CDU ließ Pokern – darf sie das?

Die Ankündigung war eher banal, genau 16 Zeilen lang – und sie fand sich in etlichen Internetforen sowie in kleinen Regionalzeitungen: „Der CDU-Ortsverband Bargteheide (Schleswig-Holstein) veranstaltet mit Unterstützung der Jungen Union Stormarn am kommenden Sonnabend ein Pokerturnier. Interessierte treffen sich ab 16 Uhr im Restaurant Freizeitstuben (…). Das Startgeld in Höhe von 10 Euro wird für attraktive Preise verwendet. Aus organisatorischen Gründen bittet die CDU um eine Anmeldung (…).“

Unsere Kollegen von PokerToday machten sich am Wochenende auf den Weg und fanden tatsächlich ein wohlorganisiertes Turnier vor. Ca. 30 Teilnehmer zahlten das Buy-in und zockten den Nachmittag über um Sachpreise, die durchaus mehr wert zu sein schienen als die Summe des Unkostenbeitrags. Als Kassenwartin fungierte niemand anderes als die CDU-Ortsvorsitzende von Bargteheide, Cornelia Harmuth. Hendrik Maier, Ortsvorsitzender der CDU Oststeinbek, ließ sich unwidersprochen als Organisator des Turniers titulieren.

Es handelt sich um dieselbe CDU, die maßgeblich am Zustandekommen des neuen Glücksspielstaatsvertrags (seit 1.1.2008 in Kraft) beteiligt war, der auf diesen Seiten schon häufig Gegenstand der Berichterstattung gewesen ist. Poker ist demzufolge ein Glücksspiel, das außerhalb von staatlichen Casinos strengsten Restriktionen unterworfen bleibt. Schon allein die Formulierung im Pressetext „Das Startgeld … wird für attraktive Preise verwendet“ hätte nach dem Buchstaben des Gesetzes sofort die Staatsanwaltschaft auf den Plan rufen müssen, denn solcherlei Vorgehensweise ist selbstverständlich illegal.

Wir fragen nach beim zuständigen Ordnungsamt. Er habe am Freitag einen kurzen Anruf der CDU-Ortsvorsitzenden Harmuth erhalten, die ihn auf das Turnier hinwies, erklärt Dietmar Fleischmann, Chef der Ordnungsamtes Bargteheide, der sich im Nachhinein über die reichlich verspätete Anfrage recht irritiert zeigt: „Normalerweise würden wir uns mit so einer Veranstaltung nur nach einem längeren Vorlauf beschäftigen. Aber da mir in diesem Fall die beteiligten Personen sehr gut persönlich bekannt sind und keine illegalen Aktivitäten zu befürchten standen, haben wir ein Auge zugedrückt.“ Den Schwarzen Peter gibt Fleischmann zunächst an diejenigen Mitarbeiter weiter, die im Vorfeld die entsprechende Plakatierung hätten genehmigen müssen: „Da hätte bereits eine Mitteilung an meine Behörde erfolgen müssen.“

Künftig werde, so Fleischmann weiter, der einschlägige kurze Dienstweg in so einer heiklen Sache nicht beschritten werden können: „Alle Beteiligten wurden darauf hingewiesen, künftig für vergleichbare Veranstaltungen einen längeren Vorlauf einzuhalten.“ Im Übrigen ist der Behördenchef mit der aktuellen Regelung alles andere als zufrieden: „Da wird mit zweierlei Maß gemessen. Wenn das Skatturnier der freiwilligen Feuerwehr nach anderen Richtlinien beurteilt werden soll als ein Pokerturnier um Sachpreise, entsteht eine Ungleichbehandlung, die nur schwer hinzunehmen ist.“

Mit großem Interesse vernahm auch Fred Suleyman die seltsamen Nachrichten aus Bargteheide. Der Hamburger, der in der Hansestadt einen Pokerroom betreibt sowie professionell Pokerturniere veranstaltet und damit in der Vergangenheit des öfteren große Schwierigkeiten mit den Behörden bekam, findet es zunächst einmal „extrem seltsam“, dass die CDU ihr Turnier quasi „auf Zuruf“ genehmigt bekam:

Wenn man weiß, welchen Aufwand man normalerweise betreiben muss, um solche Genehmigungen zu erhalten, dann ist es fast ein bisschen lächerlich, dass ausgerechnet die CDU mehr oder weniger durchgewunken wird meint Suleyman, der die Vorgänge von Bargteheide gleichzeitig aber auch als Chance begreift:

Vielleicht ist es ein erster Schritt zu einer echten Gleichbehandlung. Wenn die Behörden den kurzen Dienstweg beibehalten und sich im Einzelfall zu unkomplizierten Entscheidungen durchringen, könnte Poker den Ruf der illegalen Hinterzimmer-Aktivität endlich mal verlieren.

Bild: http://www.intellipoker.com/