungs- sicherheit unterbreiten zu können. Zudem fordert der BAV die Kohärenz (Gleichbehandlung) aller Glücksspielformen sowie eine kohärente Regelung auch im Bereich der Werbemarktaktivitäten. Über alle Spielformen hinweg müssen dieselben Anforderungen und Beschränkungen gelten, nur so hat der Verbraucher die volle Transparenz. So stehen z.B. Abstandsregelungen aus Sicht des BAV im digitalen Zeitalter in krassem Widerspruch zum unregulierten Online-Spiel, das zu jeder Zeit sowie an jedem Ort (ohne jegliche Distanzbeschränkung) verfügbar ist. Der BAV tritt außerdem dafür ein, dass Spielhallen ihr Angebot erweitern und weitere Spielformen (wie z.B. Sportwetten, staatliche Lottoannahmestellen etc.) im gesicherten Spielraum Spielhalle anbieten können (Pooling von Glücksspielangeboten). Um mit anderen Spielformen dauerhaft wettbewerbsfähig zu bleiben, ist es für den BAV zudem unabdingbar, den Spielenden ein modernes, attraktives Spiel zu bieten.

Der Bayerische Automaten-Verband e.V. (BAV)
Der Bayerische Automaten-Verband e.V. setzt sich in Bayern seit über 60 Jahren mit größtmöglichem Engagement für die Interessen der Aufstellunternehmer des gewerblichen Automatenspiels ein.
Unter den Mitgliedsunternehmen befinden sich alle Betriebsgrößen. Die Mitglieder erhalten vom Landesverband fachliche Unterstützung zu einer Vielzahl von Themen, z. B. Ausbildung oder Sozialkonzept. Auch die politische Interessenvertretung ist ein essenzieller Baustein der Arbeit des BAV. Die juristischen Rahmenbedingungen müssen dem Unternehmer ein erfolgreiches wirtschaftliches Handeln ermöglichen. Dafür setzt sich der BAV, als gewählter Vertreter der organisierten Aufstellerschaft in Bayern, täglich ehrenamtlich ein. Er pflegt den kontinuierlichen Austausch mit politischen Entscheidungsträgern, steht im Dialog mit Mitarbeitern der Behörden und Verwaltungen und unterstützt die Mitglieder beim Verfassen von Anschreiben sowie bei Gesprächsterminen.