Landgericht Nürnberg ändert seine Rechtsprechung zu Gunsten privater Sportwettvermittler

Das Landgericht Nürnberg hat mit Beschluss vom 28.11.2007, 13 Qs 85/2007, auf eine Beschwerde von Rechtsanwalt Dieter Pawlik einen Durchsuchungsbeschluss des AG Nürnberg aufgehoben, in welchem die Durchsuchung eines Wettbürobetreibers angeordnet worden ist. Maßgeblicher Tatzeitpunkt ist die Übergangszeit. Das Landgericht Nürnberg gab seine bisherige Rechtsprechung auf und schloss sich der zwischenzeitlich ständigen Rechtsprechung der Strafgerichte an. Es führt aus:

Rechtsanwalt<br />Dieter Pawlik„Gleiches muss nach Auffassung der Kammer auch für die Zeit nach Ergehen des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 28.03.2006 gelten. Auch für die Übergangszeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28.03.2006 und vor einer Neuregelung durch den Gesetzgeber kommt eine Anwendung des § 284 StGB nicht in Betracht.
Allein die Weitergeltung des Staatslotteriegesetzes für eine Übergangszeit unter den vom Bundesverfassungsgericht vorgesehenen Maßnahmen ändert nichts an der von diesem festgestellten verfassungsrechtlichen Unvereinbarkeit mit Artikel 12 Abs. 1 GG und somit auch der damit verknüpften gemeinschaftsrechtlichen Unvereinbarkeit mit den Artikeln 43, 49 EG. Steht eine gesetzliche Regelung mit dem Grundgesetz nicht in Einklang und hat der Gesetzgeber mehrere Möglichkeiten, den Verfassungsverstoß zu beseitigen, trägt dem das Bundesverfassungsgericht, worauf es in seinem Urteil vom 28.03.2006 ausdrücklich hingewiesen hat, regelmäßig in der Weise Rechnung, dass es die Regelung nur für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt, ohne die Nichtigkeit der angegriffenen Rechtslage auszusprechen. Insoweit hat das Bundesverfassungsgericht ausgeführt, dass ein verfassungsgemäßer Zustand sowohl durch eine konsequente, wirklich der Suchtbekämpfung dienende Ausgestaltung des Wettmonopols erreicht werden kann, als auch durch eine gesetzlich normierte und kontrollierte Zulassung gewerblicher Veranstaltung durch private Wettunternehmen. Die vom Bundesverfassungsgericht neben der Nichtigerklärung von Gesetzen entwickelte weitere Entscheidungsvariante der bloßen Erklärung der Verfassungswidrigkeit dient damit letztlich der Wahrung der Kompetenzen des Gesetzgebers, sowie im Einzelfall der Vermeidung einer Situation, die der verfassungsrechtlichen Ordnung noch ferner stünde, würde die sofortige Unwirksamkeit erklärt werden.

Im Hinblick auf den rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers ist daher für eine Übergangszeit eine an sich verfassungswidrige Rechtslage hinzunehmen, was aber nicht dazu führt, dass diese nun während der Zeit der Weitergeltung als verfassungsgemäß anzusehen wäre (Jarass/Pieroth, GG, Art. 20, RdNr. 35, Art. 93, RdNr. 4).

Infolge dieser aus den genannten Gründen bestehenden unklaren Rechtslage lässt sich eine Strafbarkeit nach § 284 StGB nicht begründen, da eine Strafnorm aus sich heraus verständlich sein muss und sich ihre Auslegung nicht auf nicht verfassungskonforme anderweitige Vorschriften stützen darf.

Abschließend weist die Kammer darauf hin, dass sie an ihrer bisherigen Rechtsprechung daher nicht mehr festhält.“

Die Entscheidung ist im Volltext auf der Homepage www.vewu.de abrufbar.

Dieter Pawlik
Rechtsanwalt
2. Vorstand des Verbandes Europäischer Wettunternehmer (vewu)

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