Insic: Geldwäscheprävention in Wettvermittlungsstellen auf Basis der neuen AUA

Die neuen Auslegungs- und Anwendungshinweise zum Geldwäschegesetz für Veranstalter und Vermittler von Glücksspielen (AuA) liegen vor. Die Vorgaben scheinen im Großen und Ganzen praktikabel und vermittelbar zu sein. Die Juristen in der Leserschaft setzen sich bereits formal mit den schwierigeren Themen im Segment der Sportwette wie der Ausgestaltung von Live-Wetten und der Einordnung als Hochrisikoprodukt auseinander. Wir danken für die begleitend klärende Unterstützung.

Aus Sicht eines Geldwäschebeauftragten (GWB) vor Ort werden wir jenseits des juristischen Geschäftes die konkreten Auswirkungen in der Praxis versuchen zu beleuchten. Beindruckende 75 Seiten in den AuA sind eines Juristen täglich Brot, für den Mitarbeiter in der Wettvermittlungsstelle allerdings wenig handhabbar.

Wir versuchen nun die Inhalte verkürzt und damit fachlich im Detail unscharf zu übersetzen. Die Unschärfe erhält eine zusätzliche Dimension, da es für die Bundesländer neben der gewerberechtlichen Einordnung weiterhin Spielraum für individuelle Auslegungen gibt. Mit der Tätigkeit in den Bundesländern Schleswig-Holstein, Hamburg und Berlin werden wir uns auch zukünftig mit wesentlich unterschiedlichen Anforderungen vor Ort auseinandersetzen.

Die erste praktische Frage betrifft die Frist zur Umsetzung der geforderten Maßnahmen. Nach unserem Eindruck akzeptieren die Organe den Status eines ernsthaften work-in-progress. Eine erste Risikoanalyse sollten alle Lizenzinhaber inzwischen vorliegen haben, wobei viele Vorgaben aus Lizenzgebenden Ländern wie Österreich und Malta auch auf Deutschland übertragbar bleiben. Die Schulungsprogramme sind angelaufen und der Prozess der Sensibilisierung der Mitarbeiter an der Wettkasse hat begonnen. Wir werden ehrlicherweise 3-6 Monate für die Umsetzung der wesentlichen Aufgabenpakete benötigen, um dann auch die IT-Lösungen im Feld zu haben.

In den Präsenz-Schulungen wird deutlich, dass die persönlichen Gespräche mit dem GWB und die zum Teil auch kontroversen Diskussionen mit den Mitarbeitern den wesentlichen Teil der Seminare ausmachen. Im Ringen um den Kunden, den Erhalt der Arbeitsplätze und dem Wunsch eines regulierten Umfeldes bedarf es der besonderen Aufmerksamkeit und Bereitschaft zum persönlichen Gespräch. Die Überzeugung greift, das Ankern der Schwerpunkte gelingt nur aus einer tieferen Erkenntnis und nicht lediglich über die Vermittlung des formalen Kerns.

Das 2.000€ Limit für anonyme Ein- und Auszahlungen ist natürlich das Thema. Außerhalb von Schleswig-Holstein mit dem Verbot der anonymen Spielteilnahme sind die Fragen des Splittings, Platzierung mehrerer gleichartiger Wetten bei ausgeglichenen Quoten oder die Bewertung des zeitlichen Zusammenhanges zentral.

Immer wieder wird das Beispiel des Kunden genannt, der bei einem geringen anonymen Einsatz mit einer glücklichen Kombiwette über 2.000€ gewinnt. Die Erwartung des Kunden ist, den Einsatz ohne Identifizierung ausgezahlt zu bekommen. Der Kunde nimmt diese Anforderung als vom Wettveranstalter zusätzlich aufgebaute Hürde wahr, um die Gewinnauszahlung zu verzögern. Der regulatorische Hintergrund erschließt sich zunächst nicht.

Es bleibt die Aufgabe des GWB auf Basis der nun konkret vorliegenden Bestimmungen den Wettannahmestellen verständliche Kundeninformation zur Verfügung zu stellen, die dann in der Kommunikation mit dem Kunden das Verständnis und die Akzeptanz ermöglichen. Jenseits eines Aushanges liegt es in der Hand der Veranstalter z.B. über Hinweise auf den Spielquittungen den Spielteilnehmer rechtzeitig zu informieren.

Die real-time Überwachung der Spieltransaktionen durch die IT-Systeme des Veranstalters und die automatische Eskalation an den GWB zur weiteren Beurteilung bleibt in den konkreten Anforderungen unklar. Als GWB ist die Aufgabe den zeitlichen und sachlichen Zusammenhang von außerordentlichen und anonymen Transaktionen zu erkennen und im zeitnahen (Telefon-)Gespräch mit den Mitarbeitern in den Shops auf mögliche Muster vor Ort aufmerksam zu machen. Erfolgt im Shop eine Auszahlung von über 2.000€, so ist die Erkennung und die Rückmeldung an den Shop einfach. Interessanter werden Regeln wie die Überwachung mehrerer signifikanter Transaktionen von z.B. über 500€ in den letzten 6 Stunden.

Wir sind noch in einer Experimentierphase, um die praktische Relevanz zu evaluieren und konkrete Regelwerke zu ermitteln.

