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Streit um Online-Casinos

Ärger in Kiel: Wird das Landeswappen missbraucht?

Glücksspiel per Mausklick: Online-Casinos sind auch in Schleswig-Holstein zumindest vorläufig wieder verboten. Trotzdem werben einige im TV noch mit dem Landeswappen. Das sorgt für Ärger.

Glücksspiel per Mausklick: Online-Casinos sind auch in Schleswig-Holstein zumindest vorläufig wieder verboten. Trotzdem werben einige im TV noch mit dem Landeswappen. Das sorgt für Ärger.

Kiel. Glücksspiel im Online-Casino: Die letzten Lizenzen, die Schleswig-Holsteins schwarz-gelbe Landesregierung 2011 im bundesweiten Alleingang vergeben hat, sind in diesen Wochen ausgelaufen. Einige Anbieter scheint das nicht zu kümmern. Sie werben in TV-Spots weiter mit dem Landeswappen – für ein jetzt streng genommen sogar illegales Geschäft.

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Stegner kritisiert „schwarzgelbe Zockerfreunde“

SPD-Chef Ralf Stegner ist empört. „Illegales Online-Glückspiel“ werde von der „schwarzen Ampelkoalition im Norden geduldet“, twitterte er prompt. Und das, „obwohl entsprechende SH-Sonderlizenzen aus der Zeit der schwarzgelben Zockerfreunde“ doch „endlich ausgelaufen sind“.

Der NDR hatte darüber berichtet. Und tatsächlich: Es ist ganz klar das Wappen Schleswig-Holsteins, das da allabendlich im Privat-TV über den Bildschirm flimmert. Ein Online-Casino wirbt damit bundesweit um Spieler. Auch die Anmeldung dort sei noch problemlos möglich, obwohl solches Online-Glücksspiel nach dem Ende des Sonderwegs des Landes beim Glücksspielrecht eigentlich verboten ist, heißt es von dem Sender. Auf Werbetafeln eines anderen Anbieters sei auch noch ein Verweis darauf zu sehen, dass man ein vermeintlich legales Glücksspiel sei.

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Schleswig-Holsteins Landesflagge im Wind

Schleswig-Holsteins Landesflagge im Wind. Das Wappen zieren zwei Löwen und ein Nesselblatt.

Stegner wittert einen regelrechten Missbrauch des Landeswappens. Die Glücksspielaufsicht müsse jetzt „Konsequenzen ziehen“. Tilman Becker, Leiter der Forschungsstelle Glücksspiel an der Universität Hohenheim, konstatiert im NDR sogar „ein Staatsversagen im Glücksspielbereich“. Offenbar würden die Regeln auf diesem Markt nicht eingehalten. Und tatsächlich ist man auch im CDU-Innenministerium nicht sehr glücklich über den Vorgang. Mit dem Auslaufen der Lizenzen sei auch die Genehmigung für die Nutzung des Wappens entfallen. Da die Unternehmen aber trotz der geänderten Rechtslage eine Verlängerung der Lizenzen beantragt hätten, werde es aber in Kürze ohnehin zu einer Anhörung kommen. Dabei werde man mögliche Verstöße hinsichtlich der Nutzung des Wappens zum Thema machen.

CDU: Lizenznehmer haben sich an alle Regeln gehalten

Der CDU-Landtagsabgeordnete Hans-Jörn Arp will dennoch nicht von einem Missbrauch sprechen. Die bisherigen Lizenznehmer hätten sich ja bislang an alle Regeln gehalten. So mussten sie im Gegenzug Steuern und Abgaben zahlen und Sicherungen zum Spielerschutz einbauen. Unter dieser Voraussetzung hatte Schleswig-Holstein ihnen 2011 als einziges Bundesland Lizenzen erteilt. Die SPD-Grünen-SSW-Regierung kippte das Gesetz wieder. Die Lizenzen behielten aber bis 2019 ihre Gültigkeit.

Und man hätte sie auch gerne weiter verlängert, wie Arp betont. Denn: Die anderen Bundesländer hätten Online-Casino-Spiele per Staatsvertrag zwar formal verboten. Kontrollierbar sei ein solches Verbot aber praktisch nicht. Jeder Bürger könne sich schließlich einfach von Handy, Laptop oder PC aus auf Server von Anbietern in anderen europäischen Ländern einwählen, in denen das Online-Glücksspiel in der Regel erlaubt ist. Das gelte umso mehr, als auch der Europäische Gerichtshof mit seinen Urteilen den Anbietern immer wieder Rückendeckung gebe. Schließlich müssten Dienstleistungen innerhalb der EU eigentlich frei angeboten werden dürfen, also auch deren Online-Glücksspiel in Deutschland.

Löwen und Nesselblatt

Schleswig-Holsteins Landeswappen zeigt im vom Betrachter aus linken Feld zwei blaue Löwen auf goldenem Grund. Es sind die Schleswigschen Löwen des dänischen Wappens. Im rechten Feld befindet sich ein silbernes oder weißes Schild mit roter Borte. Es ist das alte Wappen der Schauenburger Grafen und wird als holsteinisches Nesselblatt bezeichnet. In seiner heutigen Form wurde es 1957 als Landeswappen eingeführt.

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Offenbar aufgrund dieser unübersichtlichen Rechtslage werben die Anbieter auch weiter im deutschen TV für ihre Angebote. Man müsse sowieso generell zur Kenntnis nehmen, dass der unregulierte und unkontrollierte Markt gemessen am Spielertrag allein 2014 bis 2017 um über 80 Prozent gewachsen sei, sagt der Chef der Kieler Staatskanzlei, Dirk Schrödter. Er wirbt daher derzeit bei den anderen Ländern um Unterstützung dafür, das Glücksspielrecht auf der nächsten Ministerpräsidentenkonferenz im März diesmal bundeseinheitlich im Sinne Schleswig-Holsteins zu liberalisieren. Die CDU-geführten Länder hat man dafür bereits gewonnen. Die SPD-geführten Länder blockieren das bislang.

Grüne werfen der SPD „Doppelmoral“ vor

Die FDP und die Grünen sind dabei mit im Boot. „Wir wollen möglichst viel bislang illegales Glücksspiel legalisieren und dadurch zu unseren Bedingungen regulieren und kontrollieren, etwa auf Einhaltung von Jugend- und Spielerschutz“, sagt der Grüne Landtagsabgeordnete Rasmus Andresen. Stegner und der SPD wirft er „Doppelmoral“ vor. Sie würden einfach die Augen davor verschließen, dass ihre Verbotspolitik nicht funktioniere und offensichtlich niemanden vom Online-Glücksspiel abhalte.

Wolfram Hammer

LN

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