Große Wettanbieter erleichtern die Arbeit des GWB durch das Monitoring ihres eigenen Buches. Wir treffen auf ausgefeilte Regelwerke des Risikomanagements, ohne die ein Buch schon aus Selbstschutz nicht wirtschaftlich betrieben werden kann. Neben der eigenen elektronischen Überwachung und den externen Systemen zur Wettüberwachung wie Betradar ist der Anruf des Mitarbeiters beim Buchmacher zur individuellen Freigabe einer Wette ab 200€-500€ intern zwingend vorgeschrieben, unabhängig davon, ob eine Wette anonym oder spielerbezogen ist. Schon der Buchmacher seinerseits stellt im Hintergrund den Zusammenhang zum Spieler und dessen Transaktionen in einer Gesamtschau her.

Bei Wetten auf Kundenkarten und im Internet ist der Bezug zur Identität klar. FIU Verdachtsmeldungen sind auf den Spielteilnehmer bezogen und nach einer Identifikation niederschwellig zu erstellen. Vor der Meldung ist die vollständige Kundenhistorie (Spiel- und Zahltransaktionen, Stammdaten) im Kontext des Verdachtsfalles in einer Gesamtschau zu würdigen. Weitere Aktivitäten wie die Bestätigung der Adress- und Kontodaten sind genauso angezeigt wie die Prüfung des Status in PEP und internationalen Sanktionslisten.

In diesem Zusammenhang sei noch einmal auf die Auswahl der genutzten Sanktionslisten hingewiesen. Neuerdings gibt es Listentreffer auf Sanktionslisten, die offensichtlich politisch motiviert sind. In der Praxis bemühen wir uns inzwischen festzustellen, ob es sich bei einer betroffenen Person z.B. um einen Journalisten handelt, der im Heimatland in Ungnade gefallen ist. Nicht mehr die schiere Anzahl von Listen im Portfolio, sondern deren Qualität ist ausschlaggebend für die Beurteilung. Die Nutzung von Listen aus nicht sicheren Drittstaaten sollte vermieden werden.

Die Identifizierung mittels elektronischer Ausweiskopie ist in den AuA nun klarer geworden. Es liegt in der Natur der Klientel in den Wettannahmestellen, das auch Spielern mit Migrationshintergrund eine Teilnahme am regulierten Spielbetrieb zu ermöglichen ist. In Deutschland zählen wir fünfunddreißig, in Österreich fünfundzwanzig, in der Schweiz siebzehn und in der Türkei neun unterschiedliche Ausweis-Dokumente, die den Vorgaben der AuA entsprechen dürften. Wir nutzen als Referenz für Prüffälle Ausweis-Datenbanken die global mehr als 2.500 unterschiedliche Formate der geforderten Struktur umfassen. Die konkrete Prüfung einer elektronischen Kopie anhand einer Vielzahl von Sicherheitsmerkmalen kann einen Verdacht erhärten und die Verdachtsmeldung wesentlich verbessern. Zur praxisgerechten Kommunikation verkürzen wir die Beschreibung für die Mitarbeiter in der Wettannahmestelle auf den Begriff des „offensichtlich international gültigen Reisedokumentes“, hierzu gehören in der EU auch Personalausweise.

Nach einer automatischen oder manuellen Ausweiserkennung erfolgt in unserem Ansatz ohne weitere Interaktion die PEP– und Sanktionslistenprüfung sowie die OASIS Sperrlisten-Freigabe, bevor ein Spielteilnehmer zum Spiel zugelassen wird. Neu in der Regulierung ist die Pflicht bei der Spielteilnahme nach der Identifizierung entweder einen Ausweis vorzulegen, oder bei der Scheinabgabe das Bild des Spielteilnehmers in der Wettkasse anzuzeigen. Wir planen das besondere Thema der Ausweiserkennung und Verarbeitung in einem späteren Artikel tiefer zu beleuchten.

Aus Sicht der Franchise-Nehmer ist zu begrüßen, dass der Veranstalter nun auch formal den Rahmen der Geldwäscheprävention setzen kann und die Bestellung des GWB zentral organisiert werden darf. Die Haftung bleibt bei dem Franchise-Nehmer, die Aufsicht wird aber z.B. eine genehmigte Risikoanalyse für den Veranstalter oder den zentral bestellten GWB akzeptieren.

Die Zuverlässigkeitsprüfung der Mitarbeiter verbleibt als Pflicht beim Franchisenehmer. An dieser Stelle Bedarf es allerdings noch der Klärung der Details zur Umsetzung der Anforderung in den AUA zur „Vorlage einer Bonitätsauskunft, welche von einer Auskunftei erstellt worden ist“. Wesentliche Auskunfteien verweigern zurzeit derartige Auskünfte, wenn diese über den Arbeitgeber angefragt werden. Wir sind zurzeit in Klärung dieses Sachverhaltes im Dialog mit den maßgeblichen Auskunfteien.

Auf Basis der klärenden AuA gilt es jetzt dem Ruf der Wettvermittlungsstellen nach genauen Handlungsanweisungen aus dem Management zu entsprechen. Der GWB bleibt der Bote, der in diesem Fall nicht mit dem schnellen Pferd ausgestattet, möglichst schnell das Weite sucht, sondern beharrlich und in kleinen Schritten die Umsetzung unterstützt und durchsetzt.